Mögliche Fusion war Thema in den Verbandsgemeinderäten Linz und Bad Hönningen

Der Beauftragte der VG Bad Hönnningen wartet auf verlässliche Gutachten-Zahlen

Bad Hönningen. „Die Sache mit der vom Land festgesetzten Fusion, freiwillig oder per Gesetz verordnet, bleibt spannend. Klarheit haben auch die ersten beiden Varianten des von der VG Linz in Auftrag gegebenen Gutachtens nicht gebracht“, so der Beauftragte der VG Bad Hönningen, Reiner W. Schmitz auf der jüngsten Sitzung des VG-Rates. In den Mitte November von der Treuhand Mittelrhein vorgelegten Zahlen sei mit 2017 nur ein Jahr herausgegriffen worden, um von diesen Ergebnissen 30 mal hochzurechnen. Allerdings habe Dagmar Stirba von der Linzer Verwaltung bei einem gemeinsamen Gespräch über dieses Zahlenwerk moniert, dass die für Linz zugrunde gelegten Umlagesätze nicht stimmen würden, sodass alle Tabelle neu berechnet werden müssten. Vier Tage zuvor habe der Linzer VG-Chef Hans Günter Fischer jedoch dem VG-Rat eben diese Zahlen noch als handfeste Bestätigung seiner Prognose präsentiert.

„Aber auch die Neufassung vom 5. Dezember gibt Rätsel auf. Statt der 22,49-prozentigen Umlagesätze in der ersten Fassung wurde nun mit 20,64 Prozent gerechnet. Danach würde eine freiwillige Fusion aller drei Verbandsgemeinden Linz nur mit 11.400 Euro pro Jahr belasten, also mit weniger als 1000 Euro im Monat, einer Summe, von der Sankt Katharinen als Gemeinde mit dem höchsten Steueraufkommen 400 Euro zu tragen hätte“, rechnete Reiner W. Schmitz hoch. Dieser Betrag würde die Kommunen mit Sicherheit an keiner Investition hindern, käme es dagegen zu einer Zwangsfusion, dann würde die Gemeinde auf der Linzer Höhe enorm zur Kasse gebeten.

„In seinem Kampf gegen eine Fusion hat sich der Linzer VG-Chef den Verfassungsjuristen Johannes Dietlein als Unterstützung geholt. Nach dessen Meinung hat die VG Linz beste Chancen, eine Klage gegen das Landesgesetz zu gewinnen, alleine schon weil die Einwohnerzahl entgegen der Prognose zu- und nicht abgenommen habe und inzwischen über dem Grenzwert von 12.000 Personen liege“, so der VG-Beauftragte. Nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes aber sei dies nicht zutreffend. Außerdem habe Johannes Dietlein in seinem Vortrag vor einige Tagen in Sankt Katharinen erklärt, die Bad Hönninger Kommunen würden im Fall einer Zwangsfusion der VG Linz eingegliedert. Auch dies entspreche nicht dem Gesetz, in dem Eingliederungen nur vorgesehen seien für einzelne Gemeinden, die separat kreisübergreifend einer anderen Gebietskörperschaft zugeordnet würden.

„Es wird auch gar nicht zu einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht kommen, weil Mainz bei der Gebietsreform die landesgesetzgeberische Hoheit hat. Also wird es nach einer ablehnenden Abstimmung im VG-Rat Linz Ende Januar ohne weitere Anhörung zu einer Zwangsfusion kommen“, prophezeite Reiner W. Schmitz. Damit habe man dann den bei einer freiwillige Fusion gegebenen Gestaltungsspielraum, etwa die Wasserversorgung in ihren Unterschieden beizubehalten, verspielt.

Fischer:

Kooperation statt Fusion

Auf diesen Gestaltungsspielraum verzichtet Hans Günter Fischer gerne, geht er doch im Gegensatz zu Reiner W. Schmitz davon aus, dass alles beim Alten bleiben kann. „Sinnvoller und effektiver als eine Fusion ist der weitere Ausbau einer Kooperation der Verbandsgemeinden Linz und Bad Hönningen wie etwa schon erfolgt bei der Feuerwehr, und in diese enge Kooperation könnte natürlich auch die VG Unkel eingezogen werden“, erklärte er in einem Pressegespräch mit BLICK Aktuell, in dem er näher auf die Ausführungen einging, die er den Mandatsträgern des VG-Rates präsentiert hatte. Dabei bezog er auch Erkenntnisse aus dem Vortrag von Professor Johannes Dietlein mit ein, den er als einen der bundesweit besten Experten für Verwaltungs- und Verfassungsrecht bezeichnete. „Wir haben allen Grund zum Optimismus, dass wir auch über das Verfassungsgericht des Landes hinaus beim Bundesverfassungsgericht die unrechtmäßige Zwangsfusion stoppen können, die übrigens mit einem Federstrich von Mainz auch jetzt noch jeden Tag gestoppt werden könnte. Professor Dietlein kennt die Materie exzellent und beschäftigt sich seit 2005 mit der Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz und er war bereits erfolgreich beim Bundesverfassungsgericht in Sachen Korrektur der Entscheidung eines Landesverfassungsgerichts bei kommunalen Angelegenheiten“, so der Linzer VG-Chef.

Der zentrale Punkt des Gesetzes, nämlich die vor über zehn Jahren erhobene Prognose eines Bevölkerungsrückgangs, sei nicht nur nicht eingetroffen, gerade das Gegenteil passiere aktuell. Gesetze, die eine Grundlage beschreiben würden, die nicht mehr gelte, könnten aber ihrerseits auch keine Gültigkeit mehr beanspruchen, argumentierte Hans-Günter Fischer. Außerdem gebe es auch für eine freiwillige Fusion eigentlich gar keine gesetzliche Grundlage mehr, da die Phase dieser Zusammenschluss-Variante mit einer sogenannten Hochzeitsprämien schon 2012 ausgelaufen sei. „Würde es aber zu einer Zwangsfusion kommen, dann würde diese keinesfalls unter Gleichen stattfinden. Die Kommunen der jetzigen VG Bad Hönningen würden in die bestehenden Strukturen der VG Linz eingegliedert. Dies ist eine wesentliche Erkenntnis, die uns durch Herrn Dietlein in dieser Woche eröffnet hat“, erklärte der VG-Chef den Linzer Mandatsträgern.

Negative Folgen für Kommunen der VG Bad Hönningen

Diese Eingliederung hätte für die Kommunen der jetzigen zentralistisch ausgerichteten VG Bad Hönningen nach aktuellen Berechnungen erhebliche negative Folgen, unter anderem Mehrkosten von über 900.000 Euro pro Jahr. Wie schon jetzt die Stadt Linz und die sechs Gemeinden müssten auch die vier Bad Hönninger Kommunen entweder für Grundschulen, Kitas und den Bauhof selbst aufkommen oder aber eine Sonderumlage in die Kasse der Groß-VG zahlen. Selbst wenn die Kommunen angesichts der niedrigeren Umlage der VG Linz Geld einsparen, würde ihnen diese keinerlei Vorteile einbringen, da es für sie allenfalls ein Null-Summen-Spiel geben würde. „Wir haben diese Berechnungen durchgeführt, um uns zu vergewissern, welche konkreten Folgen durch eine Zwangsfusion den einzelnen Kommunen droht. Es ist völlig klar, dass es vor diesem Hintergrund überhaupt keinen Sinn macht, wie hypnotisiert auf eine Einmalzahlung der Landesregierung zu starren, weil die Kosten über die Jahre das sehr rasch auffressen“, so Hans-Günter Fischer. Zumal Gutachten von Wirtschaftsinstituten und anderen Experten auch die im Gesetz erhofften Einsparungen von bis zu 20 Prozent als völlige Illusion entkräftet hätten. An nicht wenigen Stellen sei es nach einer Fusion sogar zu höheren Kosten gekommen. Mit solchen müssten die Bürger der Bad Hönninger Kommunen auf jeden Fall hinsichtlich deutlich höherer Beiträge für Abwasser ausgehen, ergänzte der Linzer VG-Chef.

Insgesamt gesehen drohen durch eine Zwangsfusion seiner Ansicht nach vor allem für die Kommunen der VG Bad Hönningen nur Nachteile, vor allem würden sie unter einem großen Verlust an Bürgernähe leiden. „Es ist nicht auszuschließen, dass vor allem die kleineren Kommunen aus der VG Bad Hönningen wie Hammerstein oder Leutesdorf es schwer haben werden, nach Kommunalwahlen in einer großen VG Linz entsprechend repräsentiert zu werden, da die Wähler kommunal sehr stark ihre ‚eigene Ecke‘ wählen“, so Hans-Günter Fischer. Dass dies eine überaus schlechte Entwicklung sei, habe sich in anderen Regionen gezeigt. Fehlende Bürgernähe und weit entfernte kommunale Dienstleistungen könnten ein Nachlassen beim ehrenamtlichen Engagement nach sich ziehen und den Nährboden für populistischen Bewegungen bilden, warnte der Linzer VG-Chef. Die Landesregierung dürfe es nicht so weit treiben, dass bei der nächsten Kommunalwahl die Extremisten von der Sturheit der Politik in Mainz profitieren könnten, indem Bürger aus Protest gegen Bürgerferne eben radikale Protestparteien wählen würden. „Die beiden Verbandsgemeinden Bad Hönningen und Linz haben sich in der Phase bis 2012, als es noch um eine mögliche freiwillige Fusionen ging, bewusst für die jeweilige Eigenständigkeit entschieden. Nur wir in Linz sind bei dieser Position geblieben, während die politische Führung in Bad Hönningen sich dem Willen von Mainz gebeugt hat, anstatt, wie im Grunde für Kommunalpolitiker zu erwarten sei, um den Bestand der eigenen Kommune zu kämpfen,“, bedauerte Hans-Günter Fischer.