Pläne für das Kircheninnere finden nicht überall Applaus
Ahrweiler.Die Innenrenovierung von Sankt Laurentius in Ahrweiler nach der Flut läuft. Nächste Schritte sind der Einbau des Estrichs auf dem Boden, der zuvor mit einer Sperrschicht gegen Feuchtigkeit versehen wird. Dann wird der komplette Innenraum eingerüstet, um alle Fresken, Wand- und Deckenmalereien vom Flutstaub zu säubern. Ein immenser Auswand. Und immens sind auch die Kosten der Beseitigung der Flutschäden. Wurde vor drei Jahren in einer Schätzung noch von 2,4 Millionen Euro ausgegangen, geht der Vize des Verwaltungsrates der Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler, Paul Radermacher, aktuell von einem „Flutvolumen“ in Höhe weit über drei Millionen Euro an Mitteln aus dem Wiederaufbau aus. Wobei zum Beispiel allein das Reinigen der Orgel mit rund 80000 Euro zu Buche schlägt. Für nicht-flutbedingte Maßnahmen haben sich die Pfarrgremien eine Obergrenze von 150000 Euro aus Rücklagen und Spenden gesetzt.
„Bildersturm“ nach dem Konzil
Am Zahlenwerk ist nicht zu rütteln. Doch das „Wie“ der Renovierung und künftigen Ausgestaltung der Kirche polarisiert. Denn zu sehr ist älteren Ahrweilern noch der „Bildersturm“ bei der Kirchenrenovierung ab 1969 in der Reform-Euphorie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in Erinnerung, als der Hochaltar nach Sankt Josef in Koblenz verkauft wurde und die Kanzel in einer Remise landete. Sünden, die später nur teilweise wieder repariert werden konnten. Die Kanzel kam wieder an ihren Platz, aber der Hochaltar? Verkauft ist verkauft. „Die Symbolik des Blickes vor dem Hochaltar von unten zum Himmel wurde damals verkannt“, räumt Pfarrer Jörg Meyrer ein, dass es ein solches Vorgehen heute nicht mehr geben würde.
Aber heute ist heute und nicht 1969. Und so hatte Karl Heinen als Chronist der Adenbachhut schon beim jüngsten Patronatsfest appelliert: „Bitte gebt uns unsere Kirche so wieder, wie sie war, so wie wir sie geliebt haben. Die Modernisierung eines Gebäudes dem vermeintlichen Zeitgeist entsprechend wird nicht die Kirche als Ganzes retten. Da muss ganz anderes verändert werden.“ „Wir lieben unsere Kirche und müssen sie wieder aufbauen“, hatte daraufhin Pfarrer Meyrer klargemacht. Doch Änderungen seien programmiert: „Wir haben sonntags keine 500 Gottesdienstbesucher mehr, meist sind es keine 100.“ Dem müsse bei der Neueinrichtung Rechnung getragen werden. So sollen nach den neusten Plänen die alten Bänke nur noch ins Mittelschiff, für die Seitenschiffe ist eine mobile Lösung mit Stühlen angedacht. Auch soll der Altarraum so gestaltet werden, dass dort mit den Gläubigen Gottesdienst gefeiert werden kann. Nur der Chorraum ist danach der liturgische Bereich mit neuem Altar, neuem Ambo und im hinteren Teil mit dem alten Taufbecken. Dieser soll dann durch das gewundene Mittelstück der schmiedeeisernen Kommunionbank vom übrigen Kirchenschiff, das häufig von Touristen besucht wird, abgetrennt werden. Maßnahmen, die mit dem Bistum und den obersten kirchlichen Denkmalbehörden abgestimmt seien, erklärte Paul Radermacher im Gespräch mit Blick aktuell und räumte gleichzeitig mit Irritationen auf: „Die Kirche gehört nicht dem Bistum Trier, sie gehört der Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wir bestimmen hier was gemacht wird, sind mit Kurator und Architektin aber auch Kompromisse eingegangen. Aber keine faulen Kompromisse. Das wurde auch in Gemeindeversammlungen so gesehen.“ So bleibt exemplarisch die Kommunionbank in der Kirche, jedoch nicht am Stück. Denn die Seitenteile, die Teile, die einst vor den Seitenaltären, die übrigens auch wieder in die Kirche kommen, standen, werden künftig ihren Platz in der Marienkapelle und auf der Empore finden. Ein Umstand, den der Heimatverein Alt-Ahrweiler, dessen Vize übrigens Karl Heinen ist, nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißt. So heißt es in einer Stellungnahme wörtlich: „Die 96 Fuß lange Kommunionbank würde damit als Ensemble zerstört und der rudimentäre Rest würde seine dezente Farbigkeit verlieren.“ Überhaupt sei zu befürchten, dass die Kirche über die Neukonzeption „ihre Harmonie verlieren wird, die bis zur Flut ihre große Anziehungskraft auf Menschen ausmachte“. Und auch in der Politik, deren Dauerthema der Wiederaufbau in der Kreisstadt ist, macht man sich Gedanken über die Kirche. So findet Stadtratsmitglied Regina Eckert: „Die Kommunionsbank aus dem 18. Jahrhundert nach einem Entwurf von Johann Georg Leydel auseinander zu nehmen und nicht als komplettes Ensemble zu erhalten ist in meinen Augen ein großer Fehler. Wir haben in der Flut so viele Kulturgüter verloren und zerstören jetzt noch das, was übriggeblieben ist.“ Schon einmal gab es einen „Kampf“ um die Kommunionbank, an den Hans-Georg Klein, damals Vorsitzender des Heimatvereins, 2022 in einem Beitrag erinnerte. Darin schreibt er unter anderem, „dass ein übereifrig reformbesessener Pfarrgemeinderat“ in den 1970-er Jahren die Kommunionbank aus der Kirche entfernen wollte, was schon an „Bilderstürmerei“ gegrenzt habe. Damals hätten sich die Beharrungskräfte Ahrweiler Katholiken durchgesetzt.
Um Entscheidungen gerungen
Zurück zum heute: „Wir machen keinen Bildersturm“, sagt Pfarrer Meyrer. „Es gab ein umfassendes Gutachten zur Kommunionbank. Wir haben ganz lange im Arbeitskreis Innenraumgestaltung gerungen, gerade um diese Frage. Es kommt kein Teil der Kommunionbank weg. Sie besteht ja aus verschiedenen Segmenten, die zusammengesetzt sind. Damit die Kommunionbank im Zusammenspiel mit dem Altar wirklich wirkt, wird sie eine goldene Fassung erhalten.“ Hinter der Renovierung steckten viele Gedanken, viele Aspekte der Gotik seien eingeflossen, die Geschichte der 750 Jahre alten Kirche müsse berücksichtigt werden. Was Meyrer und Radermacher nicht wollen, ist eine Spaltung der Gemeinde, sondern sie hoffen, „wenn alles fertig ist, auch die Kritiker zu überzeugen.“ Wie ferne Generationen über die Maßnahmen urteilen, könne „heute noch keiner wissen.“ Um aktuelle Akzeptanz gilt es nach dem derzeitigen Meinungsbild jedenfalls zu ringen. Und einen Wunsch hat Paul Radermacher gemeinsam mit der Gemeinde: „Wir wollen möglichst bald wieder Gottesdienst im schönsten Haus von Ahrweiler feiern.“ GS