Zum 90. Geburtstag von Karen Röder

Die Welt ist groß, schönund ich möchte noch teilhaben

Die Welt ist groß, schön
und ich möchte noch teilhaben

Karen Röder mit Farzana Talukder 2019 in der Wiesenau. Foto: Privat

Wachtberg. Eine Gruppe Frauen sitzt konzentriert am Tisch. Ihre Augen sind auf ihre Hände gerichtet. Zwischendurch lachen sie, erzählen. Die Hände filzen. Es entstehen Blumen, Kugeln, bunte Hüllen für Telefone. Und mittendrin Karen.

Sie zeigt den Frauen, wie sie aus Wolle und Seifenlauge die Dinge für den geplanten Basar in der Wiesenau filzen können. Das war vor acht Monaten… die Frauen kommen aus Syrien. Karen engagiert sich seit 2018 ehrenamtlich in der Wachtberger Flüchtlingsarbeit, im sogenannten „SamstagsTreff“. Wenn man Karen das erste Mal begegnet, fällt ihr Gesicht auf. Ein Gesicht, das vom Leben erzählt. Ein Leben mit Höhen und Tiefen. Ihre Augen sind interessiert, offen, nehmen wahr – sehen. Und ihr Lachen steckt an, ist wie sie – herzlich. „Ich fühle mich wohl unter Menschen, Menschen interessieren mich.“ Karen wurde 1930 in Reichenbach (Vogtland) geboren. Ihre Eltern hatten eine Apotheke. Während des Zweiten Weltkrieges musste die Familie ihre Heimat verlassen, die Apotheke wurde zerbombt und die Familie dann nach dem Krieg enteignet. Die Familie fand ein neues Zuhause in Glücksburg. Karen machte nach dem Krieg ihr Abitur. Kunst wollte sie studieren, aber die Eltern rieten ihr zum Studium der Pharmazie, um sich ihr Brot verdienen zu können. Während ihres Pharmaziestudiums lernte Karen ihren Mann kennen. Boppard wurde das neue Zuhause der kleinen, größer werdenden Familie. Karen arbeitete in der eigenen Apotheke, sie hatten Freunde, fühlten sich sehr wohl. Alle drei Kinder machten in der kleinen Stadt ihr Abitur. Ihr Mann bekam eine Professur an der Universität in Bonn. Ein Schicksalsschlag ließ sie vor 35 Jahren dann nach Wachtberg kommen. „Das ist meine Heimat jetzt. Ich genieße es, durch die Felder zu gehen, weite Blicke in eine schöne Landschaft zu haben. Ich habe schnell Kontakte geknüpft, Freunde gefunden. Wachtberg hat uns gut aufgenommen.“

Ihrer Liebe zu und ihrem Interesse an Kunst geht sie seit 25 Jahren ehrenamtlich am Kunstmuseum in Bonn nach. Sie führt durch Ausstellungen, leitete Gruppen. Ihre Begeisterung für August Macke und seine Bilder konnte im letzten Jahr eine Gruppe Wachtberger Kinder und Jugendlicher aus vor allem syrischen Familien hautnah erleben.

„Das menschliche Miteinander ist mir wichtig. Menschen sind mir wichtig!“ 20 Jahre engagierte sich Karen bei Amnesty International. 2015 kamen viele Geflüchtete, vor allem aus Syrien, auch in die Gemeinde Wachtberg. Karen, die weiß, was Flucht und Krieg bedeuten, zögerte nicht lange und meldete sich, um ehrenamtlich Geflüchtete in Wachtberg zu unterstützen, um zu helfen. Jetzt ist sie als „Filzoma“ mittendrin, ist eine der guten Seelen im SamstagsTreff in der Wiesenau in Pech gewesen. Sie hofft, dass sie sich nach Corona wieder einbringen kann. Mit ihrer Herzlichkeit und ihrem Interesse an Menschen öffnet sie Herzen und bringt Menschen zusammen.

Jetzt wird Karen 90 Jahre alt. Die Arbeit mit Menschen hält sie jung, sie fühlt sich wohl in der Gruppe ehrenamtlich Engagierter und Geflüchteter. „Ich denke. Ich bin neugierig. Ich fühle mich nicht wie 90. Wie soll man sich mit 90 fühlen?!“

Katja Ackermann, Ehrenamtskoordination und Flüchtlingsarbeit Gemeinde Wachtberg: „Wir ziehen unseren Hut und sind sehr froh, dass Karen so ist, wie sie ist und wir sie kennenlernen durften.“

Pressemitteilung

Gemeinde Wachtberg