Wiederaufbau und Hochwasserschutz waren Schwerpunkte der Einwohnerversammlung

Orthen: „Die Bautätigkeitin der Stadt wird sich verstärken“

Orthen: „Die Bautätigkeit
in der Stadt wird sich verstärken“

: Blick in den Ratssaal bei der Einwohnerversammlung von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Im schnitt 60 Teilnehmer verfolgten das Geschehen online. Foto: GS

Bad Neuenahr-Ahrweiler.Es ging um die Zukunft der Kreisstadt. Wiederaufbau und Hochwasserschutz waren die beherrschenden Themen der diesjährigen Einwohnerversammlung im Rathaus. Dabei zeigte Bürgermeister Guido Orthen, selbst nicht gerade mit Geduld gesegnet, Verständnis für die Bürger: „Ich weiß, es geht vielen nicht schnell genug.“ Geduld sei aber ob der Komplexität der vielen Maßnahmen gefragt. „Wir haben einen hohen Abstimmungsbedarf und langwierige Planungsprozesse, weil wir es eben anders machen, als es mal war“, sagte Orthen vor rund 100 Zuhörern im großen Sitzungssaal des Rathauses. 60 Teilnehmer haben im Schnitt die Einwohnerversammlung im Live-Stream online verfolgt.

Dem zum Trotz habe der Wiederaufbau Fahrt aufgenommen. „Die Bautätigkeit in der Stadt wird sich verstärken“, sagte Orthen und nannte Beispiele. So soll in diesem Jahr mit drei neuen Brücken begonnen werden, das Parkdeck auf dem Moses-Parkplatz entstehen und schon im Februar werde der erste Spatenstich für die Kita Blandine-Merten-Haus erfolgen. Zudem laufen aktuell die Entkernungsarbeiten in den Ahrthermen. Da rechnet Orthen ebenso wie für das neue Hallen- und Freizeitbad Twin mit dem Baubeginn in 2025. Bauzeit zwei Jahre.

Die Stadt wird jünger

Als erfreulich bezeichnete er die Bevölkerungsentwicklung in der Stadt. Vor der Flut hatte Bad Neuenahr-Ahrweiler 29309 Einwohner, der niedrigste Stand nach der Flut war am 31. Mai 2022 mit 26984 Einwohnern. Aktuell sind es 28220. Ein Zuzug seit Mai 2022 von fast fünf Prozent sei ein Signal der Standorttreue und der Trend zeige weiter nach oben, sagte Orthen. Zudem geben es Zuzüge von Familien – „wir werden jünger“. Nur in Marienthal habe die Stadt keine Einwohner mehr, der Ortsteil gehört auf einen Wunsch als Lehre aus der Flut seit Anfang des Jahres zu Dernau und damit zur Verbandsgemeinde Altenahr.

Zurück zum Wiederaufbau. Dessen Koordinator im Rathaus ist Jörn Kampmann, der klar machte: „Wir müssen zulegen bei der Antragsstellung für Fördermittel.“ 1,7 Milliarden Euro betrage der Schaden an öffentlicher Infrastruktur. Dies bei insgesamt 1450 Einzelmaßnahmen. Eine Zusammenlegung auf 1011 Maßnahmen soll nun die Beantragung von Fördermittel beschleunigen und auch die Liquiditätssteuerung der Stadt erleichtern. Dieses reduziere die Vorfinanzierung. Und um den ganzen Batzen an Maßnahmen übersichtlich stemmen zu können, wurden laut Kampmann 22 Stadtquartiere zur besseren Strukturierung des Wiederaufbaus gebildet. Und für jedes Quartier gebe es einen Quartiermanager als Koordinator und Ansprechpartner: „Klare Zuständigkeiten, eindeutige Ansprechpartner.“ Pro Quartier rechnet Kampmann dann mit 50 bis 60 Maßnahmen, die abzuarbeiten seien.

285 Erstanträge für Förderungen

Bei den Finanzen sieht es nach seinen Worten aktuell so aus: Bislang wurden 285 Erstanträge für Förderungen gestellt, „wobei deutlich mehr Maßnahmen bereits in der Umsetzung sind“. Die Antragssumme beläuft sich auf 271 Millionen Euro, von denen bislang 164,4 Millionen Euro bewilligt wurden. Abgerufen hat die Stadt davon bisher 91,8 Millionen Euro.

Basis für die Maßnahmen zum Hochwasserschutz ist ein hydraulisches Modell, das die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft (AuEG) vom Stuttgarter Büro für Wasserwirtschaft und Wasserbau hat erstellen lassen. „Priorität haben dabei der Schutz vor Gefahren, die ökologische Vielfalt und der ökonomische Faktor der Ahr“, machte Hermann-Josef Pelgrim für die AuEG. Die Gewässerwiederherstellung zwischen Ehrenwall und Berufsbildender Schule hat der Kreis an die Stadt übergeben. Für diese kümmert sich die AuEG um die Maßnahmen. Immer unter der Maßgabe des HQ100 neu (100-jähriges Hochwasser) mit 505 Kubikmetern pro Sekunde. Der alte HQ100 des Hochwassers 2016 betrug 246 Kubikmeter pro Sekunde. Ziel: Ein HQ100 durch dien Stadt zu leiten, ohne dass Schaden entsteht.

Wälle und Schutzmauern

Dafür ist unter anderem an der Ehrenwall-Allee eine Prallmauer angedacht, der uferseitig ein tiefergelegter Radweg angegliedert ist. Dieser kann dann im Fall X schadlos überschwemmt werden. Alle Brückenneubauten finden ebenfalls unter dem Aspekt des HQ100 statt. Und auch wenn die Piusbrücke die Flut überlebt hat, fällt sie durch das Raster. Mögliche Aufstauungen sind laut Pelgrim programmiert, ein Neubau ratsam. Sperrwerke sollen an den Mühlenteichen Ahrweiler und Heimersheim vor Fluten sichern. Besondere Neubauten werden auch für die Brücken am Obertor, am Schwimmbad in Ahrweiler und am Schwanenteich in Bad Neuenahr angeregt. Hier sind nach Expertenmeinung Hubbrücken die beste Lösung für den Hochwasserschutz. Und eine „beste Lösung“ sei auch der neue Standort für das Ahrweiler Feuerwehrhaus an der Ramersbacher Straße, dem sogar ein HQ Extrem mit 800 Kubikmetern pro Sekunde nichts haben könne. Wichtig auch: Parks und Grünanlagen können als Retentionsfläche dienen, Schutzmauern entstehen und auch Wälle soll es geben, auf denen auch der Ahrradweg entlang führen könne.

Die Engstelle zwischen B 266 und dem Bahnhof Heimersheim ist Thema von Alfred Bach vom Planungsstab Aufbau. Dort ist einerseits eine Stützwand entlang der Bahnlinie und andererseits eine Reduzierung der Breite des Dammbauwerkes der B 266 die angedachte Lösung. Hier müsse jedoch der Zuständigkeit halber der Kreis die Planung beauftragen.

Starkregenvorsorge war Thema

Weitere Themen waren Maßnahmen zur Vorsorge bei Starkregenereignissen und Möglichkeiten des Betriebshofes Vorsorge im Rahmen von Unterhaltungsarbeiten zu leisten. Dafür wurde im Betriebshof der neue Bereich Außengebiet-Gewässer-Sonderaufgaben mit zusätzlichem Personal geschaffen. geschaffen. Und für den Überblick hat die Stadt mit der digitalen Erfassung alle Entwässerungsbauteile im Außenbereich vom Regenrückhaltebecken bis zu Sickergräben begonnen. Analog kommt die Anschaffung von schwerem Gerät vom Traktor und Container-Lkw bis zum Sinkkastenreiniger hinzu. Die Stadt will gerüstet sein.