Eine mögliche Sanierung der Orchestermuschel würde zu viele Probleme nach sich ziehen

Bad Neuenahr: Stadtrat trifft endgültigeEntscheidung über Kurparkliegenschaften

Bad Neuenahr: Stadtrat trifft endgültige
Entscheidung über Kurparkliegenschaften

Der Kurparkin Bad Neuenahr vor der Flut. Foto: ROB

Bad Neuenahr. Dass die Kurparkliegenschaften, die bei der Hochwasserkatastrophe komplett zerstört worden waren, wiederaufgebaut werden sollen, ist bereits beschlossene Sache. Jetzt entschied der Stadtrat noch über letzte wichtige Detailfragen. So soll deutlich mehr Fotovoltaik auf dem Dach der Konzerthalle für Energie sorgen, und die denkmalgeschützte Orchestermuschel soll nach Möglichkeit originalgetreu reproduziert werden.

Die Orchestermuschel war bei der Flut schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, obwohl sie bereits zuvor abgebaut und vermeintlich in Sicherheit gebracht worden war. Durch die Wasserschäden löste sich die Verleimung auf, Fugen verbreitern sich und Querhölzer zeigen Verkrümmungen. Dennoch sei eine Sanierung der Muschel möglich, fand Gutachter Dr. Gerhard Brückner. Die Frage sei allerdings, so Bürgermeister Guido Orthen (CDU), ob eine Sanierung wirtschaftlich zu vertreten sei. Sollte eine Sanierung wirtschaftlich nicht vernünftig sein, und falls die Denkmalschutzbehörde ihr Einverständnis erteilt, soll stattdessen eine originalgetreue 1:1- Rekonstruktion mit modernen Baustoffen als Alternative ins Auge gefasst werden. Zumal der Sockel ohnehin schon nicht mehr sanierbar war und mittlerweile schon abgerissen ist.

Viele Probleme könnten

umgangen werden

Das würde auch den Einbau der Orchestermuschel in die geplante neue Konzerthalle wesentlich erleichtern. Denn unter Berücksichtigung aller energetischen Erfordernisse der Neuzeit spreche vieles dafür, eine moderne Rekonstruktion der Orchestermuschel in die Planungen für die Konzerthalle einzubeziehen, womit viele Probleme umgangen werden könnten. Beispielsweise müsste eine sanierte Orchestermuschel mit verschiebbaren Glaselementen von der Konzerthalle abgetrennt werden, um den sonst entstehenden Wärmeverlust abzumildern. Damit seien unabsehbare Probleme und Reparaturen vorprogrammiert, befürchtete Orthen. Deshalb beschloss das Gremium einstimmig, zunächst prüfen zu lassen, ob ein Nachbau der Orchestermuschel unter energetischen und denkmalrechtlichen Gesichtspunkten möglich sei und wie sich in diesem Fall die Kostensituation darstelle.

Der Wiederaufbau der Parkanlagen soll auf Grundlage der bereits zur mittlerweile abgesagten Landesgartenschau erstellten Planungen erfolgen, allerdings aufgrund der Erfahrungen hochwasserangepasst. So soll geprüft werden, ob und in welchem Umfang der Kurpark oder die Uferbereiche des Mühlenteiches als Retentionsraum genutzt werden können. „Da der Kurpark auch zukünftig ein Veranstaltungsort bleiben soll und mit Blick auf die Attraktivität des Wohnstandortes der Stadt, die weiterhin Touristen und Klinikgästen ein kulturelles Angebot unterbreiten will, besteht der Bedarf am geplanten Neubau weiterhin“, argumentierte Orthen. Aus energetischen Gründen soll der Neubau mit einer Photovoltaikanlage in maximal mögliche Anlagengröße von 638 Quadratmetern ausgerüstet werden. Beibehalten will man außerdem die schon geplanten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudes. Die Kosten von rund 451.000 Euro für die nun größere Photovoltaikanlage sollen sich in weniger als zehn Jahren amortisieren, weil damit eine deutliche Energieeinsparung verbunden sei. Eine Aufrüstung der Konzerthalle auf den Standard der Effizienzhaus-Stufe 40 (EG40), über die ebenfalls nachgedacht worden war, wurde jedoch abgelehnt. Das sei schlicht und einfach zu teuer bei relativ geringer Energieeinsparung.

KfW-40-Standard

faktisch erreicht

CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Ropertz war ohnehin der Ansicht, dass durch den Bau der Photovoltaikanlage in der maximal möglichen Anlagengröße faktisch der Standard KfW 40 erreicht werde. Exakt werde der Standard jedoch wegen der energetischen Bewertung der Orchestermuschel nicht erreicht, denn dafür müsste eine Glastrennwand zwischen Muschel und Konzertsaal eingebaut werden – „diese Maßnahme ist nach unserer Auffassung prinzipiell nicht vertretbar.“ Vor möglichen technischen Defekten an einer solchen Konstruktion erst gar nicht zu reden.

„Wir müssen abwägen, ob die historische Konzertmuschel als solche auch wieder genutzt werden soll, oder nur als Dekoration der Konzerthalle dienen soll. Und hier sprechen wir uns ganz klar für eine Nutzung der Konzertmuschel aus“, machte David Jacobs (FDP) klar, dass auch er für eine Rekonstruktion der Orchestermuschel sei. Für eine Rekonstruktion der Orchestermuschel nach alten Konzeptionsplänen, aber mit modernen Materialien, plädierte auch SPD-Fraktionschef Werner Kasel. Auch der Verzicht auf den EG 40-Standard fand seine Zustimmung, zumal die jetzt mögliche Installation einer großen PV Anlage für sich schon zu deutlich bessere nachhaltiges werden führen.

Zustimmung signalisierte auch Alfred Förner (FWG), während Dr. Jürgen Lorenz (Wählergruppe Lorenz) die Pläne ebenso ablehnte wie Marion Morassi (Die Linke). Sie wollte den Kurpark lieber für günstigere und klimafreundliche Modelle und Konzepte nutzen, etwa Pop-Up-Veranstaltungen wie nach der Flut.