Stadtrat beschließt Gründung einer „Entwicklungs, Wiederaufbau und Innovations GmbH“

Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft soll den (Wieder-)Aufbau in Sinzig stemmen

Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft soll den (Wieder-)Aufbau in Sinzig stemmen

Die Frage, ob im Grünen Weg eine temporäre Sporthalle errichtet wird, bleibt ungeklärt. Foto: ROB

Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft soll den (Wieder-)Aufbau in Sinzig stemmen

Einstimmig votierte der Stadtrat für den Wiederaufbau des Thermalbades in Bad Bodendorf.Foto: ROB

Sinzig. Am Tag bevor die Flut sich zum ersten Mal jährte, stand auch die Sitzung des Sinziger Stadtrates ganz im Zeichen der Bewältigung der Naturkatastrophe. Die Ratsmitglieder befassten sich mit einem ganzen Bündel an Aufgaben, die aus der Flutkatastrophe erwachsen waren. Ganz oben auf der Tagesordnung stand dabei die Gründung einer „Entwicklungs, Wiederaufbau und Innovations GmbH“.

Die Notwendigkeit dieses Schrittes begründete Bürgermeister Andreas Geron mit personellen Abgängen im Bauamt sowie Schwierigkeiten bei der Personalfindung aufseiten der Kommune, die mit den in der Privatwirtschaft gezahlten Summen nicht mithalten könne. Die Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft solle nun „nahtlos die Aufgaben des Bauamtes“, sprich die Auswahl von Planungsbüros und Gutachtern, die Durchführung erforderlicher Vergabeverfahren und die Erteilung von Aufträgen zur Umsetzung übernehmen. Die städtischen Aufwendungen für die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft in Höhe von 550.000 Euro werden zu 100 Prozent aus dem Wiederaufbaufonds des Landes zurückerstattet. Wiederholt unterstrich Geron, dass mit der Gesellschaft kein reiner Wiederaufbau, sondern ein flutangepasster Aufbau verfolgt werden soll.

Karl-Heinz Arzdorf (CDU) begrüßte die Gründung der Gesellschaft und erhoffte sich hiervon „eine gewisse Aufbruchstimmung“, da es in der Vergangenheit wegen des Personalmangels „oft gehakt“ habe. Auch Martin Eggert (SPD) befand die Idee grundsätzlich für „gut“, merkte jedoch kritisch die verantwortungsvolle Rolle des Bürgermeisters an, der als Vorsitzender des aus Vertretern der Ratsfraktionen bestehenden Aufsichtsrates und zugleich qua Amt als einziges Mitglied der Gesellschafterversammlung fungiert. Ebendiese Machtfülle des Bürgermeisters gab auch den anderen Ratsmitgliedern Anlass zu Bedenken. Auf Vorschlag Martin Eggerts wurden darum einige Änderungen in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, die die Position des Aufsichtsrates gegenüber der Gesellschafterversammlung stärken sollen.

Aus Mensa solleine Stadthalle werden

Hinsichtlich des Wiederaufbaus der Mensa standen zwei Grundsatzentscheidungen an: Neben der Wahl des Standortes, die nach vorangegangenen Beratungen im Bauausschuss mehrheitlich auf den alten Standort auf dem Schulhof der Realschule fiel, ging es auch um eine von der Verwaltung angestrebte Raumerweiterung der Mensa zu einer Stadthalle. Der Platzbedarf würde sich hierbei von 200 m² auf rund 700 m² erweitern und nach einer ersten Schätzung Mehrkosten von rund 1 Mio. Euro nach sich ziehen. Der Aufbau soll aufgeständert und somit flutangepasst erfolgen. Bürgermeister Geron bezeichnete die Idee einer aufgeständerten Stadthalle als „innovativ“ und hob den aus seiner Sicht in Sinzig vorhandenen Bedarf an einer „attraktiven, modernen Versammlungsstätte“ hervor.

Die Resonanz aus den Reihen der Ratsmitglieder war indes gemischt. Hans-Dietrich Laubmann (SPD) beurteilte den Bau einer Stadthalle als „Riesenchance“ und skizzierte die Möglichkeit von Schulkonzerten oder Kunstausstellungen in der neuen Stadthalle. Volker Holy (CDU) hingegen stand einer Raumerweiterung der Mensa mit einer womöglich langwierigen Planungsphase skeptisch gegenüber: „Der Zeitfaktor spielt uns nicht in die Karten. Wir brauchen schnellstmöglich eine Mensa.“ Ralf Urban (Bündnis 90/Die Grünen) befand, die Halle sei „nur eine halbe Stadthalle“, falls sie während des Schulbetriebes nicht genutzt werden könne. Ob eine Lösung für dieses Problem etwa mittels einer Trennwand möglich ist, muss noch im Zuge der weitergehenden Planungen geklärt werden. Es gehe noch nicht um den Beschluss für oder gegen eine Stadthalle, sondern lediglich darum, die Planungen für die Idee einzuleiten, betonte Bürgermeister Geron. Ein Argument, dem die Mehrheit der Ratsmitglieder folgte.

Standort für temporäreSporthalle weiterhin unklar

Eigentlich sollte im Rahmen der Ratssitzung auch der Generalplanungsauftrag für die Errichtung einer temporären Sporthalle auf dem Sportplatz im Grünen Weg erteilt werden. Erdaufschüttungen, die hierfür nach Vorgabe der SGD Nord notwendig wären, bewegten die Ratsmitglieder jedoch zum Umdenken. Der Ortsvorsteher der Kernstadt, Gunter Windheuser (FWG), berichtete von mehreren Anwohnern aus dem Grünen Weg, die wegen der Aufschüttungen besorgt seien. Eine aufgeständerte Lösung forderte Volker Holy: „Bei Hochwasser wird sonst verstärkt Wasser in den Grünen Weg hineingedrückt“. Klaus Hahn (Bündnis 90/Die Grünen) regte eine Errichtung bei der Grundschule oder auf der Jahnwiese an. Ein Architekturbüro wurde nun vom Stadtrat mit der Generalplanung für die Sporthalle beauftragt; die Standortfrage blieb aber vorerst offen.

Wiedererrichtung des Nostalgiebades und der Sozialbauten

Einstimmig votierte der Stadtrat für den Wiederaufbau des Thermalbades in Bad Bodendorf. Dabei soll neben der reinen Wiederherstellung des Bades, die vom Wiederaufbaufonds gedeckt wird, auch eine Optimierung der Anlage unter anderem hinsichtlich der Beckengröße und -tiefe erfolgen. Die Mehrkosten hierfür, deren Höhe der Bürgermeister noch nicht beziffern konnte, trägt die Stadt.

Diskussionsbedarf gab es hingegen bezüglich des Wiederaufbaus der Sozialbauten in der Friedrich-Spee-Straße, in denen vor der Flut Obdachlose und Schutzsuchende untergebracht wurden. Eine Sanierung der alten Gebäude kam laut Verwaltung nicht in Frage, sodass ein Neubau in Form nur eines Gebäudekomplexes erfolgen wird. Hartmut Tann (SPD) begrüßte diesen Schritt: „Wir freuen uns, dass die Schutzsuchenden nicht aus dem Fokus geraten.“ Der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende warnte jedoch vor einer Gettoisierung und forderte stattdessen eine dezentrale Unterbringung von Schutzsuchenden und Obdachlosen. Diesem Gedankenspiel erteilte der Bürgermeister allerdings eine klare Absage. „Auf dem Sinziger Wohnungsmarkt Räumlichkeiten für Obdachlose anzumieten, ist unmöglich“, so der Stadtchef.

Überörtliche Hochwasserschutzmaßnahmen

Eine vom Stadtrat nun verabschiedete Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landkreis und den kreisangehörigen Kommunen soll den Hochwasserschutz im Einzugsgebiet der Ahr vereinheitlichen. Während für die Hochwasservorsorge sogenannter Gewässer II. Ordnung wie der Ahr bereits jetzt der Kreis zuständig ist, entwickeln die Kommunen normalerweise in ihrem Einzugsbereich für Gewässer III. Ordnung wie Bäche jeweils eigene Konzepte. Im Zuge der Kooperationsvereinbarung sollen, wie der Bürgermeister erläuterte, künftig die Hochwasserschutzkonzepte der acht Kommunen „übereinandergelegt“ und „überörtliche Projekte“ entwickelt werden. Sinzig sei „der größte Profiteur“ von solchen Projekten am Oberlauf der Ahr, so Geron.

Straße nach Fußballlegende Werner Lücke benannt

Gegen Ende der Sitzung stand noch eine Straßenumbenennung auf der Tagesordnung: Der Stichweg vom Dreifaltigkeitsweg entlang des Schulzentrums in Richtung Ahr heißt fortan „Werner-Lücke-Straße“. Benannt ist die Straße nach der Sinziger Fußballlegende Werner Lücke (1926-2017), der in den 1950er und 1960er Jahren große Erfolge mit dem SC Rhein-Ahr Sinzig feierte.