Bürgermeister Björn Ingendahl im gespräch mit BLICK aktuell

„Digitalisierung ist zentrales Thema“

„Digitalisierung ist zentrales Thema“

Für Bürgermeister Björn Ingendahl präsentiert sich Remagen als florierende Stadt mit guter Wirtschaftslage.Daniel Robbel

„Digitalisierung ist zentrales Thema“

Hermann Krupp interessierte sich besonders für die zukünftigen Projekte des neuen Bürgermeisters.

Remagen. Seit knapp drei Monaten steht mit Björn Ingendahl ein neuer Bürgermeister an der Remagener Stadtspitze. Der 38jährige Familienvater aus Oedingen ist im Wahlkampf mit dem Ziel angetreten, Remagen „aus dem Dornröschenschlaf zu wecken“. Ob ihm dies in der Zeit seit seiner Amtseinführung im August gelungen ist, wollte nun Hermann Krupp, Geschäftsführer des Krupp Medienzentrums und BLICK aktuell-Chefredakteur, von dem parteilosen Bürgermeister im Rahmen eines dynamischen Redaktionsgespräches wissen. Hier standen insbesondere die Themen Digitalisierung, Infrastruktur und die Zukunft der Rheinstadt auf der Agenda.

Bevor Björn Ingendahl seinen Job als Bürgermeister Remagens antrat, war Ingendahl Mitarbeiter des Umweltministeriums in Bonn. Hermann Krupp stellte zunächst die Frage, wie sich der Alltag für Ingendahl seit der Amtseinführung geändert hat. „Neu ist für mich natürlich die repräsentative Arbeit“, sagt Ingendahl, der sich mit dem Thema Verwaltung durch seinen vorherigen Beruf gut auskenne. Oft stünden Vor-Ort-Termine beispielsweise bei der Feuerwehr oder Kindergärten an, die sehr wichtig seien, jedoch viel Zeit kosten. „Da fehlt manchmal die Zeit für Gespräche mit Mitarbeitern“, so Ingendahl über seinen vollen Terminkalender. Trotz der langen Arbeitstage versuche er dennoch genügend Freiräume für seine Familie zu schaffen. Das Familienleben klappe nach wie vor sehr gut, insbesondere, da die Familie hinter ihm stünde. „Oft nehme ich meinen Sohn am Wochenende mit“, erklärt Ingendahl. Und das funktioniere dann besonders reibungslos, wenn bei den jeweiligen Termin ein Karussell zu finden wäre, schmunzelt Ingendahl.

„Weg vom Kirchturmdenken“

„Wie war die Amtsübergabe durch ihren Vorgänger Herbert Georgi?“, wollte Hermann Krupp wissen. „Das ist alles sehr gut gelaufen“, blickt Ingendahl zurück. Nach mehreren Treffen vor der Amtsübernahme war der designierte Bürgermeister gut gewappnet für die tägliche Arbeit als Stadtchef. Auch in den laufenden Betrieb in der Verwaltung wurde er gut integriert, der er eine hohe Leistungsfähigkeit attestiert. In den letzten drei Monaten seien auch schon erste Änderungen umgesetzt worden, wie Ingendahl auf Nachfrage von BLICK aktuell-Chef Hermann Krupp verrät. Denn grundsätzlich möchte man dem „Kirchturmdenken“ eine Absage erteilen. Perspektivisch sei man hier auf einem guten Weg. Gerade mit dem Bürgermeister der Nachbarstadt Sinzig, Andreas Geron, möchte Ingendahl enger zusammenarbeiten und Synergie-Effekte, zum Beispiel in touristischen Belangen, nutzen. Auch das sprichwörtliche „Wecken aus dem Dornröschenschlaf“ sei in Remagen angelaufen. „Wir konnten in den letzten drei Monaten viel auf den Weg bringen“, so Ingendahl. So würden auch investive Dinge angegangen, die vorher aufgeschoben wurden. Dass das nun möglich sei, läge insbesondere an der soliden Haushaltslage. Bei den zukünftigen Projekten gibt Ingendahl jedoch zu bedenken, dass die Verwaltung in Sachen personeller Auslastung bereits am Limit arbeite.

Das interessiert auch Hermann Krupp. „Gibt es Pläne, im Rathaus Personal abzubauen?“, möchte der Chefredakteur wissen. Das kann Ingendahl verneinen. Der Personalschlüssel ist konstant und das soll auch bleiben. Außerdem müsse in manchen kommunalen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen in den nächsten Jahren das Personal sogar aufgestockt werden. Leicht wäre dies jedoch nicht, da es auch für die Stadt zunehmend schwieriger werde, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Schuldenabbau und Breitbandausbau voranbringen

In fast allen deutschen Kommunen ist die Verschuldung Thema. So auch in Remagen, wie Hermann Krupp erfährt. „Derzeit beträgt die Verschuldung rund 18 Millionen Euro“, erläutert der Bürgermeister. Aber es gäbe bereits Fortschritte. So sei dieses Jahr bereits eine Million Euro der Schulden getilgt worden. Dies war durch die soliden Gewerbesteuereinnahmen möglich. Denn insbesondere im Gewerbegebiet säßen einige „krisensichere Global Player“, die durch ihre Steuerabgaben verlässliche Einnahmen in der Stadtkasse generieren.

„Was soll sich in Remagen in Bezug auf die Infrastruktur ändern?“, war Krupps nächste Frage. Für Ingendahl sei gerade in diesem Kontext die B9 ein zentrales Thema. „Pro Tag fahren im Durchschnitt 17.000 bis 20.000 Pendler über die Bundesstraße durch Remagen“, weiß Ingendahl. Die Situation, dass sich die Remagener Bürger in diesen Verkehr im Alltag „einzufädeln“ haben, empfindet er als Missstand. Deshalb fand auch der erste Amtsbesuch als Bürgermeister beim Landesbetrieb Mobilität in Cochem statt. Dort einigte man sich darauf, an dem Problem arbeiten zu wollen. Als Lösung sind auch auf den ersten Blick unkonventionelle Ideen Teil der Debatte, wie Björn Ingendahl erläutert. Somit sei auch ein Kreisverkehr auf der B9 denkbar und wird untersucht.

In Sachen Infrastruktur hat sich der neue Bürgermeister insbesondere den Breitbandausbau auf die Fahne geschrieben. Momentan sei das schnelle Internet bei 80 Prozent der Haushalte und Firmen in Remagen angekommen. Ein Wert, der laut Ingendahl zu gering erscheint. Dies sei aber kein rein kommunales Problem. „In Sachen Breitbandausbau hinken wir in Deutschland im europäischen Vergleich hinterher“, bringt es Ingendahl auf den Punkt. Dies soll sich jedoch in Remagen ändern und erste Erfolge wären bereits erreicht. So würde der südliche Teil des Gewerbegebietes im Jahr 2019 auch endlich vom schnellen Internet profitieren können. Trotzdem gäbe es in der Rheinstadt Lücken und dies vor allem in abgelegenen Gebieten wie zum Beispiel der Straußenfarm. Für die Internetanbieter sei es schlicht unrentabel diese Orte ans Glasfasernetz anzuschließen. Dennoch halte man an der Prämisse „Glasfaser bis vor die Haustür“ fest und versuche über entsprechende Förderprogramme Schwung in den Ausbau zu bringen.

Hermann Krupp interessiert sich auch für den Einzelhandel. „Wie ist die Lage in der Innenstadt?“, möchte er wissen. Ingendahl betont, dass die Remagener Einzelhandelslandschaft gut aufgestellt ist. Leerstand beklage man kaum und der müsse auch verhindert werden. Deshalb trete die Stadt auch gern als Vermittler ein, um Leerstand entgegenzuwirken und einen „vernünftigen Mix“ zu gewährleisten. Auch rückblickend stimmen die letzten Monate optimistisch. „Gerade die Gastronomen am Rheinufer haben in diesem Rekordsommer beachtliche Umsätze gefahren“, resümiert Ingendahl. Während auch die Auslastung im Gewerbegebiet sehr positiv ist, hapert es umso mehr in den Stadtteilen. Um die Nahversorgungsmöglichkeiten aufrecht zu erhalten, müsse man gerade hier das Gespräch suchen und vermitteln.

Solide Wirtschaftslage

Der BLICK aktuell-Chefredakteur fragt den Bürgermeister auch nach der grundsätzlichen wirtschaftlichen Entwicklung in der Stadt am Rhein. Die sei „sehr gut“, weiß Ingendahl. Alle Flächen im Gewerbegebiet seien belegt und man rechne für 2019 mit Gewerbesteuereinnahmen von rund 7,3 Millionen Euro. „Und das ist nur eine konservative Schätzung“ wie Ingendahl unterstreicht. Die Auftragsbücher bei den Unternehmen seien gut gefüllt. Aufgrund der allgemeinen weltwirtschaftlichen Lage gäbe es hier und da „leichte Dellen“, aber dies sei nichts, womit man nicht umgehen könne. Als Erfolgsgaranten des Standorts nennt Ingendahl die gute Anbindung durch die Bundesstraße 9 und die Bahn. Trotzdem gäbe es Ausbaubedarf und hier nennt Ingendahl wieder den Breitbandausbau. „Hier sind wir dran“, ergänzt Ingendahl und weiß „Die Digitalisierung ist unser zentrales Thema.“ Auch das Rathaus soll sich in Sachen „Digitalisierung“ breiter aufstellen, wie Hermann Krupp auf Nachfrage erfährt. So soll es bis 2020 möglich sein, per Internet den Personalausweis zu beantragen. Außerdem soll es eine Online-Beschwerdestelle geben. Trotz der Erweiterungen im digitalen Bereich sei „man weiterhin persönlich ansprechbar“, so Ingendahl. An Bürgersprechstunden oder Angeboten wie dem „Rollenden Rathaus“ möchte man nämlich nicht rütteln.

In Sachen Investitionen herrscht in Remagen kein Stillstand, wie Hermann Krupp erfährt. Björn Ingendahl habe sich in den letzten Monaten bereits mehreren Themen gewidmet. So steht auch das Schwimmbad im Fokus, vorausgesetzt man erhalte einen entsprechenden Förderzuschlag für Sportstätten seitens des Bundes. Schwimmbecken, Heizung und Rohrleitungen sollen hier saniert werden, um den Bürgern eine zeitgemäße Naherholungsmöglichkeit zu bieten. Die Sanierung soll nach der Badesaison 2019 beginnen; eine zeitweise Schließung wegen der Umbaumaßnahmen soll vermieden werden. Weiterhin seien die Sanierung öffentlicher Gebäude wie Kindergärten und Schulen, Straßensanierung sowie eine Sanierung der Brücke in Unkelbach geplant. Letztere sei jedoch in einem derart schlechten Zustand, dass man auch über einen Neubau nachdenke. Hier müsse außerdem eine neue Auffahrt her, da die jetzige Auffahrt für die Verkehrsteilnehmer in Richtung Remagen nicht ungefährlich sei. Des Weiteren sei geplant, das Remagener Stromnetz von der RWE zurückzukaufen. Dies sei ein wichtiger Schritt, um sich von dem Stromanbieter unabhängiger und autark zu machen.

Hängebrücke als Fernziel

Zum Schluss möchte Hermann Krupp von Björn Ingendahl einen Blick in die Zukunft. „Wie sehen ihre Wünsche für die nächsten Jahre aus?“, möchte Krupp wissen. Auch hier steht das Digitale im Fokus. Ingendahl wünsche sich eine fitte Verwaltung und fitte Schulen und eine bessere digitale Vernetzung der Hotellerie. Auch würde er es begrüßen, wenn touristische Potenziale besser ausgeschöpft würden. Gerade die Brückentürme böten durch den historischen Kontext immense Möglichkeiten. Auch zum Thema „Rheinquerung“ hat Ingendahl ein fernes, aber ambitioniertes Ziel. So könne er sich eine Fußgängerbrücke zwischen Remagen und Unkel vorstellen. Dies wäre beispielsweise als Hängebrücke denkbar. Utopie sei das Projekt nicht, wie Ingendahl erläutert. „Wir prüfen derzeit die Machbarkeit“, so der Bürgermeister.

-ROB-