Prof. Henner Herrmanns ließ seine Studenten Bauten mit Bleistift und Papier erfassen

Über Zeichnungen dieArchitektur verstehen lernen

Über Zeichnungen die
Architektur verstehen lernen

Die Koblenzer Liebfrauenkirche perspektivisch dargestellt von dem ehemaligen Architekturstudenten Gideon Karnath.

Koblenz. Prof. Henner Herrmanns ist als freier Architekt in Vallendar niedergelassen. 1990 wurde er an die Hochschule Koblenz berufen als Professor für freies Gestalten, Entwerfen, Gestaltung, Architekturtheorie, Bau- und Kunstgeschichte. Zum Ende des Wintersemesters 2015/16 beendete er seine Lehrtätigkeit. Zum Abschied von der Hochschule organisierte er Ende vorigen Jahres dort eine Ausstellung von knapp einhundert Zeichnungen, die die Architekturstudenten/innen in den letzten 25 Jahren im Rahmen seiner Lehrveranstaltungen anfertigten. Um Kirchen und historische Bauwerke sehen und zeichnen zu lernen, das Spiel mit Licht und Schatten zu üben, fuhr Herrmanns mit den Studenten in Städte wie Venedig, Mailand, Rom und Wien, Salzburg und Prag. Aber auch in Koblenz waren sie regelmäßig unterwegs, um Bauten, die das Stadtbild prägen, mit Bleistift und Papier festzuhalten. Begehrte Zeichenobjekte waren vor allem die Kirchen in der Altstadt, die detailliert in ihrer ganzen Vielfältigkeit zeichnerisch wiedergegeben wurden. In den manuellen Skizzen spiegelt sich natürlich die persönliche Handschrift des Zeichners, sagt Herrmanns, aber über eine genießerische ästhetische Reaktion hinaus diene die Zeichnung dem Verstehen der Architektur. Für sein Fachgebiet Baugeschichte und auch für seine Lehre der Architekturtheorie habe das Zeichnen zudem einen schönen Nebeneffekt gehabt: Das in den Vorlesungen Besprochene, die Merkmale einer Bauepoche, konnten von den Studierenden vor dem Objekt sitzend sehr speziell wahrgenommen werden. Jedes Detail wie Dachreiter, gotische Fenster, Fialen, Rundbogenfriese, Säulen und vieles mehr prägten sich dem Zeichner auf diese Weise ganz anders ein als es bei einem Fotografen der Fall ist.

Zeichnungen werden vorgestellt

In lockerer Serie wird Blick aktuell nun Zeichnungen vorstellen, die in Prof. Herrmanns Zeichenklasse entstanden sind. Heute ist es eine Zeichnung, auf der die Koblenzer Liebfrauenkirche perspektivisch dargestellt ist. Gefertigt wurde sie von dem ehemaligen Architekturstudenten Gideon Karnath. Die mit dem Bleistift festgehaltene mittelalterliche Kirche prägt mit ihrer Doppelturmfassade, bekrönt von sogenannten „Welschen Hauben“, die Silhouette von Koblenz. Skizziert wurde das Motiv mit einem 6-B-Stift auf Zeichenkarton 50 x 75 cm; anschließend wurde es sparsam aquarelliert. Der Zeichner hat sich auf das Wesentliche konzentriert; denn zeichnen heißt weglassen. Obwohl nicht alles zu sehen ist, sind die Striche richtig gesetzt, so dass der Betrachter durch die Suggestion des „pars pro toto“ (ein Teil [steht] für das Ganze) ein vollständiges Bild erhält. In ihrer Wirkung unterstützt wird die Zeichnung durch den Linienduktus: Jede Linie hat einen kontrollierten Anfang und ein Ende. Dem Zeichner ist es gelungen, die Größe des Sakralbaus, seine Oberflächengestalt und Farbigkeit treffend wiederzugeben.