Ausstellungseröffnung „Uhrtürmer und Gäste“ in Dierdorf - Junge Künstler wagen hier den Schritt in die Öffentlichkeit

Wo aus Chaos Kunst wird

Wo aus Chaos Kunst wird

Der Künstler und Mitorganisator Ulrich Christian begrüßte die Gäste der Vernissage und nahm sie mit auf eine gedankliche Reise durch die Stockwerke des Uhrturms. KER

Wo aus Chaos Kunst wird

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Dierdorf. Es sieht ja immer alles sehr ordentlich aus, wenn die Galerie Uhrturm in Dierdorf zur Ausstellung ruft. Bis dahin ist es aber oftmals ein weiter Weg. Besonders bei der aktuell am Sonntag eröffneten Ausstellung „Uhrtürmer und Gäste“ war es wieder so. Mit-Organisator Ulrich Christian sagt vor der Eröffnung zu BLICK aktuell: „Wenn 17 Leute gleichzeitig mit Bildern ankommen, dieses Chaos, wie das hier drin aussieht, das will ich ein bisschen beschreiben! Wie dann Struktur reinkommt, bis alle zufrieden sind und die Ausstellung steht.“

Zu den Eröffnungsgästen sagte Christian: „Zu Beginn der Woche trafen wir uns zum Aufbau der Ausstellung im Turm. Wie sieht das aus, wenn 17 Leute, bepackt mit Bildern der unterschiedlichsten Formate und plastischen Werken zur gleichen Zeit in den Turm kommen? Anfänglich ist es ein großes Gewusel, die engen Treppen hoch, auspacken, zeigen, beratschlagen, verteilen, ändern, eventuell wieder treppauf oder treppab, störende Verpackungen wegbringen, Rundgang, alle sind einverstanden! Dann geht es los mit Hammer, Zange, Wasserwaage, Nägeln, Dübeln, Schrauben. Auf allen Etagen wird gleichzeitig gewerkelt. Dann kehren, putzen, staubsaugen, und es folgt sofort eine Gruppe mit Nummern für die Preisliste. Fertig. Luftholen! So haben wir eine Ausstellung gestaltet, von der wir natürlich hoffen, dass sie Ihnen gefällt.“

Sein besonderer Gruß galt den neun Künstlerinnen und Künstlern, die als Gast mit die Ausstellung präsentieren. Es sind: Thomas Bernstein, Inge Kull, Viona Kurtz, Christoph Liesendahl, Paul Pütz, Lydia Reimsche, Lara Stefan, Heinz Wehner und Melanie Weis.

In den letzten Jahren haben auf diese Weise 40 Gastkünstler ihre Arbeiten im Dierdorfer Uhrturm zeigen können. Für viele von ihnen ist es das erste Mal, dass sie sich mit ihren Kunstwerken der Kritik der Öffentlichkeit stellen.

Fotografie und Plastiken

Mit einem gedanklichen Rundgang durch die vier Etagen des Turmes machte Ulrich Christian die Gäste der Vernissage neugierig auf das, was sie anschließend sehen würden. Zunächst die Fotografie: „Mit diesem Metier haben sich vier Künstlerinnen und Künstler beschäftigt. Die Begeisterung für die kleinen Besonderheiten in der Natur zeigen sowohl Lara Stefan als auch Viona Kurtz. Der geheime Platz eines Vogels oder der Anflug einer Biene auf eine Kirschblüte sind kleine Glücksmomente für den Betrachter. Aber auch der Blick für ein Obststillleben, den Elbtunnel, Blüten oder Wassertropfen zeigen die wachsende Sensibilität für das Ästhetische. Wolfgang Tischler zeigt Fotos von seiner Afrikareise.“

Das plastische Werk wird – mit Überschneidungen – ebenso von vier Künstlern vertreten. Paul Pütz gestaltet viele kleine Dinge ganz groß. Durch dieses bildnerische Mittel führt er zum Beispiel einen Frosch aus weißem Carrara-Marmor vor und schafft so ein langes Verweilen vor diesem schönen Teichgeschöpf. Eine besondere Arbeit stellt sein Boot dar. Das Boot ist dicht gedrängt voll mit Flüchtlingen. Zunächst erfährt das Boot eine Leichtigkeit durch die Hängung, es scheint zu schweben. Bedrohend wirken dann im Hintergrund die Meereswellen, welche Arbeiten von Ulrich Christian selbst sind und in unmittelbarer Nähe zu den Bootsflüchtlingen platziert wurden. Auch Heinz Wehner ist mit zwei Plastiken im Turm vertreten. Besonders seine kinetische Skulptur aus metallischen Fundstücken liefert ein immer wieder neues Licht- und Schattenspiel. Tomas Bernsteins Plastik zeigt ein blasenförmiges Gebilde, das aus einem Rohr aus der Wand kommt. Wo kommt es her? Was entsteht? Gutes? Böses? „Unsere Welt bietet alles. Man muss nur warten!“, sagte Ulrich Christian dazu.

Die beiden zuletzt genannten Künstler sind aber auch im zeichnerischen und malerischen Bereich vertreten. Bernstein zeigt eine große Tuschearbeit mit dem Titel „Sieben Buchen“ und führt so in den heimatlichen früheren Wohnort Freirachdorf. Wehner gestaltet Werke im Bereich der Mischtechnik, Fundstücke aus Metall, Holz, Papier werden zusammen mit Sand und Farben zu sensiblen Kunstwerken gestaltet und finden so eine surreale Wirkung. Christoph Liesendahl arbeitet in ähnlicher Manier.

Von Daniela Schneider sind zunächst drei kleine Arbeiten zu sehen, die in Kombination von Materialabdruck und Tuschezeichnung Kopfstudien zeigen. Die große malerische Ausführung zeigt dann zwei Männerportraits. Große, offene Augen schauen den Betrachter an. Karl-Heinz Dominicus zeigt drei Motive aus seiner Wahlheimat Kreta. Den großen Bereich der Acrylmalerei eröffnet ein Werk von Axel Riedrich. Er entführt mit seinem in naturalistischer Manier gemalten Bild nach Havanna. Eine wohl unvergessliche Cuba-Reise hat ihn inspiriert.

Werke aus der Acrylmalerei

Die Malerin Inge Kull zeigt Werke aus dem Bereich der Acrylmalerei. An manchen Stellen hat sie aber in sehr geschickter Manier verschiedene Papiere – speziell Servietten – in ihr Bild integriert. So entstehen beeindruckende Werke, die in ihrer Gestaltung an kubistische Einflüsse und Art-Deco-Aspekte erinnern. Verblüffende Details in den Bildern ziehen ergänzend den Betrachter in ihren Bann.

Zwei Uhrtürmerinnen, nämlich Helga Gans-Eichler und Helmi Tischler-Venter, sind ebenso mit Werken der Acrylmalerei vertreten. Lydia Reimsche hat ihre Motive in Maria Laach gefunden. Melanie Weis hat in ihren Malereien das Thema Wolf aufgegriffen.

Musikalische Untermalung

Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung von der Saxophonistin Selina Hammer aus Ellenhausen, die auf dem Martin-Butzer-Gymnasium zur Schule geht. Zu sehen ist „Uhrtürmer und Gäste“ bis zum 28. Mai, jeweils samstags von 14 bis 17 und sonntags von 14 bis 18 Uhr. An Christi Himmelfahrt, 25. Mai, ist die Ausstellung ebenfalls von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Viele Objekte sind käuflich erwerbbar.