Tollitäten bewiesen Ideenreichtum bei der Rathauserstürmung

Närrische Machtergreifung

Närrische Machtergreifung

Beim Partymachen der Lahnsteiner Gardejugend hatte auch der Mainzer Ranzen-Gardist seinen Spaß. Fotos: BSB

Närrische Machtergreifung

Mit vereinten Kräften zum Erfolg. Die Rathaustür ist offen. Das freut dann auch Bürgermeister Adalbert Dornbusch (li.).

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In diesem Jahr erhielt Oberbürgermeister Labonte Unterstützung von Bürgermeister Joachim Müller aus Braubach.

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Das Lahnsteiner Tollitätenpaar, unterstützt von den Kindertollitäten, lieferte sich ein amüsantes Wortgefecht mit dem Oberbürgermeister.

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Tatjana Fuchs (li.) und Ronja Hömberger hatten unterschiedliche Vorstellungen von Karneval und Party.

Lahnstein. Der Ideenreichtum der Lahnsteiner Tollitäten zur Erstürmung des Rathauses am Schwerdonnerstag scheint nie zu versiegen. In jedem Jahr gibt es am Fuße der Martinskirche in Oberlahnstein ein neues Gerangel um den Einlass in das Verwaltungsgebäude. So erlebten es auch jetzt wieder die zahlreichen Zuschauer, die das traditionell von der „Närrischen Turmgarde 1980“ organisierte bunte Treiben beobachteten und unterstützten.

Weil bekannt ist, dass das Rathaus nicht leicht einnehmbar ist, zogen die närrischen Hoheiten pünktlich um 11.11 Uhr mit mannigfacher Unterstützung auf. Neben dem vorausgehenden Trommlerzug der Turmgarde kamen die Abordnungen der Lahnsteiner Garden genau so hinzu wie der Lahnsteiner Möhnenclub Immerfroh sowie karnevalistischer Hochadel und Gardisten aus Filsen, Braubach, Kamp-Bornhofen, Osterspai und anderen Orten aus der Region. Nicht einmal den Mainzer Karnevalisten war der Weg zu weit.

Von dort entsandt kamen nach Lahnstein Mitglieder der Kürassier Garde der Brunnebutzer und der Mainzer Ranzengarde, die zur Hilfeleistung wie gehabt die Konfettikanone mitbrachten.

Auf der Kirchstraßen-Bühne gegenüber des Rathauses nahmen samt Hofstaatsangehörigen Aufstellung Seine Tollität Prinz Michael V. vom Elferratsschloss und Ihre Lieblichkeit Lahno-Rhenania Linda I. sowie Kinderprinz Cornelius I. mit Kinder-Lahno-Rhenania Merle I.

Karneval verbindet Generationen

„Karneval ist doch nicht langweilig, sondern er bedeutet, Tradition zu pflegen und verbindet die Generationen“, hörte man jetzt die NTG-Dame Tatjana Fuchs zu der jungen Vereinskollegin Ronja Hömberger neben sich sagen. Offenbar gab es hier zunächst einen Generationenkonflikt zu klären. Das Thema aufgreifend, fügte der aus dem Rathausfenster schauende Oberbürgermeister Peter Labonte hinzu: „Das Brauchtum Karneval darf nicht zu einer beliebigen Partykultur verkommen!“ Karneval bedeute pure Lebensfreude und sehr viel mehr als nur Alkohol und Party. „Er ist für uns ein Stück Heimat!“ Den Worten folgte eine fröhliche Schunkelrunde mit unzähligen Helaus, währen die Tollitäten die Front der Garden abschritten. Nun konnte das Gefecht um das Rathaus richtig losgehen. Prinz und Oberbürgermeister trugen es zunächst mit Worten aus, indem sie sich über Größe und Statur des jeweils anderen lustig machten. Dabei hatte auch der Rabenkönig allerhand einzustecken. Als solcher stand am Rathausfenster neben dem Oberbürgermeister der Stadtbürgermeister von Braubach, Joachim Müller. Ihm lag die Verteidigung des Lahnsteiner Rathauses mindestens ebenso am Herzen wie dem Kollegen, schließlich war er im Besitz des Lahnsteiner Stadtschlüssels, den er kürzlich bei der Inthronisierung des Tollitätenpaares geklaut hatte. Um wenigstens die Möhnen schon mal loszuwerden, bot OB Labonte ihnen das Braubacher Gold an – erfolglos. Nicht einmal der Hinweis darauf, dass die Stadt Lahnstein arm wie eine Kirchenmaus ist, zeigte Wirkung.

Mit Charme und Liedvorträgen

Stattdessen versuchten jetzt Tollitäten und Kindertollitäten mit Charme und Liedvorträgen, das Öffnen der Rathaustür zu erwirken, um den Narren dahinter endlich einmal den Spiegel vorzuhalten. Derart engagierte Karnevalisten, die zur Rechenschaft ziehen und die ungeschminkte Wahrheit sagen, wünschte der OB so manchem autoritären Staatsmann in der Welt. Die närrische Jugend zeigte allerdings wenig Interesse, sondern feierte weiterhin tanzend und klatschend Party und amüsierte sich beim Selfie-Machen. Weil sich damit ganz sicher kein Rathaus einnehmen lässt, kamen die Luftschlangen und Konfetti schießende Kanone sowie mit Beil und Dietrich bewaffnete Gardisten zum Einsatz. Wieder erfolglos. Schadenfreude machte sich im Rathaus breit und Labonte wollte die Narren einfach nach Hause schicken, denn im Rathaus gebe es schon genug von ihrer Sorte.

Aber er hatte die Rechnung nicht mit der Hartnäckigkeit der Frauen gemacht. Denen war jetzt klar, dass sie nur ins Rathaus kommen, wenn sich Alt und Jung zusammentun. „Für Euch geben wir alles, liebe Tollitäten“, sagten sie, zückten ihr Taschenmesser und schafften es tatsächlich. Der Weg ins Rathaus war frei und schon bald konnte man die Standarten der Garden im Rathausfenster sehen. Mit reichlich Bestechungsschätzen gelang es dem Oberbürgermeister, sich freizukaufen. So konnte er hernach mit den Tollitäten gemeinsam die närrische Machtergreifung feiern. Die Prinzenpaare regierten bereits von seinem Schreibtisch aus die Stadt. Garden und Narrenvolk ließen König Karneval bei einem kleinen Sektempfang im Rathaus und hernach mit einer Party im evangelischen Gemeindezentrum hochleben.