Fraktionen des Kreistages von Ahrweiler nehmen Stellung zum Haushalt 2024

„Wir müssen selbst ran und die Weichen auf Konsolidierung stellen“

„Wir müssen selbst ran und die Weichen auf Konsolidierung stellen“

Auch zweieinhalb Jahre nach der Flut ist immer noch keine Standortentscheidung für die Levana-Schule gefallen. Foto: GS

„Wir müssen selbst ran und die Weichen auf Konsolidierung stellen“

Als Interimslösung sind in Containern an der Ahrweiler Schützenstraße gleich mehrere Schulen untergebracht. Foto: GS

Kreis Ahrweiler. Gegen drei Stimmen der FDP-Fraktion hat der Kreistag von Ahrweiler in seiner letzten Sitzung der Legislaturperiode den Haushalt des Kreises Ahrweiler mit einem Volumen von 320 Millionen Euro verabschiedet. Dies mit Verzögerung, denn eigentlich stand der Haushalt auf der Tagesordnung der Dezembersitzung. Hier Aussagen und Auszüge aus den Stimmen der Fraktionen zum Haushalt.

Michael Korden, CDU-Fraktion: „Als wir im Dezember zusammengekommen sind, waren wir uns unter den Kreistagsmitgliedern über die Fraktionsgrenzen hinaus fast alle einig, dass der  Haushalt noch nicht entscheidungsreif war. Es waren trotz der schlechten Zahlenkeine signifikanten Anstrengungen zur Haushaltsverbesserung erkennbar.“ Trotz der vorgenommenen Einsparungen und Haushaltsverbesserungen von mehr als vier Millionen Euro sei der Haushalt immer noch nicht zufriedenstellend, was das Defizit und die absehbare Entwicklung vorzeichneten. „Aber dies hat einen Grund. Oberste Priorität hat weiterhin der Wiederaufbau.“  Kostenintensivste und wichtigste Aufgabe des Kreises in den nächsten Jahren sei der Wiederaufbau der kreiseigenen Schulen. „Hier sollten wir uns ruhig externen Unterstützung bedienen. Die anderen flutbetroffenen Kommunen haben dies ja auch gemacht.“

Wolfgang Schlagwein, Grünen-Fraktion: Schon „traditionell“ widmete sich der Chef der Grünen-Fraktion der Energiepolitik. Der Landkreis Ahrweiler habe einmal vor der Kreisstadt gelegen, „als er im Jahr 2005 alle seine kreiseigenen Dächer mit Photovoltaikanlagen bestückte. Leider ist es dabei geblieben, und nächstes Jahr fallen diese Dächer nach 20 Jahren aus der Förderung. Es wäre nun dringen geboten, diese Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern aufzurüsten, von der Einspeisung auf Eigenverbrauch umzustellen. Wir haben das mehrfach angesprochen, aber bis heute ohne Ergebnis.“ Vollzogen worden sei „nun endlich“ die Gründung des Vereins „Zukunftsregion Ahr“.  Aber: „Wenn Energiewende in dieser Eröffnungsveranstaltung nur in einem einzigen Nebensatz Erwähnung findet, dann ist hier Einiges von Grund auf falsch verstanden worden, gerade im Kreis Ahrweiler.“

Christoph Schmitt, SPD-Fraktion: „Der von der Verwaltung vorgelegte Haushaltsentwurf schließt mit einem Defizit von 25 Millionen Euro. Und das   obwohl die Einnahmeseite weiterhin sehr gut aussieht. Wie schon in den vergangenen Jahren zeigt sich die Steuerkraft trotz Pandemie und trotz Flut weiterhin als sehr robust. Die Umlagegrundlage und damit das Umlageaufkommen ist erneut gestiegen und so hoch wie nie zuvor. Auch ohne Umlageerhöhung. Dies verdeutlich also ganz klar: Wir haben kein Einnahmeproblem, wir haben ein Ausgabeproblem. In der Folge würde man von der Landrätin erwarten, dass sie sich diesem Ausgabeproblem annimmt und sinnvolle Einsparpotenziale im Haushalt aufzeigt und klare Sparvorschläge unterbreitet. Aber Fehlanzeige. Aufgrund der Vorberatungen im Dezember und den weiteren Beratungen im Januar musste man den Eindruck haben, dass hier wenig bis kein Problembewusstsein vorhanden ist.“

Johannes Bell, FWG-Fraktion: „Es ist kein Haushalt, der Freude bereitet.“ Der Haushalt sei geprägt Pflichtaufgaben, Personalkosten  sowie der Flut und ihren Folgekosten durch den Wiederaufbau. Innerhalb von drei Jahren habe sich der Schuldenstand des Kreises verdoppelt und das Eigenkapital sei von zehn Millionen auf minus 40 Millionen dahingeschwunden. Dabei gebe es vermeidbare Kosten im Zusammenhang mit der Flut und Liquiditätskredite sei vor der Katastrophe im Ahrtal ein Fremdwort gewesen. Diese seien größtenteils vermeidbar, wenn das Land aufgrund des Maßnahmenplans zum Wiederaufbau Abschlagzahlungen leisten würde. So aber müsste der Kreis in Vorleistung gehen und entsprechende Zinsen bezahlen. Bell bezifferte diese an einem Beispiel von 20 Millionen Liquiditätskredit und einem Zinssatz von fünf Prozent auf eine Millionen Euro pro Jahr. Wichtig sei für die FWG, dass die Kreisumlage stabil bleibe und den Kommunen so mehr Spielraum gegeben werde.

Ulrich van Bebber, FDP-Fraktion: „Der Haushalt ist von einem Sinkflug in den Sturzflug übergegangen, bei dem kein Ende absehbar ist. Man fragt sich, ob im Cockpit überhaupt ein Pilot sitzt.“ Dem Haushalt fehle jegliche Perspektive, „es ist keinerlei Vorsorge getroffen, der Haushalt ist überhaupt nicht nachhaltig“. Es sei naiv zu glauben, „dass das Land uns irgendwann mal jedes Jahr 30 Millionen Euro gibt, damit wir aus den Defiziten herauskommen“. „Wir müssen selbst ran und die Weichen auf Konsolidierung stellen. Das ist allerdings in den letzten Jahren in keiner Weise geschehen. Die Landrätin lässt keinen ernsthaften Willen zum sparsamen Umgang mit Steuergeldern und zur nachhaltigen Haushaltspolitik erkennen. Der Vorschlag der Landrätin, die Kreisumlage zu erhöhen, war ja keine eigene Sparanstrengung, sondern ein Vertrag zulasten Dritter, nämlich der Kommunen, die dann gefälligst sparen sollten.“

Dr. Johannes Hüdepohl, AfD-Fraktion: „Die finanzielle Bewältigung des Wiederaufbaus trägt zusätzlich zu der schlechten Haushaltslage bei. Im Jahr 2023 musste der Kreis erhebliche Zinskosten aufbringen, um Gelder aus dem Wiederaufbaufonds vorzufinanzieren. Und diese Vorfinanzierung für Maßnahmen wird sicher auch 2024 und in den Folgejahren erforderlich sein.  Es ist wichtig, dass das Land den Kreis auch hier nicht im Regen stehen lässt und Wege findet, um die Kreditkosten der Vorfinanzierung im Rahmen der Wiederaufbauhilfe oder anderer Mechanismen zu übernehmen. Es ist unumgänglich, dass der Kreis bei diesem Thema unbürokratisch und schnell Unterstützung seitens des Landes erhält.“

Wolfgang Huste, Linke: „Die schwarze Null ist für uns kein Dogma. Zwei Millionen Euro Flutzulage sind Peanuts.“

Beschlossene Anträge: Die Landrätin und die Werkleitung des Eigenbetriebs Schul- und Gebäudemanagement werden aufgefordert, bis zur Sitzung des Werksausschusses am 22. April ein Konzept vorzulegen, wie das Tempo beim Wiederaufbau der kreiseigenen Schulen deutlich erhöht und die wirtschaftliche Steuerung so verbessert werden kann, dass die Inanspruchnahme von Liquiditätskrediten zur Finanzierung des Wiederaufbaus künftig weitgehend vermieden werden kann. Hierbei soll auch berücksichtigt werden, an welcher Stelle, in welchem Umfang und mit welchen konkreten Aufgabenstellungen künftig auf die Unterstützung externer Projektsteuerer zurückgegriffen werden kann (SPD-Antrag). – Die für den Sitzungsdienst zusätzlich beantragte Stelle (A 11) wird gestrichen (FDP-Antrag). – Die Stelle für den dritten Pressesprecher wird gestrichen (FDP-Antrag). GS