Gemeinderat Grafschaft zieht einen Schlussstrich

Projekt Frankensiedlung Nithrindorpist nun endgültig Geschichte

Projekt Frankensiedlung Nithrindorp
ist nun endgültig Geschichte

Etwa 70 Mitglieder des Vereins Frankensiedlung Nithrindorp protestierten vor der Sitzung des Grafschafter Gemeinderates gegen die drohende Beendigung des Projektes. Doch ohne Erfolg, denn am Ende stimmte die Mehrheit des Rates für das Aus für die Frankensiedlung. Foto: JOST

Grafschaft. Selbst eine Demonstration von etwa 70 Mitgliedern des Vereins „Frankensiedlung Nithrindorp“ im Vorfeld der jüngsten Sitzung des Grafschafter Gemeinderates brachte keine Wende mehr: Die Kommunalpolitiker beschlossen mit einer Mehrheit aus CDU und FDP, die bereits seit 2018 laufenden Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes und zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes für die geplante Frankensiedlung in der Gemarkung Nierendorf mit sofortiger Wirkung einzustellen.

Ausschlaggebend dafür war die Tatsache, dass man dem Projekt keinerlei Realisierungschance mehr gab, was aber nicht der Gemeinde Grafschaft und schon gar nicht der CDU oder der FDP anzulasten war, sondern dem Landesbetrieb Mobilität (LBM). Der hatte nämlich erst wenige Tage vor der Sitzung in einem Schreiben an die Gemeindeverwaltung seine schon immer vertretene Vorgabe noch einmal ausdrücklich bestätigt, wonach der geplante Parkplatz für die Frankensiedlung nur mit einer neu anzulegenden Linksabbiegespur auf der Landstraße 80 zwischen Leimersdorf und Nierendorf genehmigt werden könne. Für die verantwortungsbewussten Ratsmitglieder war das der Todesstoß für das Projekt, denn die Kosten hierfür hätte allein der Verein zu tragen, und die wären wahrlich kein Pappenstiel Bürgermeister Achim Juchem (CDU) rechnete nämlich mit etwa einer halben Million Euro allein für die Linksabbiegespur.

Wurde der Gemeinderat

absichtlich getäuscht?

Abgesehen davon war vielen Ratsmitgliedern übel aufgestoßen, dass nach ihrer Ansicht der Verein Frankensiedlung Nithrindorp das Gemeindegremium absichtlich getäuscht habe über eine ganz wesentliche Sache. Gemäß LBM-Schreiben vom 17. Mai habe das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium nämlich schon im Oktober 2020 die LBM-Auffassung zur Notwendigkeit einer Linksabbiegespur gegenüber dem Verein bekräftigt. Die Gemeindeverwaltung jedoch habe keine Kopie dieses Schreibens erhalten, betonte Bürgermeister Juchem. Deshalb vermutete nicht nur Maik Hintze (CDU): „Dieser Brief muss auch an den Verein gegangen sein.“ FDP-Fraktionschef Wolfgang Reuß ging sogar noch weiter: „Der Verein hat alle hier im Rat getäuscht.“ Allerdings konnten die Vorwürfe während der Sitzung nicht geklärt werden, denn der Vereinsvorsitzende und Grünen-Fraktionschef Mathias Heeb hatte aus Befangenheitsgründen nicht nur seinen Platz im Rat, sondern gleich ganz die Ringener Turnhalle verlassen und kehrte auch zu den folgenden Tagesordnungspunkten nicht wieder zurück.

Der hatte nach eigener Aussage zwar im Vorfeld der Sitzung Gespräche mit CDU-Mitgliedern geführt, die der Sache positiv gegenüberstünden, sich aber dem Fraktionszwang beugen wollten. So war es für seine Begriffe ohnehin illusorisch, dass das Gremium den Ratsbeschluss vom Dezember 2020 noch einmal geben würde. Damals hatte der Rat einstimmig dem Verein einstimmig ein Ultimatum bis 1. Februar 2021 gesetzt, um die seit Jahren fehlende Unterlagen beizubringen, die benötigt werden, um die notwendige Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans voranzutreiben. Der Verein hatte zwar genau zum Stichtag eine Fülle von Unterlagen bei der Gemeindeverwaltung abgegeben, diese waren aber trotzdem nicht komplett, wie der Bürgermeister noch einmal betonte. Neben fehlenden Aussagen zur Oberflächenentwässerung oder Regenrückhaltung, die der Verein hätte besorgen können, fehlte eben auch eine Aussage des LBM zur Notwendigkeit einer Linksabbiegespur von der Landesstraße 80 aus zu den geplanten Parkplätzen.

Minikreisel keine Alternative

zu Linksabbiegespur

Diese LBM-Stellungnahme war erst in der Woche der Ratssitzung gekommen und bestätigte nur, was bereits bekannt war: Eine Linksabbiegespur ist zwingend notwendig, Herstellung und Unterhaltung sind vom Verein zu bezahlen. Auch das Anlegen eines „Minikreisels“ als Alternative zu Linksabbiegespur, den der Verein in jüngster Zeit vorgeschlagen hatte, werde nicht zugestimmt.

Aus der Erfahrung mit ähnlichen Linksabbiegespur-Projekten in der Vergangenheit wusste Juchem: „Da kommen rund eine halbe Million Euro auf den Verein zu.“ Er wisse nicht, ob der Verein dazu in der Lage sei, dies zu schultern. Zwar hatte der LBM als Alternative empfohlen, das Gelände über eine innerörtliche Anbindung über die Brückenstraße und die Straße „Am Hang“ in Nierendorf anzubinden. Das aber würde die Suche nach einem neuen Parkplatz nach sich ziehen, weil die zuletzt angestrebte Parkfläche über die Anbindung aus dem Ort heraus nicht zu erreichen ist.

Um den Verein die Möglichkeit zur Stellungnahme zu der neuesten Entwicklung, die allerdings nur die bisherige Sachlage bestätigt, zu geben, beantragten Reinhold Hermann (FWG) und Udo Klein (SPD) eine erneute Vertagung des Tagesordnungspunktes. Doch da winkte die Mehrheit im Rat ab und sprach das Todesurteil für die Frankensiedlung. Schließlich sei der Aufstellungsbeschluss bereits vor mehr als drei Jahren gefasst worden, argumentierte etwa Maik Hintze (CDU): „Der Schwebezustand muss irgendwann mal ein Ende haben. Die gesetzte Frist wurde nicht eingehalten, die Beendigung des Verfahrens ist der logische Schluss. Nicht zuletzt geht es dabei auch um die Glaubwürdigkeit des Gemeinderates.“ Ohnehin sei entgegen anderslautender Behauptungen nicht der Gemeinderat schuld an der Einstellung des Projektes, „der Verein selbst war seines Glückes Schmied.“

Noch offen ist, was jetzt mit dem Vereinsgelände geschieht, auf dem bislang schon Beete und Felder für die „solidarische Landwirtschaft“ blühen und gedeihen und Bienenvölker summen. Dafür sei die Gemeindeverwaltung nicht zuständig, sagte Bürgermeister Juchem und verwies auf die Zuständigkeit der Kreisverwaltung. Diese habe die Aktivitäten des Vereins bislang unter dem Vorbehalt der in Arbeit befindlichen Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans geduldet.