Das Willy-Brandt-Forum hatte zu einer Lesung geladen

„Wir kommen wieder“

„Wir kommen wieder“

Vor der Lesung tauschte sich Udo Scheer mit Klaus Hopf und Heike Arend über die Kunstaktion aus. DL

Unkel. Am Freitag hatte der Vorsitzende des Willy-Brandt-Forums, Christoph Charlier, in den von Klaus Hopf gestalteten Multifunktionsraum eingeladen, wo Udo Scheer aus seinem Buch „Wir kommen wieder - Plauen 89 - Eine Stadt demonstriert sich nach Deutschland“ las. Begrüßen konnte er dort neben dem Schriftsteller auch Maler Hopf mit seiner Frau Heike Arend sowie das Kuratoriumsmitglied Norbert Knoppik. Bei den Recherchen für sein Buch Buch, für das er mit dem Preis der Bundeszentrale für Politische Bildung „Geschichte erinnern - Gegenwart gestalten“ 2014 ausgezeichnet wurde, hatte Scheer Hopf kennengelernt.

„Mit dem Versprechen ‚Wir kommen wieder‘ am 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag der DDR, und zwei Tage vor der großen Montagsdemonstration in Leipzig, hat sich in Plauen erstmals in der DDR eine Massendemonstration friedlich aufgelöst“, blickte Charlier in seiner Einführung zurück. Mit im Brennpunkt war der damalige Kirchenhausmeister Klaus Hopf als Mitbegründer der Plauener Opposition.

Udo Scheer kam zunächst auf die Wahlen der Volksvertreter in Gemeinden, Städten und Kreisen im Mai 1989 zu sprechen. „Es stand nur die Liste der Nationalen Front zur Auswahl, wobei kaum einer damals wusste, dass eine Nein-Stimme nur anerkannt wurde, wenn auf der Liste jeder einzelne Name säuberlich durchgestrichen worden war“, erinnerte der Autor. Erstmals wurden auch in Plauen etwa die Hälfte der Wahlbüros von oppositionellen Kräften kontrolliert, die auf acht bis zehn Prozent Nein-Stimmen kamen. Als dann durch Egon Krenz im Fernsehen das Ergebnis mit 98,85 Prozent bekannt gegeben wurde, konnte der Staatsführung Wahlfälschung nachgewiesen werden. Am 16. Mai erhoben Plauener Oppositionelle Einspruch gegen das amtliche Ergebnis der Wahlen, das für ihre Stadt mit 96,18 Prozent für die Kandidaten der Einheitsliste angegeben worden war.

„Der Werkzeugmacher Jörg Schneider hat dann zur Demonstration auf dem Theaterplatz aufgerufen. In dem Flugblatt, das er in der Nacht zum 3. Oktober mit einigen Freunden verteilte und in dem er Meinungs- und Pressefreiheit sowie freie Wahlen forderte, hat er ein bis dahin in dieser Form noch nicht da gewesenes Ereignis ausgelöst“, so Scheer.

„Die staatlichen Sicherheitskräfte waren auf Störungen der Festlichkeiten des Jahrestages in Plauen durchaus vorbereitet, hatte aber nicht mit solchen Menschenmassen gerechnet“, so Scheer. Dabei habe es sich zunächst nicht generell um Demonstranten gehandelt. Erst als die Staatssicherheit mit Hunden ohne Maulkorb, Knüppeln und Wasserwerfern der Feuerwehr vorgegangen sei, hätten sich alle der Demonstration angeschlossen, über der gefährlich niedrig ein Helikopter gekreist sei, schilderte der Autor die Situation, die kurz davor stand, alles andere als friedlich zu enden.

Superintendent Thomas Küttler habe dann später versucht, in das von Sicherheitskräften abgeschirmte Rathaus vorzudringen, um mit dem Oberbürgermeister zu sprechen. Nach einigen Versuchen konnte er der Menschenmenge dann berichten, der Oberbürgermeister sei bereit im Laufe der nächsten Tage mit ihnen zu sprechen, so dass es zu einer Deeskalation kam. Das war das erste Mal, dass der Staatsmacht ein Dialog abgerungen und damit die Demonstration als legitim anerkannt wurde. „Das hinderte die Staatssicherheit nicht, Demonstranten festzunehmen und schikanös zu behandeln. Oberbürgermeister Norbert Martin spricht am 12. Oktober über Reisefreiheit und Zulassung politischer Gruppen mit 25 Oppositionellen, die in Plauen das ‚Neue Forum‘ gründen, das ein Büro bei Klaus Hopf einrichtet“, beendete Udo Scheer seine Lesung mit dem Maler des „Aufrechten Gangs“.