Zukunft der Kurparkgebäude noch unklar

Originalgetreue Rekonstruktion der Orchestermuschel im Gespräch

Originalgetreue Rekonstruktion der Orchestermuschel im Gespräch

Foto: ROB

Von unserem Mitarbeiter Volker Jost

Bad Neuenahr. Komplett zerstört wurde bei der Flutkatastrophe vom Juli 2021 auch der Kurpark in Bad Neuenahr mitsamt allem, was darauf an Gebäuden und Einrichtungen stand. Zerstört wurde unter anderem das Tourismusbüro an der Kurgartenstraße, der große Sprudel, die Brunnenanlagen, das Kurpark-Restaurant, der Mühlenteich und nicht zuletzt die Orchestermuschel, die beim Abriss der Konzerthalle samt ihrem Sockel abgebaut und gesichert worden war. Doch die Sicherstellung war trügerisch, denn das Wasser der Ahr erreichte auch den vorübergehenden Standort der denkmalgeschützten Orchestermuschel und richtete an ihr schwere Schäden an. Wie es mit dem Kurpark und mit der Orchestermuschel weitergeht, entschied der Haupt- und Finanzausschuss jetzt einstimmig: Der Neubau der Konzerthalle sowie der weiteren geplanten Liegenschaften soll so bald wie möglich in Angriff genommen werden. Auch die Orchestermuschel soll dabei wiederhergestellt werden. Wenn dies allerdings nicht wirtschaftlich durchführbar ist, setzt man auf einen originalgetreuen Nachbau.

An der Orchestermuschel löst sich die Verleimung auf, Fugen verbreitern sich und Querhölzer zeigen Verkrümmungen. „Nach erster Inaugenscheinnahme scheint eine Sanierung der Muschel möglich zu sein, beziehungsweise wird die weitere Untersuchung als lohnenswert und zielführend betrachtet. Sanierungskonzepte sind zu erarbeiten“, erläuterte Gutachter Dr. Gerhard Brückner. Dennoch habe sich der Zustand deutlich verschlechtert, weil die Muschel zum Teil im Wasser gestanden habe. Sollte eine Sanierung wirtschaftlich nicht vernünftig sein, soll - wenn die Denkmalschutzbehörde ihr Einverständnis erteilt - stattdessen eine originalgetreue 1:1- Rekonstruktion mit modernen Baustoffen als Alternative ins Auge gefasst werden. Ohnehin sei die Sanierung der Betonteile des Sockels sachgerecht nicht möglich, so der Gutachter weiter. Die Kreisverwaltung sowie die GDKE RLP hätten einem Abriss und einer späteren originalgetreuen Rekonstruktion des Sockels bereits zugestimmt, die genehmigten Abbucharbeiten sei bereits umgesetzt worden.

Allerdings scheint es fraglich, ob der Einbau der Orchestermuschel in die geplante neue Konzerthalle unter Berücksichtigung aller energetischen Erfordernisse der Neuzeit überhaupt machbar sei, hier sieht das Gremium noch Klärungsbedarf. Es spreche vieles dafür, eine moderne Rekonstruktion der Orchestermuschel in die Planungen für die Konzerthalle einzubeziehen, denn damit könnten viele Probleme umgangen werden. Beispielsweise müsste eine sanierte Orchestermuschel mit verschiebbaren Glaselementen von der Konzerthalle abgetrennt werden, um den sonst entstehenden Wärmeverlust abzumildern. Damit seien unabsehbare Probleme und Reparaturen jedoch vorprogrammiert, fand nicht nur Bürgermeister Guido Orthen (CDU). Deshalb beschloss das Gremium einstimmig prüfen zu lassen, ob ein Nachbau der Orchestermuschel unter energetischen und denkmalrechtlichen Gesichtspunkten möglich sei und wie sich in diesem Fall die Kostensituation darstelle.

Neubau der Konzerthalle wird weitergeführt

Weitergeführt werden soll in jedem Fall der bereits vor der Flut geplante Neubau der Konzerthalle. Immerhin ist die Parkanlage als temporäre Maßnahme bereits wieder in einen verkehrssicheren und nutzbaren Zustand versetzt worden und auf der Veranstaltungsfläche hat die Ahrtal und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketinggesellschaft (ABMG) die provisorische Wiederaufnahme des Veranstaltungsbetriebes sowie den Betrieb eines Wintertreffs möglich gemacht. Der Wiederaufbau der Parkanlagen soll nach dem Willen der Stadtverwaltung auf der Grundlage der bereits erstellten Planungen zur mittlerweile abgesagten Landesgartenschau erfolgen. Allerdings soll aufgrund der Erfahrungen hochwasserangepasst gebaut werden. So soll beispielsweise geprüft werden, ob und in welchem Umfang der Kurpark oder die Uferbereiche des Mühlenteiches als Retentionsraum genutzt werden können. „Da der Kurpark auch zukünftig ein Veranstaltungsort bleiben soll und mit Blick auf die Attraktivität des Wohnstandortes der Stadt, die weiterhin Touristen und Klinikgästen ein kulturelles Angebot unterbreiten will, besteht der Bedarf am geplanten Neubau weiterhin“, argumentierte Orthen. Die Verwaltung schlug daher vor, das Projekt fortzusetzen, die Entwurfsplanung freizugeben, die Genehmigungsplanung abzurufen und das Architekturbüro Pilhatsch zu beauftragen. So empfahl es dann auch der Haupt- und Finanzausschuss einstimmig dem Stadtrat.

Dabei soll der Neubau mit einer Photovoltaikanlage in maximal möglicher Anlagengröße von 638 Quadratmetern ausgerüstet und darüber hinaus die bisherigen Planungen mit den darin enthaltenen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudes beibehalten werden. Damit werde ein Primärenergiebedarf von 23 Prozent erreicht. Die Kosten von rund 451.000 Euro für die Photovoltaikanlage sollen sich in etwa zehn Jahren amortisieren, weil damit eine deutliche Energieeinsparung verbunden sei. Eine Aufrüstung der Konzerthalle auf den Standard der Effizienzhaus-Stufe 40 (EG40), über die ebenfalls nachgedacht worden war, wurde jedoch abgelehnt. Das sei schlicht und einfach zu teuer bei relativ geringer Energieeinsparung. Zumal dann auch die Orchestermuschel vom Gebäude der Konzerthalle durch verschiebbare Glaselemente getrennt werden müsste, was Orthen als „Irrsinn“ bezeichnete. „Das wird eine ewige Baustelle werden, da muss man auch mal die praktischen Aspekte betrachten.“ Einer Abtrennung der Konzertmuschel vom Saal stand auch Rolf Deißler (FDP) ablehnend gegenüber „die gehört einfach zum Saal dazu.“

-JOST-