Kooperatives Impfzentrum in Rheinbach eingeweiht

Projekt dient als Blaupausefür die ganze Region Nordrhein

Projekt dient als Blaupause
für die ganze Region Nordrhein

Ramona Samulewitz (links) ist eine der medizinisch-technischen Angestellten, die im Kooperativen Impfzentrum Rheinbach die Impfling der gegen Corona impfen.

Projekt dient als Blaupause
für die ganze Region Nordrhein

Bei der Einweihung des kooperativen Impfzentrums Rheinbach auf dem Gelände des Bestattungsunternehmers Ferdinand Pfahl wurden Claudia Kolvenbach, Luana Sieron, Yvonne Schnurpfeil und Maria Karatzidou ebenso geehrt wie die Ärztin Norgerys Teresa Figueroa Méndez, die sich in ihrer Freizeit seit Monaten im Kampf gegen das Corona-Virus bewährt haben. Dazu gratulierten unter anderem der Bundestagsabgeordnete Dr. Norbert Röttgen, Rheinbachs Bürgermeister Ludger Banken, die Swisttaler Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner sowie Pastor Bernhard Dobelke.Fotos: JOST

Rheinbach. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Norbert Röttgen (CDU) war ebenso begeistert wie Rheinbachs Bürgermeister Ludger Banken (parteilos) und seine Swisttaler Amtskollegin Petra Kalkbrenner (CDU) sowie Pastor Bernhard Dobelke über das bürgerschaftliche Engagement von Ferdinand Pfahl. Der 62-jährige Bestattungsunternehmer und Kommunalpolitiker eröffnete am Samstag das erste operative Corona-Impfzentrum in Rheinbach. 500 Quadratmeter seines Anwesens in der Stadtmitte stellt Pfahl dafür kostenlos zur Verfügung, direkt neben dem bereits etablierten und 350 Quadratmeter großen privaten Corona-Testzentrum.

Dort schicken künftig etwa zehn Hausärzte aus Rheinbach und den umliegenden Orten ihre Patienten hin, um sie gegen das Corona-Virus impfen zu lassen. Dann sei die Kapazitätsgrenze erreicht und man müsse über weitere Räumlichkeiten nachdenken, so der ärztliche Leiter Dr. Oliver Funken. In zehn Impfkabinen können pro Tag bis zu 1000 Impfungen durchgeführt werden - wenn genügend Impfstoff vorhanden ist. Darüber hinaus können Impfwillige über die Internetseite www.doctolib.de einen Impftermin für das „Kooperative Impfzentrum Rheinbach“ ergattern, wenn ein Sonderkontingent zur Verfügung steht.

Die Krise ist auch

ein Test für die Gesellschaft

„Wir alle können nur dankbar sein für das bürgerschaftliche Engagement in einer schwierigen Situation, in der sich derzeit die ganze Welt befindet“, sagte Röttgen bei der offiziellen Einweihung des in privater Initiative entstandenen Corona-Impfzentrum in der Rheinbacher Innenstadt. „Denn man kann die Welt nur retten, wenn man bei sich zu Hause damit anfängt, und das hat Ferdinand Pfahl nicht zum ersten Mal getan“, wusste der frühere Bundesumweltminister. Schließlich habe Pfahl bereits zu Beginn der Pandemie zigtausende Schutzmasken an die Rheinbacher verschenkt, den Geschäftsleuten vor Ort unentgeltlich Desinfektionsmittelspender zu Verfügung gestellt, einen kostenlosen Fahrdienst für Senioren zum Impfzentrum nach Sankt Augustin eingerichtet und betreibe darüber hinaus schon seit Monaten auf seinem Firmengelände an der Weiherstraße ein Corona-Schnelltestzentrum. „Sie sind ein Vorbild für alle Bürger“, lobte Röttgen. Denn eine Krise sei letztlich auch ein Test für eine Gesellschaft: „In einer Krise stellt sich heraus, ob die Gesellschaft daran größer wird und wächst, oder ob sie sich erdrücken lässt.“

Funken erläuterte, weshalb die Ärzteschaft das Angebot der Stadt nicht wahrgenommen habe, in der Stadthalle eine Impfaktion zu starten: „Wir müssen eine sehr lange Strecke laufen, wahrscheinlich mindestens drei bis vier Monate am Stück, das hätte in den Räumen der Stadt nicht funktioniert.“ Umso erfreulicher sei es, dass Pfahl mit seinen privaten Räumen aushelfe, hier könne man nach eigenen Vorstellungen „ausgelagerte Praxisräume“ samt Impfkabinen errichten. Es sei allerdings nicht immer einfach, die ärztlichen Kollegen davon zu überzeugen, die neuen Wege mitzugehen, „aber ich glaube, dass wir den Weg gemeinsam schaffen werden.“ In einer Zoom-Konferenz tags zuvor vor mit zahlreichen Ärzten aus der Region habe es erfreuliche Signale in diese Richtung gegeben.

Blaupause für den

ganzen Bezirk Nordrhein

Ohnehin ist Funken als Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein davon überzeugt, dass das Kooperative Impfzentrum in Rheinbach eine Blaupause für den ganzen Bezirk werden könne, vielleicht sogar darüber hinaus. „Wir probieren hier aus, wie es funktioniert, und die Kollegen sind schon begierig darauf, unsere Erkenntnisse mitgeteilt zu bekommen.“ Doch ohne ein Team von engagierten und fachkundigen Mitarbeitern sei das ganze überhaupt nicht zu stemmen, machte Funken klar. Deshalb wurden die Mitarbeiterinnen Claudia Kolvenbach, Luana Sieron, Yvonne Schnurpfeil und Maria Karatzidou ebenso geehrt wie die Ärztin Norgerys Teresa Figueroa Méndez, die an diesem Tag die Aufsicht über die insgesamt 390 Impfungen führte.

Am Ende des Tages war Funken jedenfalls voll und ganz zufrieden: „Das Ganze hat weitaus besser geklappt, als wir uns das vorgestellt haben“, denn die Mitarbeiter hätten auch schwierige Situationen hervorragend gemeistert. Aufgrund der Erfahrungen des ersten Tages soll die Arbeit im Impfzentrum noch weiter optimiert werden.

Nur mit pragmatischen Lösungen kann man eine Krise bewältigen

Die Swisttaler Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner wusste: „Nur mit pragmatischen Lösungen kann man eine solche Krise bewältigen“, denn letztlich gehe es darum, so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich gegen das Corona-Virus zu impfen. Auch Rheinbachs Bürgermeister Ludger Banken sagte zu Unterstützung der Stadt zu. „Man muss auch einmal fünf gerade sein lassen, damit so etwas funktioniert, denn irgendeine der 100.000 Vorschriften, die es in Deutschland gibt, wird bestimmt nicht eingehalten.“ Zudem hatte er die Zusage der Stadt im Gepäck, auf dem Waldfriedhof und dem Friedhof St. Martin jeweils einen Container bereitzustellen, wo das alteingesessene Bestattungsunternehmen Pfahl seine Materialien unterstellen könne, solange ein Großteil des Betriebsgeländes als Impf- und Testzentrum zweckentfremdet sei. Pfahl dankte ihm zwar für das Angebot, machte aber auch klar, dass es weitaus sinnvoller gewesen wäre, wenn seiner Firma die städtischen Kühlräume zur Verfügung gestellt worden wären. „Ich kann die sterblichen Überreste der Verstorbenen ja schlecht in den Containern aufbahren“, machte er klar.

Doch im Hinblick auf seinen neuesten Coup mit dem privaten Impfzentrum musste er selbst schmunzeln: „Ich bin schon ein bisschen bekloppt.“ Schließlich habe er keinerlei Profit von dieser Initiative, müsse dafür aber auch noch die Kosten für den umfangreichen Umbau seiner Räume selber tragen. Das ganze Projekt kostete ihn mittlerweile hunderttausende Euro. Doch damit setzt er lediglich das in die Tat um, was ihn sein Vater Hubert Pfahl einst gelehrt hatte: „Wenn es eine Krise gibt, dann hilft den Leuten!“ In den Notzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg habe der Vater, der seine beiden Eltern im Krieg verlor, als Waisenjunge selbst jede Menge Hilfe von Rheinbacher Bürgern erfahren. „Ich sehe es als Möglichkeit, etwas zurückzugeben“, erläutert Pfahl seine Beweggründe.

Hausärzte können hier ihre

Patienten impfen lassen

Zusammen mit dem Rheinbacher Arzt Dr. Oliver Funken, der die ärztliche Leitung des Impfzentrums übernimmt und für die Koordination zuständig ist, hat er kurz entschlossen das private Impfzentrum geplant und in Windeseile errichtet. Hier sollen künftig Hausärzte aus Rheinbach ihre Patienten impfen lassen, um die eigene Praxis zu entlasten. „Die Praxen sind derzeit hoffnungslos überlaufen, manche gehen noch nicht einmal mehr ans Telefon, weil die Patienten sie mit Nachfragen nach Impfterminen überhäufen“, weiß Pfahl. Hier soll sein Impfzentrum für Entlastung sorgen, denn die Hausärzte können ab morgen die Impfungen sozusagen auslagern.

Pro Tag können hier 1000 Impfdosen verabreicht werden. Wann genau wie viel von welchem Impfstoff geimpft wird, hängt voll und ganz davon ab, wie viel Impfdosen die Rheinbacher Hausärzte, die mit dem Impfzentrum zusammenarbeiten, zur Verfügung gestellt bekommen. „Wir können natürlich auch nur dass wir impfen, was wir haben“, so Pfahl. Er ist aber ebenso wie der ärztliche Leiter Dr. Oliver Funken davon überzeugt, dass schon in wenigen Wochen so viel Impfstoff zur Verfügung steht, dass gar nicht alles sofort verimpft werden könne.

Sechs Mitarbeiter des Arztes sorgen pro Schicht dafür, dass das ganze Impfprozedere ordnungsgemäß abläuft. Der Eingang zum Impfzentrum ist in der Polligstraße, wo es zunächst einen Wartebereich für die Anmeldung und Registrierung gibt. Nach der Registrierung geht es in Zehnergruppen direkt weiter in den Impfraum, wo in zehn Impfkabinen zehn Impfling gleichzeitig ihre Spritze bekommen können. Wenn sie den Pieks dann erhalten haben, geben sie ihren Impfpass dem diensthabenden Impfarzt, der während der 15- bis 30-minütigen Wartezeit dann die notwendigen Eintragungen macht und darauf achtet, dass keine Nebenwirkungen auftreten. Für den Fall der Fälle steht aber ein Team der Malteser bereit, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Impfung nur mit

Termin vom Hausarzt

Auch für Aufklärungsgespräche vor der Impfung steht ein Arzt zur Verfügung, wenn auch im Normalfall die Impflinge ihre Aufklärungs- und Anamnesebögen bereits ausgefüllt und unterschrieben mitbringen sollen. Wer von seinem Hausarzt bereits einen Termin mitgeteilt bekommen hat, aber noch Fragen zu Impfung hat, kann sich unter der Telefonnummer 02226/88 39 790 beispielsweise darüber informieren lassen, was er mitbringen muss und was zu beachten ist. „Termine werden über diese Nummer allerdings auf keinen Fall vergeben“, bekräftigt Pfahl und weist auch darauf hin, dass es keinen Zweck hat, ohne Termin vorbeizukommen und auf eine Impfung zu hoffen. „Hier geht alles nur strikt nach Termin, der vom Hausarzt vergeben wird.“

Im Normalfall werden die notwendigen Impfdosen jeweils von den Hausärzten zur Verfügung gestellt, die ihr Kontingent nicht selbst verimpfen wollen oder können und sich dafür auf das von Dr. Oliver Funken geleitete kooperative Impfzentrum verlassen. Der kümmert sich auch um die Organisation und um die Abrechnung mit den Krankenkassen. Nur Ferdinand Pfahl geht bei alledem leer aus, aber für ihn ist Geld ohnehin nicht so wichtig. „Ich will nur meinen Beitrag dafür leisten, dass wir gemeinsam die Pandemie überwinden.“ Im Zweifelsfall auch mit einer Vergrößerung des Impfzentrums, wofür er bereits einige weitere Räume reserviert hat.