Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

„Es gab kein Wappen am Koblenzer Tor“

„Es gab kein Wappen am Koblenzer Tor“

Das schwarze Kreuz an der ehemaligen Schafspforte.privat

Andernach. Von der CDU-Stadtratsfraktion wurde angeregt, das Stadtwappen am Kölner Tor zu restaurieren. Eigentlich eine schöne Idee. Wir leben heute in einem Zeitalter der Massenproduktion und Globalisierung, alles wird immer ähnlicher, Architektur, Geschäfte, Produkte, das Essen. Auf Reisen kommt einem dann schon mal das Gefühl, dass einem alles schon irgendwie bekannt ist. In solchen Zeiten ist es besonders wichtig, dass eine Stadt ein markantes Profil hat und pflegt.

Historische Gebäude spielen dabei eine wichtige Rolle, denn sie sind unverkennbar, im besten Sinne regionale Produkte, sie geben dem Bürger ein Gefühl von Heimat und locken Fremde an. Es ist schön, wenn hierbei der Blick auch auf Details fällt. Insofern ist die Absicht hinter diesem Vorschlag sehr zu begrüßen. Allerdings macht ein Stadtwappen an dieser Stelle wenig Sinn.

Das Koblenzer Tor markierte über Jahrhunderte an der Fernstraße Mainz-Köln den östlichen Eingang zur Stadt. Die ältesten Darstellungen der Stadt wie etwa das Pa-norama von Matthäus Merian von 1646 zeigen das Koblenzer Tor mit einem hohen steilen Zeltdach und Eckerkern. Dieses gewaltige Doppeltor wurde 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch französische Truppen teilweise zerstört. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Mittelrhein ein beliebtes Reiseziel, es erschienen zahlreiche illustrierte Reiseführer. Darin finden sich auch etliche Darstellungen der Burgruine und des Koblenzer Tors. Eine relativ detaillierte Abbildung enthält die 1832 erschienene illustrierte Reisebeschreibung „Views of the Rhine“, es handelt sich um einen Stahlstich nach einer Vorlage von William Tombleson. Die Nische über dem Tor zeigt dort ein sogenanntes zweibahniges vorgeblendetes Maßwerk.

Eine solche Nische mit Blendmaßwerk wurde auch in einem Aufmaß von 1921 dokumentiert, das im Inventar „Kunstdenkmäler der Rheinprovinz“ veröffentlicht wurde. Seitdem ist die aus relativ weichem Tuffstein hergestellte Nische jedoch fast bis zur Unkenntlichkeit verwittert. Eine durch ein Profil gerahmte Spitzbogennische mit Maßwerk erinnert an ein Kirchenfenster und einen sakralen Zusammenhang. Wenn die Nische jemals eine Darstellung trug, dann vermutlich die eines Schutzpatrons wie des Heiligen Michaels.

Da es keine Quellen gibt, die ein Stadtwappen über dem Koblenzer Tor belegen und die vorhandenen Darstellungen dem alle widersprechen, sollte man von der vorgeschlagenen Maßnahme Abstand nehmen. Abgesehen davon würde man hierfür auch bestimmt keine Zustimmung der Denkmalpflege finden. Wir sollten lieber andere historische Details in der Stadt suchen, die dringend auf eine Restaurierung warten. Hier bieten sich etwa eine Ergänzung des stark bestoßenen Ochsenkopfes (feldseitiger Schlussstein) oder eine neue Fassung für das Schutzdach über dem schwarzen Kreuz an der ehemaligen Schafspforte an. Diese beiden Details finden sich am Ochsentor.

Pressemitteilung der

Stadtratsfraktion

Bündnis 90/Die Grünen