Quartettsammler aus ganz Europa trafen sich in Bad Neuenahr-Ahrweiler

„Quartette hatten auch einen Bildungsauftrag“

„Quartette hatten auch einen Bildungsauftrag“

Quartett-Sammler Herbert Kutter aus Weißenburg in Franken präsentiert zwei überaus seltene Autoquartette von 1961. Heutiger Sammlerwert: bis zu 500 Euro. Foto: DU

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Denjenigen, die in Zeiten vor Handy, Tablet und Handheld-Konsolen Spiele-mäßig sozialisiert wurden, sind sie vor allem aus Schulzeiten noch ein fester Begriff: Quartettkarten, nicht selten mit technischen Inhalten wie Autos, Schiffen, Motorrädern oder Flugzeugen. Ob während der Pause oder auch nach der Schule – oft wurde stundenlang gespielt und die auf den Karten vermerkten, technischen Daten übten eine ganz besondere Faszination aus. Von heutigen Schulhöfen und Kinderzimmern sind die zumeist 32-blättrigen Kartenspiele oftmals verschwunden und von digitalen Unterhaltungsmöglichkeiten weitestgehend verdrängt worden. Und doch hat dieses so facettenreiche Spiel immer noch zahlreiche Fans und sogar Sammler. Eben jene Quartettsammler trafen sich kürzlich für ein ganzes Wochenende im Jugendgästehaus der Kreisstadt – zum Tauschen und Kaufen, aber auch zum Erfahrungsaustausch und Fachsimpeln. Organisiert von der Europäischen Spielesammler Gilde e.V. mit der Untersektion „Quartett und Co.“ waren Sammler aus ganz Deutschland, aber auch aus einigen europäischen Ländern wie beispielsweise aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien angereist.

Ohne Spezialisierung

geht es nicht

Was auffiel: praktisch alle Quartett-Sammler haben sich auf ein spezielles Sammelgebiet spezialisiert. „Es gibt viele Technik-Sammler, die das als Kinder schon gespielt haben und so ihre Kindheit ein wenig erhalten wollen. Das ist ein recht umfangreiches Sammelgebiet“, weiß Quartett-Experte Reinhard Kirstein aus Rheinbach. Überhaupt gibt es technische Quartette „erst“ seit den frühen 1950er Jahren. „Das erste Auto-Quartett erschien 1952. Heute gibt es mehrere zehntausend verschiedene Quartette, einen Gesamtüberblick hat niemand und es gibt letzten Endes auch keinen, der alles sammelt. Das kann man auch schlicht und einfach nicht“, so Kirstein. Ein weiteres Sammelgebiet sind die ganz historischen Quartette, die teilweise bis zu 130 Jahre alt und oftmals ziemlich rar und teuer sind. „Die Sammlerpreise reichen von einem Euro bis hin zu 1.500 Euro, je nach Seltenheit und Tagespreis“, sagt Reinhard Kirstein, der selbst leidenschaftlicher Quartett-Sammler ist.

Quartette mit Bildungsauftrag

Interessant ist auch ein kurzer Blick auf die Geschichte des Quartettspiels, das sozusagen zeitgleich in Frankreich, Großbritannien und Deutschland entstand. „Das war anfangs nur ein Zeitvertreib für betuchte Menschen, denn nur die hatten auch die Zeit dazu. Quartette hatten zudem auch so etwas wie einen Bildungsauftrag – es gab Dichterquartette, Komponistenquartette, Blumenquartette oder militärische Quartette“, berichtet Reinhard Kirstein. Das erste Quartett mit technischen Daten – ein Rennfahrzeugquartett – erschien übrigens 1938 in Deutschland. Der Sammlerbörse, bei der manches Quartett den Besitzer wechselte, schlossen sich Fachvorträge an, unter anderem zu den Themen Geschichte bestimmter Quartetthersteller, Spielkartenverlage oder zu verschiedenen Varianten eines Spiels.