Die Zukunft der bei der Flutkatastrophe 2021 schwer beschädigten St. Pius Kirche stößt bei vielen Menschen in der Kreisstadt auf reges Interesse.

Wie sieht die Zukunft der Pius-Kirche aus?

Wie sieht die Zukunft der Pius-Kirche aus?

Die St. Pius Kirche wurde bei Flutkatastrophe stark beschädigt. Foto: ROB

Wie sieht die Zukunft der Pius-Kirche aus?

Im Bachemer Sängerheim informierte die Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler über mögliche Zukunftsszenarien der St. Pius Kirche. Foto: DU

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Auch wenn die Zahl der Gottesdienstbesucher meist nur relativ gering war – die Zukunft der bei der Flutkatastrophe 2021 schwer beschädigten St. Pius Kirche stößt bei vielen Menschen in der Kreisstadt auf reges Interesse. Eine Tatsache, die sicherlich auch darin begründet liegt, dass es in und um St. Pius bis zur Flut ein reges, von ehrenamtlichen Kräften liebevoll und engagiert gestaltetes Gemeindeleben gab. Nach ersten Informationen hierzu, die von der Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler Mitte November veröffentlicht wurden, fand vor kurzem im Bachemer Sängerheim eine öffentliche Informationsveranstaltung statt, die die zukünftige Gestaltung und Nutzung des Geländes und der darauf befindlichen Gebäude in den Fokus nahm. Gut 40 Interessierte waren gekommen, um sich die Ausführungen von Dechant Jörg Meyrer sowie Vertretern der Gremien (Pfarrverwaltungsrat und Pfarrgemeinderat) anzuhören, denn sowohl Kirche und Gebäude gehören ebenso der Pfarrei, wie das dazugehörige Grundstück.

Fünf Zukunftsmodelle für St. Pius vorgestellt

Vorgestellt wurden die St. Pius-Zukunftsmodelle „A bis E“, wobei Modell „A“, nämlich die Wiederherstellung der Kirche als Gotteshaus und Ort für Veranstaltungen faktisch schon verworfen wurde – aus Kostengründen. Zwar würden die notwendigen 2,8 Millionen Euro für die Beseitigung der Flutschäden vom Wiederaufbaufonds übernommen, doch auch das Kirchendach ist völlig marode. Sanierungskosten hierfür: mindestens 1,4 Millionen Euro. Zwar hat man mit dem Verkauf des Grundstücks auf dem sich unter anderem die ebenfalls Flut-zerstörte Kita St. Pius befand 450.000 Euro eingenommen, es bliebe aber immer noch eine Finanzierungslücke von einer Million Euro, die von der Pfarrei nicht aufgebracht werden kann. Hinzu kämen nicht unerhebliche Folgekosten und die Tatsache, dass ein derart großer Gottesdienstraum bei schwindenden Besucherzahlen schlicht nicht mehr benötigt wird. Auch das Bistum Trier hat schon angekündigt, sich hieran nicht finanziell zu beteiligen.

Bezahlbarer Wohnraum statt „Flutmuseum“?

Ebenfalls als derzeit eher unrealistisch wird Modell „B“, die Nutzung des Kirchenraums als museales Gebäude samt Flut-Gedenkstätte gesehen. Eine vom Ahrtal-Tourismus beauftragte Machbarkeitsstudie wurde bereits vorgelegt, allerdings konnte bislang kein Investor und/oder Betreiber gefunden werden, der die geschätzten 10 bis 20 Millionen Euro, die hierfür notwendig wären, aufbringt. Einer der zwei Gremien-Favoriten hingegen ist Modell „C“, eine moderne Wohnform unter dem Oberbegriff „Wohnen im Ahrtal“, bei dem insbesondere Nachhaltigkeit und Gemeinschaft im Vordergrund stünden. Hiermit würde, so die Aussage von Pfarrgemeinderat und Pfarrverwaltungsrat, nicht nur ein innovativer Transformationsprozess der Kirche unterstützt, sondern auch viel für die Menschen in der Stadt erreicht. Eine Machbarkeitsstudie „Kooperatives Wohnen – bezahlbarer Wohnraum im Ahrtal“ wurde durch den Diözesan-Caritas-Verband und den Malteser Hilfsdienst schon in Auftrag gegeben. Als Investor stünde die indirekt im Kirchenbesitz befindliche „Aachener Grund“ bereit. Vollständig von der Agenda genommen wurde Modell „D“, eine Wohnbebauung im Bereich des Pfarrhauses in eigener Trägerschaft der Pfarrei.

Tageshospiz als innovative Einrichtung

Zweiter Favorit ist derzeit Modell „E“, die Idee des Baus einer modernen Einrichtung, bestehend aus Tageshospiz und Demenzwohngemeinschaft. Es gibt in diesen Bereichen faktisch einen hohen Bedarf und die zentrale Lage wäre von großem Vorteil. Die finanziellen Mittel für ein derartiges Projekt könnten vom Hospizverein Rhein-Ahr aufgebracht werden. Aber: man ist, wie Jörg Meyrer betonte, auch noch für andere Ideen und Vorschläge offen, eine endgültige Entscheidung wurde noch nicht getroffen. „Fakt ist allerdings, dass eine eingesegnete St. Pius Kirche keine Zukunft hat. Das kann die Pfarrei nicht stemmen“, so Meyrer, der zudem betonte, dass alle 30 kirchlichen Immobilien in der Kreisstadt, die praktisch sämtlich defizitär sind, auf dem Prüfstand stünden. Daher suche man nach Investoren und Kooperationspartnern. Klar ist – bei allen bislang noch realistischen Modellen müsste die St. Pius Kirche profaniert und niedergelegt werden, was bei einigen Gemeindemitgliedern, beispielsweise der Initiative „Innovationskirche Ahrtal“, durchaus auch kritisch gesehen wird. „Man könnte St. Pius als modernen Kirchenraum nutzen, als Kirche, die wieder bei den Menschen ist“, so eine Vertreterin der Innovationskirche.

Kein Verkauf an Investoren

Dem entgegnete Jörg Meyrer, dass er Verständnis für die Trauer über eine Niederlegung von St. Pius habe, verwies aber auch auf den Ist-Zustand: „Es ist für viele Heimat, Zeit, Leben. Aber St. Pius, mit seiner für diesen Bezirk viel zu großen Kirche, bewegte sich schon immer am Existenzminimum und schon lange vor der Flut wurde nichts mehr in Kirche und Pfarrhaus investiert, auch wenn es dort immer ein aktives Gemeindeleben gab. Zudem treffe ich immer wieder Menschen, die nicht einsehen, dass St. Pius für viel Geld wiederaufgebaut wird. Und das Bistum hat schon signalisiert, dass es einen Wiederaufbau nicht befürwortet.“ Ausgeschlossen werden konnte an diesem Abend, dass das Areal auf dem freien Markt angeboten wird. „Die Gefahr, dass ein Investor hier noch mehr teure Wohnungen baut, gehen wir nicht ein“, so der einhellige Tenor der Gremien. Im Gegenteil: das Grundstück soll im Besitz der Pfarrei bleiben und christliche Aspekte in neuer Form berücksichtigt werden.

Mit stetigem Leben füllen

Das Neue, was auch immer es sein wird, soll mit stetigem Leben gefüllt werden, keine zukünftigen, finanziellen Belastungen bringen und die Erinnerung an St. Pius wachhalten. Eine vertragliche Nutzung der Räume für die Gemeinde soll ebenso festgelegt werden, wie die Einrichtung eines Gebetsraums oder „Raum der Stille“. Wie auch immer der weitere Werdegang von St. Pius aussehen wird – bis entsprechende Maßnahmen beginnen können werden noch mindestens zwei, bis zur Fertigstellung rund drei- bis fünf Jahre vergehen.