Bundesverfassungsrichter auf Schloss Bürresheim zu Gast

Wilhelm Schluckebier erläuterte „Aktuelles zur Glaubensfreiheit“ aus juristischer Sicht

Wilhelm Schluckebier erläuterte „Aktuelles zur Glaubensfreiheit“ aus juristischer Sicht

Wilhelm Schluckebier erläuterte „Aktuelles zur Glaubensfreiheit“ aus juristischer Sicht

Mayen. „Was für ein spannender Ort Schloss Bürresheim“ nach den Worten von Generaldirektor Dipl. Ing. Thomas Metz, Kulturelles Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz, ist, war an diesem Abend zu erfahren, Höhepunkt der Veranstaltungsreihe „Dichtung und Wahrheit“. So steht Bundesverfassungsrichter Dr. h.c. Wilhelm Schluckebier protokollarisch „auf dem Stand eines Bundesministers und ist der vierte Mann der Bundesrepublik“, wie Dieter Dierkes, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht a. D. und langjähriger Organisator der erfolgreichen Veranstaltungsreihe, bei seiner herzlichen Begrüßung betonte.

Über „Aktuelles zur Glaubensfreiheit“ sprach der Bundesverfassungsrichter, ein spannender Vortrag. Schließlich hatte der Richter doch im vergangenen Jahr zusammen mit Richterin Monika Hermanns in einem Urteil das pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen für unzulässig erklärt.

Dieses in der Öffentlichkeit teilweise emotional diskutierte Thema ist am ehesten zu verstehen, nimmt man die im Grundgesetz verankerte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit in den Blick, ein Grundrecht, das anscheinend immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Dr. Wilhelm Schluckebier: „Wer noch Ende der 1980er Jahre meinte, in Zeiten abnehmender Mitgliederzahlen bei den großen christlichen Kirchen und einer sich entwickelnden Ökumene verliere dieses Grundrecht weitegehend seine Bedeutung und kleinere religiöse Richtungen wie etwa die Bhagwan-Osho-Bewegungen seien vorübergehende Modeerscheinungen, muss seine Einschätzung seit einigen Jahren revidieren.“

Als Ursache nannte Schluckebier die Zuwanderung unterschiedlicher, namentlich muslimischer Glaubensrichtungen die „anders-religiös“ und „großenteils auffallend und ausgeprägt gläubig sind“, eine Gläubigkeit, die hin und wieder auch zu „Konflikten mit Auffassungen der sogenannten Mehrheitsgesellschaft oder gar mit der staatlichen Rechtsordnung“ führt.

Das wieder mehr in den Fokus gerückte Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit werde in ganz unterschiedlichen Lebens- und Berufssituationen eingefordert. Taten wie extremistischer Irrglaube, Schlagen oder Blutrache, als „verfassungsrechtlich zu verwerfen“, sind selbstverständlich nicht in den Schutzbereich der Glaubenslehre einbezogen. Wie schwierig der Umgang mit diesem Grundrecht auch für Juristen ist, verdeutlichte der Bundesverfassungsrichter u.a. an der gesetzlich abgesicherten Beschneidung, obwohl diese doch das Wohlleben „die körperliche Integrität und das Religionswohl des Kindes betrifft“. Zum Bereich Schule, wenn Eltern ihre Kinder aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht, Sexualkundeunterricht oder Klassenfahrten befreien lassen wollen, verwies Schluckebier auf die besondere Bedeutung des staatlichen Erziehungsauftrags: „Es gibt keine Entscheidung, wo Eltern recht bekommen hätten.“ Ein Kopftuch hingegen sei ein ganz persönliches Kleidungsstück, was die Neutralität der Schule nicht verletze. Laut Urteil von 2015 ist ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen mit der Verfassung nicht vereinbar.

„Grundrechtsschutz ist klassischerweise auch Minderheitenschutz“ und ein Grundrecht gelte als umfassendes Recht in allen Lebenslagen, so Schluckebier auf Schloss Bürresheim. Eine gemeinsam gelebte Religion bilde eine Binnenidentität, und der Staat gewährleiste hierfür die Voraussetzung, wobei diese freilich auch spaltend wirken könne, führte der Referent aus. Bundesverfassungsrichter Dr. h.c. Wilhelm Schluckebier: „Bei alledem müssen wir realisieren, dass auch in einer pluralistischen Gesellschaft immer wieder mit den aus gegebenen Anlässen unübersehbaren reaktionsmächtigen Empfindsamkeiten zu rechnen ist, auch wenn wir auf Toleranz und den gelassenen Umgang mit den offensiven Grundrechtswahrnehmungen Anderer vertrauen. Aber wir dürfen zuversichtlich sein, lebt unsere Demokratie doch von der lebendigen geistigen Auseinandersetzung und von der kraftvollen Wahrnehmung der Individualrechte, auch der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit!“

Der nächste Höhepunkt auf Schloss Bürresheim ist bereits am kommenden Samstag, 10. September, ab 17 Uhr zu erleben, ein Barockabend mit Sektempfang, kulinarischen Köstlichkeiten, Musik, Tanz, Gesang und Theater für nur 59 Euro.

Vorverkauf und Informationen:

0261 / 66 75 4000