Servicebetriebe Neuwied errichten erste faltbare Solaranlage Deutschlands

Schweizer Innovation für Doppelnutzung

Schweizer Innovation für Doppelnutzung

So ähnlich wie im schweizerischen Bassersdorf wird die Anlage im Neuwieder Klärwerk 1 aussehen. Foto: SBN

Neuwied. Herkömmliche große Solaranlagen benötigen viel Platz. Die Servicebetriebe Neuwied gehen mit Schweizer Technik einen für Deutschland vollkommen neuen Weg und lassen eines ihrer 1600 Quadratmeter großen Klärbecken überbauen - mit einer Solarfaltanlage, die bei Bedarf eingefahren werden kann. „Wir wollen mehr Energieeffizienz in unseren Betrieben“, erklärt SBN-Vorstand Stefan Herschbach. „Für konventionelle Solaranlagen reichen die Flächen in unseren Klärwerken nicht.“ Das Überbauen der Klärbecken war aber bisher nicht sinnvoll, weil starre Dächer den Betrieb beeinträchtigen. Die Lösung ist das Solarfaltdach „Horizon“ des jungen Unternehmens „dhp technology“ aus der Schweiz, wie Bereichsleiter Marco Madzgalla erläutert: „Die Module sind an Stahlseilen etwa 5 Meter über dem Beckenrand befestigt. Durch Schweizer Seilbahntechnik und den patentierten Faltmechanismus kann die Anlage wie eine Ziehharmonika eingefahren werden.“ Das Areal kann somit doppelt genutzt werden: Für den Betrieb des Klärbeckens und für die Erzeugung von Strom, der zu 100 Prozent vor Ort genutzt wird. Zudem entfällt ein weiteres Versiegeln von Flächen: „Bei Wartungsarbeiten fahren wir die Anlage ein, so dass der operative Betrieb gewährleistet ist. Weiterer Vorteil sind integrierte Wetterstationen. Bei starkem Wind oder Hagel, wie wir ihn ja kürzlich sehr heftig erlebt haben, fährt das Dach in eine ´Garage´ ein und ist vor Wetterschäden geschützt.“ Etwa 180.000 Kilowattstunden Strom wird mit dem Dach im Klärwerk I in Heddesdorf erzeugt. Laut Madzgalla trägt das dazu bei, die Versorgung aus regenerativen Quellen um weitere neun Prozent zu decken: „Der Verbrauch einer Kläranlage ist enorm hoch, und wir müssen die Entwicklung der rasant steigenden Energiepreise sehen. Zudem leisten wir einen Beitrag für den Klimaschutz.“ Die Gesamtkosten liegen bei etwa 800.000 Euro, gefördert wird das Projekt zu 45 Prozent vom Umweltministerium des Landes. Die Lebensdauer der Anlage beträgt 25 Jahre. „Die Amortisationszeit beträgt knapp 12 Jahre“, so Madzgalla. „Es wird aber deutlich schneller gehen, wenn die Energiepreise auf dem jetzigen Niveau bleiben.“ Bei „dhp technology freut man sich auf das erste Projekt in Deutschland: „Das Projekt für die SBN wird in Deutschland Signalwirkung haben“, ist Gian Andri Diem, Mitgründer und Geschäftsführer von dhp überzeugt. Mit fünf Monaten Bauzeit rechnen die Schweizer Kooperationspartner.

„Wir starten im Dezember und müssen bis dahin noch eine ganze Reihe von Vorbereitungen treffen“, sagt SBN-Bereichsleiter Madzgalla. Dennoch spricht er von sehr zügigen Abstimmungen im Vorfeld: „Von der ersten Kontaktaufnahme über die Vorstellung im Verwaltungsrat bis hin zum unterschriebenen Vertrag vergingen trotz Pandemie, Ukraine-Krieg und Änderungen im Energierecht lediglich 18 Monate Zeit.“ In Fachkreisen hat sich das Vorhaben der SBN wie ein Lauffeuer verbreitet. Laut Aussage von Ingenieurbüros ist die Nachfrage nach dem Produkt seit einigen Wochen sehr stark gestiegen. Vorstand Stefan Herschbach freut sich: „Unsere Mitarbeiter haben das Potential der Technologie frühzeitig richtig eingeschätzt.“ Für Oberbürgermeister Jan Einig als Vorsitzender des Verwaltungsrats zeigt sich: „Die Abwasserbeseitigung ist eine wichtige öffentliche Dienstleistung, die über Gebühren finanziert wird. Durch Innovationskraft und weitsichtiges unternehmerisches Handeln tragen die SBN entscheidend dazu bei, dass diese Gebühren auch in Zukunft bezahlbar bleiben“, so der OB. „Das ist ohne Frage ein Leuchtturmprojekt, das auch über Neuwied hinaus Strahlkraft hat.“Pressemitteilung SBN