Barbarafeier der Begleute von Rathscheck Schiefer in der Pfarrkirche St. Clemens in Mayen

Wehmut, Stolz und Leidenschaft für den Bergbau

Forderungen nach einer sozial verträglichen Lösung für die Bergleute wurden bekräftigt

10.12.2018 - 13:14

Mayen. Die Kumpels des Moselschieferbergwerks hatten zu einer denkwürdigen Barbarafeier eingeladen, die als Dankgottesdienst für ihre Schutzpatronin für die Bergleute einen besonderen Stellenwert hat und die seit Generationen von den Kumpels in Mayen gefeiert wird. Doch in diesem Jahr war alles anders. Diese Eucharistiefeier zu Ehren der Heiligen Barbara stand ganz im Zeichen der sich abzeichnenden Schließung der Moselschiefer-Bergwerke der Firma Rathscheck, die nach dem Beschluss des zur Wehrhahn-Gruppe gehörenden Unternehmens zum 31. März des kommenden Jahres endgültig und unwiderruflich geschlossen werden sollen. 50 Kumpels verlieren dann ihren Beruf und Mayen eine lebendige Bergwerkstradition, die die Stadt als einen wichtigen Teil der Wirtschaftsstruktur der Region prägte. Diese wohl letzte Barbarafeier stand somit im Zeichen von Wehmut und dem Stolz der Kumpels auf ihre Traditionen und ihrem Kampf gegen die Schließung des Bergwerks durch die Unternehmensleitung. Denn in ihren Augen war das Aus für das für Schieferbergwerk am Katzenberg und für ihre Arbeitsplätze keine natürliche Folge ausgeschöpfter Schiefervorkommen, sondern eine Entscheidung, die so nicht gefallen wäre, wenn die Konzernleitung sich nicht für eine Schieferstrategie entschieden hätte, in der der Moselschiefer und in der das Bergwerk am Katzenberg aus Kostengründe keine Rolle mehr spielt. In dem beeindruckenden Gottesdienst mit dem eine Jahrhunderte dauernde Bergbautradition in Mayen ein würdevolles Ende nahm, war auch die Enttäuschung der Kumpels zu spüren, die mit Petitionen und der Mobilisierung der Öffentlichkeit die Schließung des Bergwerks abwenden wollten, aber bei den Verantwortlichen kein Gehör fanden. Nach ihrer Überzeugung hätte die Bergwerksschließung verhindert werden können.

„Das Aus für die Moselschiefer-Bergwerke ist eine bittere Wahrheit“, sagte Dechant Matthias Veit bei der Predigt in der Heiligen Messe zu Ehren der Heiligen Barbara. „Das lässt uns nicht kalt, denn für viele Betroffene geht es um ihre Existenz.“ Veit wies darauf hin, dass für die meisten Bergleute ihr Beruf mehr sei als ein beliebiger Job. Sie hätten ihren Beruf mit Stolz und Leidenschaft ausgeübt und so bedrohe der Verlust des Arbeitsplatzes auch die Substanz ihrer Persönlichkeit. Ein Lebensabschnitt werde beendet. Dechant Veit nahm dann Bezug auf das Schicksal der Heiligen Barbara, die sich aus der Gefangenschaft befreit habe. Auch die Bergleute fühlten sich von übermächtigen wirtschaftlichen Zwängen gefangen. Es sei verständlich, dass in solchen Situationen Trostlosigkeit und Selbstzweifel dominieren. Die Heilige Barbara zeige jedoch, dass ein Weg aus der Gefangenschaft in die Freiheit möglich sei. „Wenn eine Welt zusammenbricht, zeigen sich oft auch neue Möglichkeiten“. Für die Bergleute sei zu hoffen, dass auch für sie neue Perspektiven und Lichtblicke erkennbar werden.


Solidarität und bittere Wahrheiten


Nach der Heiligen Messe hatten die Bergleute und Produktionsmitarbeiter des Moselschiefer-Bergwerks zu einer Mahnwache in der Kirche St. Clemens eingeladen, in der die Schließung ihres Bergwerks in den Ansprachen zum Thema wurde. Der Vorsitzende des Gesamt-Betriebsrates, Karl Schubert, nutzte die Gelegenheit, um denen zu danken, die den Kumpels beim Kampf gegen die Schließung des Schieferbergwerks zur Seite gestanden haben und sich mit ihren Forderungen solidarisierten. Der Initiator der Petition zum Erhalt des Bergwerks, Andreas Rech-Grobosch, betonte in seiner Ansprache, den hohen Stellenwert von Solidarität im Selbstverständnis der Bergleute. Unter den Kumpels sei dieser Wert auch im Alltag am Katzenberg lebendig. Ein familiäres Betriebsklima und der Zusammenhalt unter den Bergleuten bestimmten bei der Arbeit unter Tage. Rech-Grobosch widersprach noch einmal mit Nachdruck der Argumentation, mit der die Unternehmensführung die Schließung des Schieferbergwerks begründet hat. „Der Steinstand im Bergwerk ist zurzeit so gut wie lange nicht mehr. Wir wollen und wir können weitermachen“, betonte er. Die schlechte Gesteinsqualität und die damit verbundenen hohen Kosten machen den Moselschiefer aus dem Katzenberg, nach Ansicht der Geschäftsführung, zu einem Produkt, das konkurrenzfähig nicht mehr vermarktet werden könne. Für die Landesregierung von Rheinland-Pfalz sprach dann Dr. Alexander Wilhelm, Staatssekretär im Arbeits- und Sozialministerium, der darauf hinwies, dass mit der Schließung des Bergwerks eine wichtige und lange Episode der regionalen Kutur- und Wirtschaftsgeschichte zu Ende gehe. Dies sei ein tiefer Einschnitt und ein Verlust für die Stadt Mayen. Wilhelm betonte, dass es nicht seine Aufgabe sei, darüber zu befinden, ob die Kritiker der Schließung des Bergwerks im Recht seien oder ob die Argumente der Geschäftsführer zuträfen. „Es geht mir darum für die Landesregierung ein Zeichen der Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen,“ betonte der Staatssekretär. Die Schließung des Bergwerks sei eine schwerwiegende unternehmerische Entscheidung gewesen.

„Nun muss es um eine sozial verträgliche Gestaltung der Schließung gehen“, erklärte Wilhelm und appellierte an die Verantwortlichen nachvollziehbare und menschlich anständige Lösungen zu präsentieren. Transparenz sei gefordert. Die Glaubwürdigkeit des Werhahn-Konzerns werde sich an der Art und Weise zeigen, wie er mit dieser Frage umgehe. Zuletzt sprach der ehemalige Geschäftsführer von Rathscheck-Schiefer, Ewald Hoppen, zu den Bergleuten und den Teilnehmern der Mahnwache in der Pfarrkirche St. Clemens. Hoppen, Ehrenbürger der Stadt Mayen, hatte in seiner aktiven Zeit das Unternehmen maßgeblich geprägt und Rathscheck-Schiefer mit dem Markenprodukt Moselschiefer den Standort Mayen zu einem bestimmenden Kompetenz- und Produktionszentrum für Schiefer in Deutschland ausgebaut.


Ein zerstörter Mythos


Hoppen machte aus seiner Enttäuschung über die Schließung des Bergwerks und dem damit verbundenen Ende der Bergwerkstradition in Mayen kein Hehl. Der Konzernchef des Werhahn-Konzerns hatte in der aktiven Zeit Hoppens das Unternehmen Rathscheck-Schiefer als dessen Lebenswerk bezeichnet. „Ob das so war, kann ich nicht beurteilen, wenn es aber mein Lebenswerk gewesen sein sollte, ist es nun zerstört worden,“ erklärte Ewald Hoppen. Das sei aber unwichtig. „Entscheidend ist, dass das Vertrauen der Kumpels und ihrer Familien zerstört wurde, die darauf vertrauten, dass sie bis zum Ende ihres Erwerbslebens in dem Unternehmen einen sicheren Arbeitsplatz haben“. Aber nicht nur Vertrauen sei zerstört worden. „Es wurde auch der Mythos des Moselschiefers zerstört“, betonte Hoppen mit Blick auf die Schließung des Bergwerks am Katzenberg. Dieser Mythos sei nicht vom Himmel gefallen, man habe sich ihn hart erarbeitet. Hoppen skizzierte in diesem Kontext die traditionsreiche Geschichte des Schieferbergbaues in Mayen, der in der Römerzeit begann und dann durch die Jahrhunderte eine Konstante in der regionalen Kultur- und Wirtschaftsgeschichte wurde. Moselschiefer wurde zu einem Baustoff mit einem unverwechselbaren Image. „Getreu dem Motto „ Aus den Tiefen der Eifel auf die Dächer der Welt“ war der Schiefer aus Mayen mit einem Image verbunden, das die großen unternehmerischen Erfolge des Unternehmens möglich machte und die Stadt zu einem europäischen Zentrum für die Schieferproduktion und Schieferverarbeitung werden ließ“, erklärte Hoppen. Möglich wurde dies alles durch eine offensive Investitions- und Unternehmensstrategie und eine klare Priorität für die Weiterentwicklung des Standortes Mayen. Diese Unternehmensphilosophie habe man in den vergangenen Jahren aufgegeben. Die Folge sei nun die Schließung des Bergwerks. „Von einer lebendigen Schieferbergbautradition bleibt in Zukunft nur noch die Erinnerung“, erklärte der ehemalige Geschäftsführer von Rathscheck-Schiefer. „Das alles ist dann nur noch etwas für die Geschichtsbücher. In den Geschichtsbüchern muss aber auch verzeichnet werden, wer die Schließung des Bergwerks im Unternehmen und im Werhahn-Konzern zu verantworten hat,“ betonte er. Aber in der christlich geprägten Welt kenne man auch Vergebung und Buße. Als Buße sollten sich die in diesem Sinne Verantwortlichen selbst auferlegen, eine sozial verträgliche Lösung für die betroffenen Mitarbeiter zu finden. Dem Betriebsrat zollte Hoppen Respekt für seinen Kampf gegen die Schließung des Schieferbergwerks. Er wünschte ihm Erfolg bei den Verhandlungen mit dem Unternehmen, um eine Minderung der Folgen der Schließung für die vor der Kündigung betroffenen Mitarbeiter zu erreichen.


Ein würdiger Schlusspunkt


Die Barbarafeier und die anschließende Mahnwache wurde so nach realistischer Beurteilung der Lage zu einem würdevollen und angemessenen Schlusspunkt in der langen Geschichte des Schieferbergbaus in Mayen, der von dem Selbstverständnis und den Traditionen der Bergleute geprägt wurde. Diese wurden auch während der Heiligen Messe zu Ehren ihrer Schutzpatronin noch einmal deutlich. In Uniformen hatten die die Mitglieder der Bergmannskapelle Fell ein Standbild der Heiligen Barbara in die Pfarrkirche getragen. Eine Abordnung der Bergleute stand während des Gottesdienstes neben dem Altar. Die Bergmannskapelle Fell unter der Leitung von Thomas Lex sorgte für die musikalischen Beiträge während des Gottesdienstes und bei der anschließenden Mahnwache, die die Sängerin Jennifer Toprak mit ihren Liedern bereicherte. Die Künstlerin Marika Kohlhaas sprach über die inspirierende Kraft des Schiefers und berichtet über ihre künstlerischen Erfahrungen im Bergwerk am Katzenberg und ihre Begegnungen mit den Bergleuten in Mayen und übergab ihr Bild, das die Heilige Barbara zeigt, dem Betriebsrat, der das Werk als eine Dauerleihgabe dem Schieferbergbaumuseum in Mayen übergeben wird. Der Betriebsrat von Rathscheck Schiefer hatte diese letzte Barbarfeier selbst organisiert. In früheren Jahren hatte die jährliche Barbarafeier einen festen Platz im Jahreskalender des Bergwerks am Katzenberg. Als Zeichen der Abwendung von ihren Bergwerktraditionen hatten die Bergleute die Entscheidung der Unternehmensführung gewertet, dass der Tag der Schutzpatronin der Bergleute in den vergangenen Jahren nicht mehr gewürdigt wurde. Die Kumpels und der Betriebsrat setzten nun mit dieser selbstorgansierten Feier ein Zeichen, dass der bevorstehende Abschied von ihrem Moselschiefer-Bergwerk nicht sang- und klanglos geschehen sollte. Sie haben Haltung gezeigt. Bei dieser letzten Barbarafeier wurde deutlich, dass mit dem Aus für das Bergwerk am Katzenberg auch die Traditionen der Bergmannskultur verschwinden und dass dies ein Verlust ist. Bergleute waren über Generationen ein Teil des gesellschaftlichen Lebens der Region und haben sie mit ihrer Arbeit und ihren Traditionen bereichert. Es bleibt nun zu hoffen, dass die Konzernleitung auch eine Haltung bei der Schließung des Bergwerks zeigt, die man von einem Unternehmen, das seit 1904 in Mayen im Schieferbergbau aktiv ist, erwarten kann.

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