Sondersitzung des Kreistages am 7. Februar 2020

3 Millionen für das GK Mittelrhein

3 Millionen für das GK Mittelrhein

Symbolbild. Foto: geralt/Pixabax

Koblenz. Schon vor der letzten Kommunalwahl im Mai 2019 war dem Kreistag Mayen-Koblenz eine schwieriger werdende finanzielle Situation des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein (GKM) bekannt. Aktuell befindet sich das Klinikum in einer tiefen Liquiditätskrise und damit in „schwerem Fahrwasser“. Die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit kann nur noch mit einer Ausweitung des finanziellen Engagements aller Gesellschafter aufrecht erhalten werden. Darum ging es in einer Sondersitzung des Kreistages am Abend des 7. Februar.

Bereits am Vortag hatte der Stadtrat Koblenz seine Bereitschaft bekräftigt, das Unternehmen inanziell zu stärken. Über die Höhe der bereitgestellten Mittel machte die Stadt jedoch keine Angaben. Am Donnerstag war der Kreistag gefordert und kam seiner Verantwortung gegenüber rund 4.000 Mitarbeitern und 180.000 Patienten einstimmig nach. Der Landkreis wird in seiner Eigenschaft als Gesellschafter des GKM ein Darlehen von bis zu 3 Mio. Euro bereitstellen. Die Deckung dieser erheblichen außerplanmäßigen Ausgabe soll durch noch nicht näher bezifferte Einsparungen im Investitionshaushalt erfolgen oder im Rahmen eines noch zu beschließenden Nachtragshaushalts. Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde ADD. Und die wird dabei wohl auch intensiv prüfen, ob mit der Darlehnsgewährung nicht gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen wird.

Doch wie ist es zu dieser unschönen Situation gekommen? 

Starke Kritik an der Arbeit der GeschäftsführungIm November, bei der Verabschiedung des zum Jahresende 2019 nach dreieinhalbjähriger Tätigkeit ausscheidenden kaufmännischen Geschäftsführers Martin Stein, hatte Aufsichtsratsvorsitzender Bernd Vohl diesen noch mit großen Worten gelobt und betont: „In dieser Zeit hat er viele zukunftsweisende Projekte auf den Weg gebracht und das Unternehmen gemeinsam mit Dr. Moritz Hemicker strategisch und wettbewerbsfähig positioniert“. Wenige Wochen später schon steht dieses „wettbewerbsfähige“ Unternehmen kurz vor der Pleite. Kreistagsmitglied Bernhard Mauel, ehemals selbst Geschäftsführer des GKM, bezeichnete diese öffentlich verwandten Formulierungen des Aufsichtsratsvorsitzenden als „absolutes No-Go“ und als eine Verklärung anders bekannter Tatsachen.

In ihren Haushaltsreden Mitte Dezember gingen die Fraktionen des Kreistages, teilweise sogar recht heftig, mit der Geschäftsführung des Gemeinschaftsklinikums ins Gericht. So bezeichnete CDU-Fraktionsvorsitzender Moesta schon damals die „flüchtigen“ Geschäftsführer, die sich nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Hütten „vom Acker gemacht hätten“, als vielleicht mit Sekundärtugenden ausgestattet, aber nicht mit Talenten, weshalb sie durch falsches Standort-, Kosten- und Personalmanagement die Erosion des Geschäftsmodells des Klinikums eingeleitet hätten. Es sei höchste Zeit, die Geschäftsführung mit Personen zu besetzen, deren Kompetenz nicht auf dem Papier steht, sondern in bisheriger Tätigkeit bewiesen wurde.

Das Unternehmen GKM selbst betont, es sei vor allem aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung im vergangenen Jahr in finanzielle Schieflage geraten. So hätten einzelne Standorte in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres einen Leistungsrückgang im stationären Krankenhausbereich verzeichnet. Ein Grund dafür sei der Fachkräftemangel im Gesundheitssektor heißt es vom Klinikum.

Es kann zwar vermutet werden, dass die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung im Gesundheitswesen an allen Häusern des GKM nicht spurlos vorüber gegangen sein wird. Insbesondere der Leistungsrückgang des Standorts Mayen wird hier zwischen den Zeilen immer wieder angeführt. SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Hütten betonte an diesem Beispiel lautstark und deutlich, dass die Defizite in Mayen nicht entstanden seien wegen falscher Mitarbeiter, schlechter Pflege oder überhöhter Forderungen von Chefärzten. Der Schaden sei vielmehr entstanden, weil das Management des GKM sich sogar getraut hatte, Chefärzte aus der laufenden Visite heraus abzuberufen. Diese Dinge seien menschlich und auch wirtschaftlich nicht tragbar gewesen, so Hütten. Der „Fachkräftemangel im Gesundheitssektor“ ist inzwischen vor allem in der Pflege offenbar, liegt Insider-Einschätzungen zufolge jedoch in Mayen vor allem im Weggang der Chefärzte Dr. Maasberg und Dr. Rüdelstein begründet, denen weitere Fachärzte folgten sowie anderes Personal. Dies führte zur zeitweisen Schließung der Inneren Abteilung. Dass das aber keine Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Bevölkerung gehabt habe, wurde stets vom Medizinischen Geschäftsführer Dr. Hemicker betont.

Weitere Geldgeber würden Reinvestitionen schmälernDer Kreistag hat in seinem Beschluss dem Kreisausschuss auch die Entscheidung dazu übertragen, vorbereitend für Verhandlungen über die Beteiligung „etwaiger weiterer Gesellschafter“ die Bedingungen und mögliche Anforderungen festzulegen. Über die eigentliche Beteiligung als solche entscheidet aber wieder der Kreistag selbst. Einen privaten und finanzkräftigen Krankenhausinvestor als weiteren Gesellschafter mit ins Boot zu holen, könnte die akuten Probleme zwar zunächst lösen. Allerdings würde er später eventuelle Sanierungsgewinne für seine Geldgeber abziehen oder mindern. Der Klinikverbund sollte zur Sicherstellung einer optimalen medizinischen Versorgung in der Region aber Überschüsse wieder ungeteilt reinvestieren können, etwa in eine bessere Ausstattung oder die Mitarbeiter. So jedenfalls sieht es der Betriebsrat. Aus dessen Sicht ist es deshalb wünschenswert, einen so großen Klinikverbund vollständig in öffentlicher Hand zu belassen. Dies sei ebenfalls erklärtes Ziel des Gesellschafters Landkreis Mayen-Koblenz, versicherte der Erste Kreisbeigeordnete Burkhard Nauroth. Und der sitzt schließlich in der Gesellschafterversammlung des GKM als oberstem Beschlussorgan.

Für die Mitarbeiter des GKM fügte der Kreistag auf Vorschlag des SPD-Fraktionsvorsitzenden Hütten einen sehr wichtigen Passus in die Beschlüsse des Tages ein. Der kurz vor Ende der Beratungen eingebrachte, aber auf allgemeine Zustimmung treffende Antrag drückt die feste Erwartung des Kreistages aus, das Unternehmen GKM möge zur weiteren Stabilisierung seiner Liquidität auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. WEC