Neue Hinweise zum „Lager Rebstock“ in Dernau

Was geschah mit Zwangsarbeiternaus Amersfoort im Ahrtal?

Was geschah mit Zwangsarbeitern
aus Amersfoort im Ahrtal?

Quelle: Archiv ITS Arolsen

Was geschah mit Zwangsarbeitern
aus Amersfoort im Ahrtal?

Dernau. Böse Geschichten wurden in den vergangenen Jahren kolportiert. So hieß es, dass mehrere Hundert holländische jüdische Zwangsarbeiter aus dem Lager Amersfoort in Dernau unter schlimmsten Arbeitsbedingungen schikaniert und alle von ihnen umgebracht worden oder umgekommen seien. Mit diesen Worten wurde ein als Zeuge vernommener gefangener französischer Arzt, der einige der Häftlinge untersucht hatte, zitiert. Auch die Stelle, wo die Zwangsarbeiter wohl vergraben worden seien, sei bekannt: in einem kleinen Waldstück oberhalb von Dernau. Ein paar Steine mit hebräischen Inschriften würden wohl daran erinnern.

Seit etlichen Jahren war eigentlich unstrittig, dass diese Aussagen falsch waren. Weder waren die holländischen Zwangsarbeiter (insgesamt bis zu 300 Personen, wie einer von ihnen berichtete, genaue Zahlen sind nicht bekannt) jüdischen Glaubens, noch wurden sie in Dernau ermordet und vergraben. Bei dem beschriebenen Ort, an dem sie angeblich vergraben worden seien, handelte es sich um den jüdischen Friedhof von Dernau, den ältesten im Kreis Ahrweiler.

Neue Unterlagen des ITS Arolsen, des Roten Kreuzes und Aussagen von Zeitzeugen aus der Region geben konkrete Hinweise: Ein Teil der Gefangenen wurde offensichtlich für einige Wochen nach Guxhagen in ein Arbeitserziehungslager/Zuchthaus gebracht, um dann in Betriebe der Umgebung zum Arbeitseinsatz abkommandiert zu werden. Diesen Betrieben wurden sie zwangszugestellt, aber wie sich aus den Unterlagen des ITS Arolsen und des holländischen Roten Kreuzes ergibt, waren sie zumindest zum Teil (zum Beispiel Theo van der Velde, Rudolf Vink) in diesem Arbeitsverhältnis über die örtliche AOK krankenversichert. Anderen, wie zum Beispiel Johannes Walenberg und Cornelis ten Kate, gelang die Flucht. Hendrik Houssart aus Utrecht, der am 18. August 1944 nach Brück überstellt wurde, landete schließlich im SS-Sonderlager Hinzert bei Trier und wurde bei Räumungsarbeiten am Flugplatz Mainz-Finthen eingesetzt, bevor er befreit wurde und zurück nach Hause konnte.

Wie ein Ahrbrücker Zeitzeuge dem Autor des Buches „Geheimkommando Rebstock“ bereits im Jahr 2018 berichtete, war er in den Fünfzigerjahren mehrmals bei befreundeten Familien von ehemals in Ahrbrück internierten Zwangsarbeitern in den Sommerferien in Holland als Urlaubsgast. Wie man sieht, bestanden die vier Wochen in Ahrbrück und Dernau nicht nur aus Schikane, sondern es bestand auch die Chance, Freundschaft zu schließen. Was natürlich nicht über das Unrecht, das den Zwangsarbeitern angetan wurde, hinwegtäuschen darf.

Matthias Bertram