Bündnis für Verkehrswende nördl. RLP pocht auf Wiederinbetriebnahme von Bahnstrecken

Den Straßenverkehrwieder auf die Schiene bringen!

Den Straßenverkehr
wieder auf die Schiene bringen!

Freie Fahrt auf weiteren Strecken im nördlichen Rheinland-Pfalz fordert das Bündnis für Verkehrswende. Westerwald, Hunsrück und Eifel würden von touristischem Zugbetrieb profitieren. Foto: Hans-Peter Günther

Koblenz. Bei seiner letzten Arbeitssitzung forderte das „Bündnis für Verkehrswende nördliches Rheinland-Pfalz“ erneut die Wiederinbetriebnahme verschiedener Bahnstrecken. „Nur durch Verlagerungen von der Straße auf die Schiene kann das Verkehrschaos auf unseren Autobahnen und in unseren Städten reduziert werden. Auch in der Stadt Koblenz könnten so endlich und dauerhaft die Stickoxid-Grenzwerte eingehalten werden, wenn man die Pendlerproblematik ganz neu anpackt“, so Egbert Bialk, BUND-Regionalbeauftragter Koblenz und aktiv im Verkehrswende-Bündnis. Auch Michael Carl, stellvertretender BUND-Landesvorsitzender aus Neuhäusel, ist überzeugt: „Mit attraktiven Angeboten im Schienen-Personennahverkehr (SPNV) können wir Autofahrer als Zugfahrer gewinnen. Dabei spielen Schienenstrecken, die derzeit außer Betrieb, aber noch nicht entwidmet sind, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Überall im Norden von Rheinland-Pfalz gibt es Strecken, auf denen es sich lohnt, den Zugbetrieb wieder aufzunehmen.“ Mit dieser Aussage prescht das Bündnis, dem zahlreiche Verkehrs- und Umweltverbände sowie Bürgerinitiativen angehören vor. Es nennt mehrere Beispiele, bei denen mit überschaubarem Aufwand viel für einen zukunftsfähigen Zugverkehr getan werden könnte. Das Bündnis fordert im Einzelnen, den Betrieb auf folgenden Strecken wieder aufzunehmen:

Brexbachtalbahn. In ehrenamtlicher Arbeit hält ein Verein die Strecke in Ordnung, sodass diese kurzfristig wieder in Betrieb gehen könnte, zunächst für den Tourismus. Die Politik in Bendorf und Ransbach-Baumbach blockiert das allerdings in hohem Maße. Verbindungen vom Rhein in den Westerwald wurden alle gekappt und die Brex könnte diesen Mangel beheben. „Die Brexbachtalbahn von Neuwied–Engers nach Siershahn ist touristisch hochinteressant“, so Armin Brast, Geschäftsführer des Brexbachtalbahn e. V.. Der Verein und der Betreiber der Eisenbahnstrecke hatten kürzlich vor dem Verwaltungsgericht Koblenz einen wichtigen Teilerfolg für das Projekt erreicht und wollen die Brexbachtalbahn in Teilabschnitten nach und nach in Betrieb nehmen.

Eifel-Querbahn. Sehr erfolgreich war über Jahre die touristische Erschließung der Eifel mit Zügen zwischen Kaisersesch und Gerolstein. Der Betrieb musste eingestellt werden, weil von der Landesregierung bestellte Gutachten zu exorbitant hohen Sanierungskosten kamen. Gelder, die das Land zur Förderung von nichtbundeseigenen Bahnen im Haushalt eingestellt hatte, wurden bis heute nicht ausgezahlt, da eine gleichzeitig erlassene Verwaltungsvorschrift hohe Hürden setzt. Als Mittelzentrum muss die Kreisstadt Daun wieder einen SPNV-Anschluss bekommen, fordert das Verkehrsbündnis.

Aartalbahn.In einer europaweiten Ausschreibung hat DB Regio Südwest den Zuschlag für den SPNV auf der Aartalbahn zwischen Limburg und Hahnstätten ab Dezember 2015 erhalten. Allerdings verhindert der Rechnungshof Rheinland-Pfalz mit einem in Fachkreisen höchst umstrittenen Gutachten bislang den notwendigen Aufbau der Eisenbahn-Infrastruktur. Das Land Hessen plant aktuell mit hoher Priorität eine CityBahn zwischen Mainz, Wiesbaden und Bad Schwalbach in Meterspur. Zwischen den Verkehrsministerien der beiden Länder finden Gespräche über eine Reaktivierung der Aartalbahn zwischen Bad Schwalbach und Diez/Limburg auf Normalspur statt. Damit soll ein Bahnbetrieb zwischen Limburg und Wiesbaden/Mainz – mit einmaligem Umsteigen in Bad Schwalbach – wieder ermöglicht werden. Dazu sagt Manfred Nickel, stellv. Vorsitzender im VCD-Kreisverband Rhein-Lahn-Westerwald: „Der entscheidende Zeitvorteil ist nur realisierbar, wenn die Strecke von Limburg über Bad Schwalbach bis Mainz Hbf durchgängig in Normalspur reaktiviert wird.“

Oberwesterwaldbahn. Das Bündnis fordert von der DB die schnelle Umsetzung der baulichen Maßnahmen für die Anhebung der Streckengeschwindigkeit. Der seit Ende 2015 geplante durchgehende Verkehr zwischen Siegen und Limburg soll erst Mitte 2022 möglich sein. Lange Unterwegsaufenthalte und ein häufiger Umsteigezwang in Westerburg machen die Bahnstrecke sehr unattraktiv und schaden auch dem Tourismus.

Hunsrückbahn. Die schon seit vielen Jahren geplante Wiederaufnahme des SPNV auf der Strecke von Bingen bzw. Langenlonsheim in Richtung Hermeskeil war ursprünglich mit dem Anschluss des Flughafens Hahn begründet worden. „Nachdem sich dieser seit einiger Zeit auf einem ‚absteigenden Ast‘ befindet, wäre zumindest eine Wiederinbetriebnahme bis Kirchberg für die Bevölkerung des vorderen Hunsrücks sinnvoll. Bürger aus dem Einzugsbereich der Hunsrückbahn, die im Raum Mainz arbeiten und dort täglich im Stau stehen, wären potenzielle Kunden für den von der Landesregierung versprochenen SPNV auf dieser Strecke“, war sich das Bündnis einig.

Bassenheim – Koblenz. Derzeit ist die Strecke im Besitz der Stadt Koblenz. Für den stillgelegten Abschnitt Bassenheim–Rübenach–Metternich–Lützel stehen die Chancen gut, dass trotz kleinerer Unterbrechungen durch Straßenprojekte vom Stadtrat keine Entwidmung beschlossen wird. „Wie in den Planungen vorgesehen, sollte das Gewerbegebiet am Koblenzer Kreuz an die Bahn angebunden werden. Eine Neuaufnahme des SPNV in Verbindung mit Park&Ride würde auch helfen, den überstarken Innenstadtverkehr in Koblenz einzubremsen. Seit Jahrzehnten ist dieser unzumutbar. Ein besserer öffentlicher Verkehr mit sauberen Bussen und Bahnen wäre ein Beitrag zur Lösung dieses Problems. Bahnlinien haben den Vorteil, dass sie Staus umfahren und so schnell und überwiegend pünktlich das Ziel erreichen lassen“, urteilt der Verkehrswissenschaftler Dr. Georg Schroll, zugleich auch Vorsitzender der Bürgerinitiative BIKO, die sich die Reaktivierung der Strecke zum Ziel gesetzt hat.

Zusammenfassend stellt Martin Mendel vom Fahrgastverband PRO BAHN fest, dass im Gegensatz zum Bereich Rheinhessen-Pfalz der Norden von der Landespolitik stiefmütterlich behandelt werde: „Die Zahl der Reaktivierungen von Schienenstrecken ist im Süden deutlich höher. Und das funktioniert, weil auch die Kommunen hinter dieser Verkehrswende stehen. Und diese brauchen wir auch bei uns!“