Neuwieder Stadtrat: Minimalkonsens Resolution

Bei Tempo 30 krachte es zwischen den Fraktionen

Bei Tempo 30 krachte es zwischen den Fraktionen

Hermannstraße: Im Herbst 2021 machten SPD, FDP und Bürgerliste vergeblich einen Vorstoß in Richtung Tempo 30 Zone in der City. Fotos: FF

Bei Tempo 30 krachte es zwischen den Fraktionen

Marktstraße: Bislang gilt Tempo 30 nur in der Marktstraße, in der Bodenschwellen zur Temporeduzierung aufgebracht werden mussten.

Neuwied. „Eigentlich ist unser Antrag selbsterklärend“, warb Regine Wilke (Bündnis 90/Die Grünen) für die Beteiligung an der bundesweiten Resolution „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglichen Verkehr“. Zu den vier Punkten der Resolution gehört Tempo 30 in der Innenstadt. Und eigentlich unterstützten auch alle Fraktionen die Beteiligung an der Resolution. Worüber aber ein heftiger Streit entbrannte, war, dass die Mehrheitskoalition aus CDU, Bündnis90/Die Grünen und FWG noch vor drei Monaten einen Antrag der Opposition von Tempo 30 in der City „abbügelte“, wie die Opposition findet. Mit völligem Unverständnis kommentierte Dietrich G. Rühle den Antrag für die FDP, und Sven Lefkowitz (SPD) sagte: „Im November unseren Antrag blockieren, nun dieses Papier einbringen ist ziemlich kurz gesprungen“. „Mir ist die Kinnlade runtergefallen“, äußerte sich Dr. Jutta Etscheidt. Die Fraktionsvorsitzende der Bürgerliste vermutet ein Ablenkungsmanöver, weil es bundesweit wohl einmalig sei, dass sich Grüne gegen Tempo 30 aussprechen. Ähnlich äußerte sich Sven Lefkowitz: „Der Antrag ist keine echte Antwort oder gar Alternative zu unserer Forderung im Sinne von Verkehrssicherheit und Umweltschutz, mehr Tempo 30 in unserer Stadt einzurichten“. Die Antragsteller aus der Mehrheitskoalition gaben sich alle Mühe zur Rechtfertigung. „Wir Grünen lehnen Tempo 30 nicht ab, ganz im Gegenteil“, schimpfte Regine Wilke und bezeichnete anders lautende Aussagen als „schäbig“. Die Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen erklärte, dass Tempo 30 nur in einem städteplanerischen Gesamtkonzept Sinn mache. Ein Stückwerk wolle man nicht. Die Folge solcher Nichtplanung könne man sich in Heimbach-Weis ansehen, wo auf wenigen hundert Metern Hauptstraße sich Tempo 30 und Tempo 50 abwechseln. Mit dem Antrag wolle man erreichen, dass der Bund den Kommunen die Entscheidung überlasse. Denn so einfach könne Neuwied die Geschwindigkeitsbegrenzung gar nicht einführen. Fördergelder für den Straßenausbau könnten sonst gestrichen werden. Dem widersprach Dr. Jutta Etscheidt mit dem Hinweis auf die örtliche Ausnutzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes vehement. Außerdem, so die Ratsfrau, halte es die Bürgerliste für besser, kurzfristige Lösungen für die Menschen vor Ort zu schaffen, statt auf langwierige Konzepte zu setzen. CDU-Chef Martin Hahn verwies darauf, dass es im Stadtgebiet bereits jede Menge Tempo 30 Zonen, darunter vor Schulen und Kitas gebe, an die sich kaum einer hält und die nicht kontrolliert werden könnten. In der Marktstraße mit Tempo 30 wären sogar Einbauten notwendig gewesen, um das Tempo entsprechend zu drosseln. Da sei die Einführung der Überwachung des fließenden Verkehrs durch das Ordnungsamt der Stadt Neuwied ab diesem Jahr ein Meilenstein. „Wir können doch nicht für die Nichteinführung von Tempo 30 damit argumentieren, dass wir nicht kontrollieren können“, wunderte sich Dietrich G. Rühle. Martin Hahn wiederum zeigte sich zuversichtlich, dass mit der Erneuerung von Kirch- und Schlossstraße die Aufenthaltsqualität deutlich verbessert werde. Angesichts der langen Diskussion über das Thema warnte er: „Wir müssen schon aufpassen, dass wir damit der Belebung der Innenstadt nicht zuwider laufen“. Die Opposition möchte das Thema hingegen nicht abhaken. „Wir müssen nicht auf den Bund warten und weiter Zeit verlieren, sondern unsere Aufgaben und Möglichkeiten vor Ort angehen. Gerne können wir uns mit den demokratischen Fraktionen nochmal an den Tisch setzen und konkrete Verabredungen dazu treffen“, lud SPD-Chef Sven Lefkowitz ein.