Dringlichkeitssitzung des Gemeinderates Grafschaft

Auch die Opfer der Flutkatastrophe aus den Nachbarkommunen erhalten Hilfe

Auch die Opfer der Flutkatastrophe aus den Nachbarkommunen erhalten Hilfe

Zu Beginn der Dringlichkeitssitzung hielt der Grafschafter Gemeinderat eine Gedenkminute für die Opfer der Flutkatastrophe ab.Foto: Jost

Grafschaft. In der Stunde der Katastrophe handelt der Grafschafter Gemeinderat schnell und unbürokratisch. Darüber hinaus denkt das Gremium nicht nur an seine eigene Infrastruktur und die Grafschafter Bürger, sondern auch an die noch schwerer getroffenen Nachbarkommunen. In einer eilig einberufenen Dringlichkeitssitzung beschloss das Gremium einstimmig, den betroffenen Grafschafter Bürgern als Soforthilfe einen Betrag von 200 Euro für jede im Haushalt lebende Person auszuzahlen. Außerdem sollen Bürger, die keinen Versicherungsschutz haben, für Hausratsschäden in Wohnräumen eine weitere finanzielle Hilfe erhalten, die sich nach der Höhe des Schadens richtet. Schließlich will die Grafschaft auch noch einen neuen Kindergarten errichten, in dem ausschließlich die Kinder aus den Nachbarkommunen betreut werden sollen, bis deren teilweise völlig zerstörten Kindertagesstätten in den Verbandsgemeinden Adenau und Altenahr sowie in Bad Neuenahr-Ahrweiler und Sinzig wieder aufgebaut und einsatzbereit sind. Diese Solidaritätsmaßnahme will sich die Goldbärchen-Gemeinde vorerst eine Million Euro kosten lassen. Wobei allen Ratsmitgliedern klar war, dass noch sehr viel mehr nachbarschaftliche Unterstützung über Jahre hinweg notwendig werde.

Nachhaltige Unterstützung

im Infrastrukturbereich

„Die Gemeinde bekundet ausdrücklich ihre Solidarität mit den vier betroffene Nachbarkommunen“ heißt es in dem Beschluss vom Montagabend. Der Rat sei überzeugt, dass die Nachbarn angesichts der extremen Schäden nachhaltige Unterstützung im Infrastrukturbereich benötigten. Anstatt einer Geldspende werde man die Nachbarn mit dem Bau einer weiteren Kindertagesstätte unterstützen und beauftragte die Verwaltung, zunächst bis zu einem Grenzbetrag von einer Million Euro den Bau einer Kita in Modulbauweise vorzubereiten. Wobei allerdings auch klargestellt wurde, dass es sich nur um die Räumlichkeiten und nicht um das Personal handle. Die weiteren Beschlüsse sollen dann durch den Gemeinderat in einer weiteren Sondersitzung getroffen werden.

Nachdem zunächst einmal die Dringlichkeitssitzung festgestellt worden war, um weitere Folgeschäden an der Infrastruktur der Gemeinde zu vermeiden und zugleich Hilfeleistungen für die Bürger freigeben zu können, berichtete Bürgermeister Achim Juchem (CDU) über insgesamt 109 Einsatzmeldungen der Freiwilligen Feuerwehr in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag. Spitzenreiter war Gelsdorf mit 50 Meldungen, in Esch gab es 18, in Holzweiler 15 und in Vettelhoven zwölf Einsätze der Kameraden. Allerdings gebe es dabei eine hohe Dunkelziffer, denn allein in Holzweiler habe Ortsvorsteher Wilhelm Dreyer (FWG) nicht weniger als 90 Schadstellen gemeldet, deshalb sei also eine Prüfung vor Ort notwendig.

1,2 Millionen Euro

zur Beseitigung der

Infrastrukturschäden

Um die dringendsten Infrastrukturschäden zügig zu beseitigen, bewilligte der Gemeinderat deshalb Ausgaben von 900.000 im Unterhaltungsbereich sowie von 300.000 Euro im Investitionsbereich. Die Mittel sollen in einem zweiten Nachtragshaushalt veranschlagt werden, erst vor wenigen Wochen war der erste Nachtragshaushalt 2021 verabschiedet worden mit einem Defizit von 2,8 Millionen Euro.

Außerdem sprach sich der Gemeinderat für Hilfeleistungen für die betroffenen Grafschafter Bürger aus. Dafür werden weitere 200.000 Euro außerplanmäßig zur Verfügung gestellt. Die betroffenen Bürger sollen als Soforthilfe für Bekleidung und sonstige Dinge des täglichen Bedarfs 200 Euro für jede im Haushalt lebende Person erhalten. Voraussetzung ist, dass Wohnräume durch das stark Regenereignis geschädigt worden und ein Schaden an Bekleidung und den Dingen des täglichen Bedarfs entstanden ist. Die Auszahlung des Geldes soll grundsätzlich vor Ort in bar durch den jeweiligen Ortsvorsteher und einen Bediensteten der Gemeindekasse erfolgen. Auf schriftlichen Antrag ist auch eine Banküberweisung möglich.

Nichtversicherte Bürger

erhalten eine Hilfeleistung

Weiter enthalten betroffene Bürger, die keinen Versicherungsschutz haben, bei Hausratschäden in Wohnräumen eine Hilfeleistung, die nach einer gestaffelten Tabelle erfolgt. So erhält etwa ein Alleinstehender mit einem geringen Haushaltsschaden 500 Euro. Ein Ehepaar mit mittlerem Hausratschaden kann 1200 Euro erhalten, und eine Familie mit vier Kindern und hohem Hausratsschaden sogar 4000 Euro. Die Gemeindeverwaltung prüft die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelfall und soll auch eine Gesamtübersicht erstellen. Die Vergabe der Hilfeleistung erfolgt in nicht-öffentlicher Sitzung durch den Hauptausschuss, damit insbesondere mit Blick auf den Datenschutz vertrauensvoll über Einzelfälle beraten und entschieden werden kann. Zusätzlich übernimmt die Gemeinde die Kosten der vom Deutschen Roten Kreuz mietweise zur Verfügung gestellten Bautrockner bis zu einer Gesamtsumme von 100.000 Euro.

Ursprünglich hatte CDU-Fraktionschef Klaus Huse die Soforthilfe, die für die Grafschafter Bürgern gewährt wird, auch auf die vom Hochwasser betroffenen Bürger der Nachbargemeinden ausdehnen wollen. Dafür sollten jeweils 200.000 Euro an die vier Nachbarkommunen ausgezahlt werden, die sich dann um die Verteilung kümmern sollten. Allerdings wies Sabrina von Boguszewski (Grüne) darauf hin, dass viele Schulen und Kindergärten in den Nachbarkommunen zerstört seien und die Kinder auf lange Zeit keine Betreuung hätten. Deshalb sei es vielleicht sinnvoller, die betroffenen Eltern dadurch zu entlasten, dass man in der Grafschaft Kindergarten- und Schulplätze für diese Kinder bereitstelle. Nach einer Sitzungsunterbrechung einigte man sich daher einstimmig darauf, einen Kindergarten in Modulbauweise für die Kinder aus den Nachbarkommunen zu errichten. Dafür stehen der Gemeindeverwaltung zunächst eine Million Euro zur Verfügung. Bereitgestellt werden die Räumlichkeiten, das Personal soll von den geschlossenen Kindertagesstätten rekrutiert und von den Nachbarkommunen finanziert werden.