Evangelische Kirchengemeinde erinnert an ihre Gründung und ökumenischen Geist im Lahnsteiner Stadtteil

Vor 50 Jahren startetenProtestanten in Friedland eigene Wege

Vor 50 Jahren starteten
Protestanten in Friedland eigene Wege

Die Ökumene wird großgeschrieben in Friedland; auch katholische Christen nutzen das 1973 erbaute evangelische Gemeindehaus.Foto: privat

Lahnstein. Während die meisten der evangelischen Kirchengemeinden in der Region auf eine bald 500-jährige Geschichte zurückschauen, freuen sich die Protestanten im Lahnsteiner Stadtteil Friedland auf ihre in diesem Jahr 50-jährige Unabhängigkeit von der großen Schwester Oberlahnstein. Am Sonntag, 24. August ab 14 Uhr wird mit einem ökumenischen Festgottesdienst und einem unterhaltsamen Gemeindefest das bedeutende Ereignis in Erinnerung gerufen und tüchtig gefeiert. Die Kirchengemeinde ist genauso jung wie die Stadt Lahnstein selbst, die 1969 durch die Vereinigung von Ober- und Niederlahnstein entstand.

Abnehmende Seelenzahl in der Nachbargemeinde war Ursache

Uwe Hinterwäller hat in akribischem Studium von Chroniken, Festschriften und Zeitungsberichten zusammengetragen, wie es überhaupt zur sogenannten „Auspfarrung“ der Evangelischen aus der Kirchengemeinde Oberlahnstein zum 1. Januar 1969 gekommen ist. Die Ursache hierfür habe vornehmlich noch nicht einmal in Friedland, sondern in Frücht und in Friedrichsegen gelegen, schreibt der Autor im Gemeindebrief. In der Nachbargemeinde auf der Höhe habe man nämlich eine abnehmende Seelenzahl verzeichnet. Und auch ein befürchteter Rückgang in Lahnstein/Friedrichsegen – dieser Stadtteil gehörte schon damals zur Kirchengemeinde in Frücht – spielte dabei eine Rolle. Bereits seit 1958 war Pfarrer Rolf Rudolf Stahl in diesen beiden Gemeinden tätig und wohnte im Pfarrhaus Frücht; von dort aus war er auch zuständig für die Evangelischen in Nievern und Miellen.

1.000 Gemeindemitglieder

für eine volle Pfarrstelle

Nach dem damaligen Bemessungsschlüssel der Landeskirche brauchte es für eine volle Pfarrstelle 1.000 Gemeindemitglieder. Frücht lag etwas darunter. „Dieses Problem wurde auf Vorschlag des damaligen Dekans Hans Strack durch die Hinzunahme von Friedland mit damals 775 Evangelischen in pfarramtlicher Verbindung rasch beseitigt“, recherchierte Hinterwäller, „damit musste man weg von Oberlahnstein und quasi ausgepfarrt werden.“

Es gab zwar durchaus Bedenken gegen den Weg in die Selbstständigkeit, aber viele Friedländer fühlten sich damals als „Anhängsel“ von Oberlahnstein, wie es in einem von Hinterwäller zitierten Schriftstück von Pfarrer Stahl zum Ausdruck kommt: „Sie erkannten, dass mit der Gründung einer eigenen Kirchengemeinde für Jung und Alt eine bessere geistliche Versorgung vor Ort in Aussicht stand. Und es waren auch zugleich wichtige, sichtbare Vorhaben im Blick: Ein eigenes Gemeindehaus, ein Kindergarten, was ja möglich war, weil der Siedlungsgemeinschaft entsprechendes Baugelände zur Verfügung stand.“

Außerdem berichtet der ehemalige Pfarrer von dem „hoffnungsvollen Eifer einer Kerngruppe“, die zugleich auch der Grundstock für ein eifriges Gemeindeleben in dem folgenden Jahrzehnt war. So wurde nach der Wahl des ersten Kirchenvorstandes im Mai noch im Herbst des Jahres ein Haus in der Martin-Luther-Straße für die bereits bestehenden und neue Aktivitäten angemietet. Ein eigener Chor und ein Posaunenchor wurden gegründet, vier Jahre später wurde der Kindergarten eröffnet, und im September 1973 das eigene Gemeindehaus feierlich eingeweiht.

Aktives Gemeindeleben

in den ersten Jahrzehnten

In den ersten Jahrzehnten zur Amtszeit Stahls fand ein recht aktives Gemeindeleben statt, eine besondere Prägung erfolgte durch die „Missionsgemeinschaft Jesus heute e.V. Frücht“, die besonders Jugendliche als Zielgruppe hatte. So gab es damals in Friedland neben dem Kindergottesdienst eine CVJM-Jungschar und Mädchenschar, Gitarrenchor sowie einen Jugendbibelkreis.

Auch die Ökumene wurde früh gepflegt. So gab es 1976 und 1977 gemeinsam mit der katholischen Gemeinde auf dem Campingplatz eine Aktion der Camping-Seelsorge. Hinterwäller erklärt, das sei nur ein Beispiel dafür, dass es bereits eine intensive und sehr gute ökumenische Zusammenarbeit gegeben habe. Die Katholiken nutzten zu der Zeit den Gottesdienstraum im Gemeindehaus für Vorabendmessen; in Monaten mit fünf Sonntagen gab es keinen evangelischen Gottesdienst, sondern die Protestanten besuchten den katholischen am Samstagabend, wobei der evangelische Pfarrer die Predigt übernahm. Diese gemeinsamen Vorabendmessen gab es bis in die 80-er Jahre, bevor sie Opfer des katholischen Pfarrermangels wurden.

Pfarramtlich wieder mit

Oberlahnstein verbunden

Zurück ging auch die Zahl der evangelischen Gemeindeglieder, die im Jubiläumsjahr bei etwa 400 liegt, damit aber immerhin deutlich langsamer sank als im landesweiten Durchschnitt. Und auch wenn die Kirchengemeinde schon längst wieder mit Oberlahnstein pfarramtlich verbunden ist, sind die 50 Jahre allemal einen Rückblick und das ökumenische Fest unter dem Motto „Zeit vergeht – Heimat entsteht“ wert. Denn nicht nur für Uwe Hinterwäller steht fest, dass die Gründung der evangelischen Kirchengemeinde Friedland vor 50 Jahren über die evangelischen Christen hinaus ein wichtiger und folgenreicher Schritt für die Entwicklung des gesamten Stadtteils war.

Stadtteil für

Flüchtlinge und Spätaussiedler

Die Gründung der evangelischen Kirchengemeinde Friedland basiert auf der Platznot in Lahnstein nach dem Zweiten Weltkrieg und der großen Flüchtlingswelle, die Menschen aus den östlichen Gebieten des ehemaligen Deutschen Reichs gen Westen strömen ließen. Initialzündung für den neuen Ortsteil, dessen Name ans Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen erinnert, war der Verkauf eines großen Geländes durch die Stadt Oberlahnstein an die „evangelische Baugemeinde Oberlahnstein e.V.“, erinnert Hinterwäller in seinem Aufsatz.

Mithilfe der „Gemeinnützigen Siedlungsgemeinschaft des evangelischen Hilfswerkes der Landeskirche Hessen und Nassau“ wurden in Selbsthilfe zunächst 76 Häuser mit 158 Wohnungen für etwa 600 Personen beginnend mit der Martin-Luther-Straße errichtet. Bei den ersten Bewohnern habe es sich vornehmlich um Flüchtlinge und Spätaussiedler mit evangelischer Konfession aus Ostpreußen und Schlesien gehandelt, so Hinterwäller. Dies drückt sich auch in den später hinzugekommenen Straßennamen aus, der Marienburger-, Breslauer- und Ostpreußenstraße.

Das Festprogramm

Das Gemeindefest in Friedland unter dem Motto „Zeit vergeht – Heimat entsteht“ beginnt am Samstag, 24. August um 14 Uhr im Gemeindehaus Friedland (Breslauer Straße 1) mit einem ökumenischen Gottesdienst mit Gemeindepfarrerin Yvonne Fischer und dem katholischen Bezirksdekan Pfarrer Armin Sturm sowie unter Mitwirkung des Posaunenchors Niederlahnstein.

Im Anschluss dürfen sich die Besucher auf ein unterhaltsames Bühnenprogramm freuen mit Karl Krämer, dem Gospelchor Heaven’s Voice, der Tanzgruppe des CCO und dem Kindergarten Friedland. Geschichte(n) aus 50 Jahren leben auf; außerdem ist fürs leibliche Wohl bestens gesorgt. Abends legen dann die beliebten DJs HW und Radscha für die Jubiläumsgäste auf.

Pressemitteilung Evangelische

Öffentlichkeitsarbeit Rhein-Lahn