Fairtrade Stadt Sinzig

Mit fairen Produktenzu mehr Gerechtigkeit

Mit fairen Produkten
zu mehr Gerechtigkeit

Die Sinziger Fairtrade-Steuerungsgruppe (v.l.n.r.): Natalie Wendisch, Hans-Werner Adams, Brigitte Karpstein, Renate Adams, Ingo Binnewerg, Silke Merz und .Claudia Thelen.Foto: RASCH

Sinzig. Was für deutsche Begriffe längst als überwunden gilt, ist trotzdem auch im Jahre 2018 allgegenwärtig: Kinderarbeit. Dies gilt insbesondere für die Länder der dritten Welt, in denen die Arbeitskraft Minderjähriger ein wesentlicher Bestandteil einer ausbeuterischen Wirtschaft ist. Die Verbraucher in Deutschland bekommen dies nur indirekt mit. Durch regelrechte Landwirtschaftskartelle, in denen Kinder die Hauptarbeit auf den Feldern und Plantagen leisten, bleibt der Preis, beispielsweise in Bezug auf Kaffee, überschaubar. Und da der Preis das Kaufkriterium Nummer Eins ist, wird dieses System der Kinderarbeit direkt durch den Supermarktkunden in westlichen Ländern unterstützt.

Dieser Maschinerie haben Bürger aus Sinzig den Kampf angesagt. Das Ziel: in Sinziger Geschäften sollen mehr fair gehandelte Produkte angeboten werden. Mitte des Jahres 2013 gründete Brigitte Karpstein gemeinsam mit Hans-Werner Adams die Initiative Fairtrade-Stadt Sinzig. Mittlerweile gibt es eine Steuerungsgruppe von sieben Personen, die diesbezüglich die Barbarossastadt voranbringen wollen. Das hat bisher hervorragend funktioniert. Im Jahre 2015 wurde Sinzig offiziell Fairtrade-Stadt und wurde so eine von knapp 550 Kommunen in Deutschland, die sich an der Aktion beteiligen.

Fairer Kaffee auch im Rathaus

„Ziel der Initiative ist es, das bisherige Weltmarktsystem, das auf der Ausbeutung oft minderjähriger Arbeiter basiert, zu schwächen“, erläutert Karpstein die Motivation der Gruppe. Nicht nur der Kinderarbeit wird der Kampf angesagt. Auch sollen volljährige Arbeiter in Afrika, Südamerika und Asien zu fairen Löhnen bei geregelten Arbeits- und Pausenzeiten beschäftigt werden. Kleinbauern sollen ihre Produkte wie Tee, Kaffee und Südfrüchte zu stabilen Preisen vertreiben können. Realisiert wird dies über die GEPA, kurz für Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt. Die Organisation ist der größte Importeur fair gehandelter Produkte nach Europa und garantiert Arbeitsgerechtigkeit in den angeschlossenen Betrieben. Nun liegen die GEPA-zertifizierten Produkte auch in Sinziger Regalen. Nicht nur das wurde erreicht: In den Sitzungen des Stadtrat wird fairer Kaffee ausgeschenkt und auch die Bohnen aus denen der Kirchenkaffee nach den katholischen Gottesdiensten aufgebrüht wird, stimmt nach aus Betrieben in denen die Richtlinien des Fair-Trades eingehalten wird.

Die Bauern oder Textilherstellter in Drittweltländern genießen durch eine Umstellung zum Fair-Trade einige Vorzüge. „GEPA importiert beispielsweise Kaffee unabhängig zum Weltmarktpreis“, weiß Karpstein. Ein Preis, der übrigens enorm schwankt. Generell sei der Handel am Weltmarkt sehr unübersichtlich. Somit sorgt ein fairer Handel für Stabilität. Feste Absatzpreise sind die Basis für feste Löhne und dies mache Kinderarbeit obsolet. Die Vorzüge lägen dabei auf der Hand, wie Brigitte Karpstein erläutert. „Muss ein Kind beispielsweise aus der Elfenbeinküste nicht mehr auf der Plantage arbeiten, um die Familie zu ernähren, weil durch faire Löhne die Eltern ein ausreichendes Einkommen haben, bleibt Zeit für einen Schulbesuch und somit öffnet sich der Zugang zu Bildung“. Dies sorgt so auch für eine gewisse Stabilität in den politisch oft unüberschaubaren Zuständen in afrikanischen Ländern.

Außerdem ändern sich die Methoden des Anbaus um die GEPA-Richtlinien einzuhalten. Denn Fairtrade bedeutet auch „nachhaltig“. Ein ökologischer Anbau in den Erzeugerstaaten leistet einen Beitrag zum Umweltschutz. Und dies ist ein Punkt, der auch in Sinzig Thema ist. Rückendeckung für die Fairtrade-Initiave gibt und gab es jederzeit auch von der örtlichen Politik. So setzte sich erst Ex-Bürgermeister Wolfgang Kröger für das Projekt „Fair-Trade“ ein und auch Bürgermeister Andreas Geron setzt sich besonders für den Umweltschutz ein. So hat Geron mit der Schaffung des Postens des Klimaschutzbeauftragten im Rathaus für frischen Wind in Sachen Umwelt gesorgt.

Fair-Trade-Woche im September

Die Initiative hat bereits einiges geschafft. In Sinzig beteiligt sich ein gutes Dutzend Einzelhändler, Gastronomen und Institutionen an dem Projekt „Fair Trade“. So können Kunden faire Schokolade, Zucker aber auch Bananen und Honig erstehen. Und auch im Lehrerzimmer des Rhein-Gymnasiums gibt es Kaffee aus garantiert fairem Anbau. Diesen Erfolgen liegen die zahlreichen Aktivitäten der Sinziger Gruppe zugrunde. Die Mitglieder informieren zum Beispiel auf dem „Interkulturellen Fest“ oder dem Martinsmarkt in Löhndorf über ihre Arbeit. Mitte September gibt es ein weiteres Großprojekt. Vom 14. bis 28. September steht die „Faire Woche“ unter der Überschrift „Gemeinsam für ein gutes Klima“ an. Dann wird sich die Initiative auf den Wochenmärkten in Sinzig und Bad Bodendorf präsentierten und auf Rundgängen die Geschäfte Sinzigs besuchen in denen der faire Handel bereits gelebt wird. Außerdem könne man sich vorstellen zukünftig entsprechende Workshops zum „Fair Trade“ anzubieten, um die Menschen für dieses Thema entsprechend zu sensibilisieren.