Das neue Cannabis-Gesetz und die Folgen für das Freizeitbad Tauris

Nach langer Zeit wieder Einigkeit beim Thema Tauris im Stadtrat

Nach langer Zeit wieder Einigkeit beim Thema Tauris im Stadtrat

Das Freizeitbad Tauris wird bald einer neuen Nutzung zugeführt.

Nach langer Zeit wieder Einigkeit beim Thema Tauris im Stadtrat

In den seit Jahren leeren Schwimmbecken werden zukünftig Hanf-Pflanzen angebaut.

Nach langer Zeit wieder Einigkeit beim Thema Tauris im Stadtrat

Die großen Glasflächen mit viel Lichteinfall bieten ideale klimatische Bedingungen für den Anbau der umstrittenen Pflanzen. Fotos: KH

Mülheim-Kärlich. Nur wenige Themen wurde im Stadtrat in den letzten fünf Jahren so heftig diskutiert, wie die Zukunft des Freizeitbades Tauris. Das 1991 eröffnete Bad ist bekanntlich seit der Corona-Pandemie geschlossen und zwischenzeitlich in die Jahre gekommen. Die Kosten für eine Generalsanierung stiegen von 17 auf 23 Millionen Euro. Zu viel, befanden einige Stadtratsmitglieder. Noch mehr Ärger gab es über eine Interimsöffnung, die bis zur Sanierung erfolgen sollte. Der mit knapper Mehrheit gefasste Beschluss konnte nicht ausgeführt werden, da dies zu einen unausgeglichenen Haushalt geführt hätte. Die Folge: Die Kommunalaufsicht befolgte die Anweisung des Innenministeriums aus Mainz und versagte die Zustimmung.

Eine überraschende Wende kam sodann im August 2024: Der Rat stimmte für den Verkauf der Einrichtung. Seit dem war es still geworden, viele Bürger fühlten sich sogar schlecht informiert. Vergangene Woche nun der nächste Paukenschlag: Es wurde bekannt, weshalb der Verkaufsprozess nur intern beraten und beschlossen wurde: Die Namen der finanzstarken Bieter für den Kauf des Bades dürfen nicht genannt werde. Einzige Ausnahme: Der Gewinner des Ausschreibungswettbewerbs.

Dieser ging nun selbst an die Öffentlichkeit und informierte mit einer Pressemitteilung darüber, was er mit der Anlage beabsichtigt. Die schlechte Nachricht für die Anhänger des Bades: In dem seit 4 Jahren leerstehenden Becken wird wohl nie mehr Wasser sein. Die gute Nachricht für alle Steuerzahler in Mülheim-Kärlich: Vor Ort entsteht ein Projekt, welches der Stadt in Zukunft erhebliche Gewerbesteuer-Einnahme bescheren wird. Der Grund: Eine holländische Investorengruppe möchte in dem Gebäude eine Cannabis-Farm eröffnen.

Die klimatischen Bedingungen in dem Gebäude seien optimal: „Große Glasflächen und viel Licht nutzen den Hanf-Pflanzen und ermöglichen einen ganzjährigen Anbau“, so der Sprecher der Investorengruppe. Er betonte, das man mit der überraschenden Nachricht bewusst gewartet habe: „Das Cannabis-Gesetz stand bis zuletzt auf der Kippe. Wir sind froh, dass der Bundesrat vergangene Woche grünes Licht gegeben hat. Bereits in der kommenden Woche werden wir vor Ort die ersten Pflanzen aufstellen, die wir aus Holland importieren.“ In dem Nachbarland ist der Anbau und Konsum von Cannabis bekanntlich seit vielen Jahren möglich. Dort hat man auch bereits Erfahrung mit der Nutzung ehemaliger Gewerbe-Immobilien oder unrentabler Schwimmbäder. „Wir freuen uns, dass wir das erfolgreiche Geschäftsmodell nun auch auf Deutschland ausweiten können. Mülheim-Kärlich ist aufgrund der guten Anbindung an die überörtlichen Straßen ein idealer Standort“, heißt es in der Pressemitteilung.

Während die Politik auf Bundesebene über das Cannabis-Gesetz heftig gestritten hat, sah die Entscheidung zum Verkauf des ehemaligen Freizeitbades im Stadtrat von Mülheim-Kärlich vollkommen anders aus: Der Beschluss wurde einstimmig gefasst. „Das Vergabeverfahren zwingt uns dazu, dem Bieter den Zuschlag zu geben, der am meisten für das Freizeitbad bietet“, hieß es klarstellend aus dem Rathaus. Und selbst die Christdemokraten, die zur Cannabis-Legalisierung traditionell kritisch stehen, stimmten den Verkauf zu – wenn auch zähneknirschend, wie deren Fraktionsvorsitzender betonte: „Die von den anderen Stadtratsparteien beschlossene Interims-Öffnung hat zu einem Schaden in sechsstelliger Höhe geführt, weil bereits erste Aufträge zur Reaktivierung vergeben wurden, bis schließlich das endgültige Aus für das Bad kam. Wenn wir diese Summe nun durch einen höheren Verkaufspreis wieder rein holen können, entlastet das wieder unsere Steuerzahler“, so der Fraktionsvorsitzende.

Auch von Seiten anderer Stadtratsmitglieder wurde auf die Notwendigkeit des Beschlusses hingewiesen: „Das neue Schwimmbad in Koblenz eröffnet in diesem Sommer. Vielen Kunden sind in den letzten Jahren bereits auf andere Einrichtungen in Neuwied oder Bad Ems ausgewichen. Da sehe ich wenig Potential für den Weiterbetrieb des Bades“, so ein Stadtratsmitglied. Bedenken, dass eine Cannabis-Farm unmittelbar neben dem Schulzentrum errichtet werde, habe er nicht, im Gegenteil: „Man kann die Schüler jetzt doch viel besser im Rahmen einer Besichtigung über die Pflanzen aufklären. Das ist ja auch ein Anliegen des Gesetzgebers: Die Menschen besser über die Hanfpflanze zu informieren.“

Und auch im naheliegenden Jugendhaus sieht man keinen Konflikt: „Die Hanfpflanze wurde von unseren Vorfahren jahrhundertelang angepflanzt und vielfältig genutzt. Aus Hanf kann man Kleidung, Öle und Baustoffe herstellen“, so Jugendpfleger und Diplom-Pädagoge Mario Huana unter Hinweis auf sein abgebrochenes 17-semestriges Studiums der Geschichte.

Kritisch sieht man die Entscheidung zum Verkauf des Freizeitbades an die holländische Investorengruppe hingegen einige Eltern. Im Stadtteil Kärlich bildete sich bereits eine Bürger-Initiative: „Schon an der Entscheidung des DFB, nach 70 Jahren den Ausrüster zu wechseln wird deutlich: Heutzutage ist Kommerz wichtiger als Moral. Es kann doch nicht sein, dass der Stadtrat dem Projekt zustimmt, nur um auf diese Art und Weise die Stadtkasse wieder aufzufüllen“, betont die Kärlicher Bürgerin Wilma Ruhe. Sie hat kurzfristig eine Protest-Aktion organisiert. Die Gruppe trifft sich am 1. April um 14 Uhr am Ausscheller-Denkmal vor dem Rathaus. Von dort aus wird man einen Schweigemarsch zum naheliegenden Freizeitbad durchführen.

Im Rathaus sieht man die Aktion gelassen: „„Frau Ruhe sollte sich beim Thema Cannabis besser zurückhalten. Ich kenne die Dame aus meiner Jugendzeit: Wer im Glashaus sitzt, darf nicht mit Steinen werfen“, so ein fast schon jamaikanisch gelassener Stadtbeigeordneter gegenüber unserer Zeitung.