Bürgerentscheid zur Umsetzung eines Factory Outlet Centers

Am 13. Januar 2019 dürfen die Grafschafter Bürger entscheiden

Am 22. Oktober um 18 Uhr soll es eine Informationsveranstaltung geben, bei der der Investor seine Pläne noch einmal ausführlich darlegt

25.09.2018 - 14:31

Grafschaft. Der Termin für den Bürgerentscheid zur Umsetzung eines Factory Outlet Centers (FOC) in der Gemeinde Grafschaft steht fest. Am Sonntag, 13. Januar 2019, dürfen die Grafschafter Bürger darüber entscheiden, ob ein FOC am Rande des Innovationsparks Rheinland gebaut werden soll oder nicht. Das empfiehlt der Haupt-, Finanz-, Personal- und Vergabeausschuss dem Gemeinderat, der am kommenden Donnerstag, 27. September, die endgültige Entscheidung trifft. Dagegen votierten die SPD und die Grünen, denn sie hätten es lieber gesehen, wenn der Bürgerentscheid am gleichen Tag stattgefunden hätte wie die nächste Kommunalwahl, nämlich am 26. Mai 2019.

Festgelegt wurde auch der zeitliche Ablauf bis zum Tag des Bürgerentscheids, wobei eine Reihe von gesetzlich vorgeschriebenen Fristen einzuhalten waren. So soll es am Montag, 22. Oktober, um 18 Uhr eine Informationsveranstaltung in der Ringener Turnhalle geben, bei der der Investor Neinver seine Pläne der Bevölkerung noch einmal ausführlich darlegen soll. Schon drei Tage später, am 25. Oktober, muss dann der Gemeinderat zwei wichtige Entscheidungen treffen. Zum einen wird die konkrete Frage festgelegt, über die die Bürger genau abstimmen dürfen. Diese müsse so gestellt sein, dass sie eindeutig mit Ja oder Nein beantwortet werden könne. Zudem müsse sie sich, so Bürgermeister Achim Juchem (CDU), konkret auf einen Verfahrensschritt hinsichtlich der Umsetzung eines FOC in der Gemeinde Grafschaft beziehen, sodass die Entscheidung der Bürger in der Folge unmittelbar einem Ausführungsbeschluss des Gemeinderats entspreche.


Gemeinderat muss seine eigene Position finden


Zugleich muss der Gemeinderat seine eigene Position zu dem Thema formulieren, die über die eigentliche Darstellung der Faktenlage hinaus auch deren Bewertung einschließt. Sollte es unterschiedliche Meinung im Rat geben, sei es auch möglich, diese abweichenden Minderheitsmeinungen ebenfalls zu veröffentlichen. Dies diene nicht zuletzt auch einer differenzierenden Information der Bevölkerung. Alles in allem rechnet man bei der Gemeindeverwaltung mit Kosten von etwa 7500 Euro für die Durchführung des Bürgerentscheids, was auch im Haushalt für 2018 außerplanmäßig bereitgestellt wurde.

Hubert Münch (SPD) fand, drei Tage zwischen der Informationsveranstaltung und der Ratssitzung seien zu kurz zum Formulieren einer Position, zumal die SPD eigentlich noch einen Mitgliederentscheid vorschalten wolle. „Wir sehen keinen Grund für so eine halsbrecherische Eile“, fand er. Man solle sich für diese Entscheidung mehr Zeit lassen, zumal es einen großen Diskussionsbedarf in der Bevölkerung gebe. Außerdem wolle man auch in die Entscheidung mit einbeziehen, was die Bürger bei der Informationsveranstaltung äußerten. „Durch die Ansiedlung von Haribo hat sich die Geschäftsgrundlage geändert – auch in den Augen der Bevölkerung“, war er überzeugt.


Auch die Gegenpositionen sollen gehört werden


Mathias Heeb (Bündnis 90/Die Grünen) wünschte sich zudem, dass bei der Informationsveranstaltung auch Gegenpositionen vorgetragen werden dürften, etwa zur Frage der landesplanerischen Zulässigkeit. Zumindest fand er es unglücklich, wenn nur die Sichtweise des Investors dargestellt werde. Allerdings räumte er selbst ein, dass ja die Fraktionen ihrerseits eigene Informationsveranstaltungen zu dem Thema anbieten könnten, was auch Juchem bestätigte.

Roland Schaaf (CDU) war hingegen überzeugt, dass drei Monate zwischen dem Gemeinderatsbeschluss und dem Bürgerentscheid genug Zeit sei, um die Bürger sachgerecht und umfassend über das Thema zu informieren. Abgesehen davon könne man in den drei Tagen zwischen der Bürgerinformation und der Ratssitzung durchaus die Position der einzelnen Fraktionen festlegen, „denn wir haben ja einen ganz anderen Informationsstand als die Bürger.“ Schließlich sei man schon seit zehn Jahren mit dem Thema befasst und kenne den Stand der Dinge genau. So sah es auch Reinhold Hermann (FWG), der davon ausging, dass sich gegenüber dem bisherigen Informationsstand der Ratsmitglieder keine wesentlichen Neuerungen ergeben könnten. So lehnte die Mehrheit des Ausschusses den Vorschlag der SPD ab, die ganze Sache zeitlich zu entzerren und den Tag des Bürgerentscheids auf den 26. Mai 2019 zu legen.


Die Historie des Factory Outlet Centers seit 2008


Rückblick: Anfang 2008 war die „Bodengesellschaft Amsterdamer Straße“ mit der Idee an die Gemeinde herangetreten, ein Factory Outlet Centers (FOC) im Innovationspark zu bauen. Die Gemeinde hatte daraufhin im Oktober 2008 eine städtebauliche Rahmenvereinbarung mit dem Investor abgeschlossen mit dem Ziel der Entwicklung und Realisierung eines Premiumcenters. Hierfür hatte die Gemeinde dem Investor Flächen innerhalb des Innovationsparks Rheinland für drei Jahre reserviert. Damals hatte der Investor eine touristische Studie und eine Verträglichkeitsanalyse erarbeiten lassen, die zum einen die touristischen Chancen für die Region belegten und die Verträglichkeit des Projekts in Bezug auf die Kaufkraft bestätigten. Da allerdings nach Ablauf der drei Jahre ein positiver Zielabweichungsbescheid der obersten Landesplanungsbehörde nicht vorlag, hatte die Gemeinde den Rahmenvertrag im September gekündigt.

Bereits im gleichen Jahr bekundeten jedoch weitere Investoren ihr Interesse für ein FOC in der Grafschaft. Auf Grundlage einer Marktanalyse kamen die neuen Investoren aber zu dem Schluss, dass sich die Flächen im Innovationspark Rheinland für die Einrichtung eines FOC nicht eigneten, da das zur Verfügung stehende Areal zu kleinräumig sei. Die Projektgemeinschaft MAB Development/ Neinver konkretisierte auf Grundlage dieser Marktanalyse einen Projektvorschlag außerhalb des Innovationsparks Rheinland, neben dem Kreisel oberhalb von Beller. Dieser Projektvorschlag wurde noch 2011 der Politik vorgestellt.


Raumordnerische Zulässigkeit abklären


In den Folgejahren habe man die weitere Vorgehensweise zur Ansiedlung eines FOC mehrfach zwischen der Politik und dem Projektentwickler MAB/Neinver abgestimmt. Im Mai 2014 beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, mit der BIS Outlet Ahrtal GmbH, einer Tochtergesellschaft von Neinver, eine städtebauliche Rahmenvereinbarung abzuschließen. Darin sollte die raumordnerische Zulässigkeit eines FOC abgeklärt werden, wozu auch die Vorlage einer Verträglichkeitsanalyse sowie einer Auswirkungsanalyse gehörte. Die Auswirkungsanalyse wurde im Gemeinderat im Januar 2016 vorgestellt. Demnach sei ein gravierender Kaufkraftabfluss aus den benachbarten Kommunen nicht zu erwarten, wodurch die wirtschaftliche Verträglichkeit des geplanten FOC bestätigt werde.

Für die Umsetzung des FOC seien jedoch nach wie vor sowohl ein Zielabweichungsverfahren als auch ein Raumordnungsverfahren erforderlich, heißt es aus der Gemeindeverwaltung. Einer Zielabweichung für die Gemeinde Grafschaft stehe das Land bisher ablehnend gegenüber, da man keinen Präzedenzfall schaffen möchte. Gegen einen negativen Zielabweichungsbescheid könnte beim Oberverwaltungsgericht Klage erhoben werden, wobei die Erfolgsaussichten zurzeit nicht abschätzbar seien. Bei einem positiven Zielabweichungsbescheid müsse man hingegen mit Klagen der Nachbarkommunen rechnen.


Positive Impulse für die Wirtschaft erwartet


Ausweislich der vorliegenden Gutachten seien nach Ansicht der Gemeindeverwaltung von dem Projekt positive Impulse für die Wirtschaft des gesamten Kreises zu erwarten. Für die Grafschaft würde das FOC demnach einen Garanten für weitere Arbeitsplätze darstellen, das Steueraufkommen stärken und den Konsumenten einen Einkauf vor Ort ermöglichen. Diesen Vorteilen stünden allerdings auch Nachteile, insbesondere aufgrund einer weiteren großen Flächenversiegelung gegenüber. Neben der zu erwartenden ökologischen Beeinträchtigung habe dies auch einen weiteren Flächenentzug für die Landwirtschaft zur Konsequenz.

Außerdem verursache das FOC ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, nach Aussage des Investors rechne man mit 5000 Pkw pro Tag. Dies führe nach Ansicht des Investors aber weniger zu einer Belastung des innergemeindlichen Straßennetzes, als vielmehr zu einem erhöhten Verkaufskommen auf der Autobahn A 61. Auch nach Einschätzung des Gutachters werde das FOC zum allergrößten Teil über die A 61 angefahren. Allenfalls im Staufall würde das innergemeindliche Straßennetz zur Umfahrung des Staus frequentiert. JOST

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