Trotz eines Jahresfehlbetrags von 2,9 Millionen Euro wird so viel investiert wie noch nie zuvor

Gemeinderat Wachtbergverabschiedet den Haushaltsplan für 2021

Wachtberg. Mit der Mehrheit der Wachtberger „Regierungskoalition“ aus CDU und Grünen verabschiedete der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung den Haushaltsplan für 2021. SPD, Unser Wachtberg, FDP und UWG lehnten hingegen das Zahlenwerk ab, das bei einem Gesamtvolumen von 42,5 Millionen Euro im Ergebnishaushalt mit einem Jahresfehlbetrag von 2,9 Millionen Euro abschließt. Die geplanten Investitionen erreichen dennoch mit 10,4 Millionen Euro einen neuen Höchstwert. Die kommunalen Steuersätze bleiben dieses Jahr unverändert.

Gestalten statt verwalten

„Gestalten statt verwalten“, so charakterisierte CDU-Fraktionschef Christoph Fiévet den Haushaltsplan, der mit erschwerten Rahmenbedingungen zurechtkommen müsse. Dennoch orientiere sich der Haushalt konsequent an dem derzeit Machbaren. Er biete eine solide Basis für das Ziel, bis zum Ende der Wahlperiode einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Darüber hinaus eröffne er die Möglichkeit zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele und Projekte. Dass der Etat ohne Steuererhöhungen auskomme, erfülle ein wichtiges Wahlversprechen und sei ein deutliches Signal zur Stärkung der Glaubwürdigkeit Wachtberger Politik.

„Dieser Haushalt ist in vielen Bereichen auf Kante genäht und lässt wenig Spielraum für Extrawünsche, aber er bietet auch Chancen“, fand Fiévet. So sei das geplante Investitionsvolumen mit 10,4 Millionen Euro so hoch wie noch nie. Damit wolle man nicht nur einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt und Ausbau der Infrastruktur leisten. „Zugleich ermöglichen sie die Weichenstellungen hin zu mehr Klimaschutz, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität unserer Gemeinde.“ Die drei zusätzlichen Ausbildungsplätze, die im ebenfalls genehmigten Stellenplan enthalten sind, seien lohnende Investitionen in die Zukunft, verbunden mit guten beruflichen Chancen für die Auszubildenden. Zudem berücksichtige der Entwurf weitere Stellen für den konsequenten Ausbau der Digitalisierung der Verwaltung sowie der Optimierung der Abläufe innerhalb des Rathauses. Um den höheren und zeitgemäßen Ansprüchen an eine ökologisch orientierte Landschaftspflege gerecht zu werden, sei zusätzliches Personal im Bereich des Baubetriebshofes vorgesehen.

Bei alledem schiebe die Gemeinde eine Bugwelle noch nicht realisierbarer Investitionen vor sich her. Allein aus dem vergangenen Jahr mussten 15,2 Millionen Euro übertragen und in diesem Jahr durch neue Kredite in Höhe von 8,5 Millionen Euro finanziert werden. „Das macht deutlich, wie weit auch in der Politik Wunsch und Realität auseinanderklaffen.“ 2021 könne der Abstand zur Haushaltssicherungsgrenze noch eingehalten werden. Dass dies schon im kommenden Jahr schwieriger werde, aber keineswegs vollkommen ausgeschlossen sei, zeige die mittelfristige Finanzplanung. Weitere notwendige und politisch gewollte zusätzliche Ausgaben würden spürbare Auswirkungen auf die zukünftigen Haushalte haben, sagte Fiévet voraus. „Wir alle, Politik, Verwaltung und Bürger werden dazu einen Beitrag leisten müssen. Nur so lässt sich in den nächsten Jahren das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts erreichen.“

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, kommentierte Grünen-Fraktionschef Oliver Henkel, passend zu dem Umstand, dass parallel zur Ratssitzung die deutsche Fußballnationalmannschaft bei der Euro 2020 gegen England ausschied. Für den Haushalt der Gemeinde Wachtberg treffe dieser Ausspruch voll und ganz zu, denn spätestens im übernächsten Sitzungsblock seien schon die Rahmendaten für die Jahre 2022 und 2023 zu erarbeiten. Dabei müsse man auf die teilweise schwierigen Rahmenbedingungen im Leben von Privat- und Geschäftsleuten Rücksicht nehmen und die eigentlich notwendigen Steuererhöhungen auf 2022 verschieben. „Was wir im vorliegenden Haushalt haben, ist ein gewisser Paradigmenwechsel, denn die Kosten, die hier in den Plänen stehen, werden dem späteren Ergebnis sehr viel näherkommen, als es bislang der Fall war“, glaubte Henkel. „Dieser Haushalt verdient das Prädikat seriös, sicher nicht spektakulär, doch es ist eine Basis für das, was wir in den kommenden Jahren gestalten wollen und gestalten müssen.“ Er hoffe, dass sich das Leben so weit normalisiere, dass die kommenden Jahre weniger von Einschränkungen dominiert seien und deshalb auch politisch aktiv genutzt werden könnten.

Augen zu und weiter so

„Der Haushalt ist nicht mehr und nichts anderes als die Erklärung: Augen zu und weiter so“, kritisierte Ulrich Feierabend, Fraktionsvorsitzender von „Unser Wachtberg“ den ersten Etat, den der neue Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU) eingebracht hatte. Sämtliche Probleme würden in die Zukunft verschoben und den Kindern aufgehalst, denn die Probleme würden mit Schulden „gelöst“. 13,3 Millionen Euro neue Verbindlichkeiten brächten Schmidt daher den Titel „größter Schuldenmacher“ ein. Dabei habe doch das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich klargemacht, dass die unumkehrbare Verschiebung der Lasten in die Zukunft grundgesetzwidrig sei. Die vielbeschworene Generationengerechtigkeit suche man jedenfalls vergebens. Und schon seit vielen Amtsperioden gebe es das gleiche Bild: „Es werden Schulden angehäuft und die Schuldenspirale dreht sich immer schneller, in schwindelerregende Höhen.“

Der Etat spiegele nichts anderes als das Verhalten eines Konsumenten, der immer weiter fleißig auf Pump bestelle, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie die Schulden einmal bedient werden sollten. „Auch unsere Kinder werden auf uns schimpfen, zurecht, denn sie werden nicht in der Lage sein, sich gegen die ihnen von uns auferlegten Schulden zu wehren. Sie werden die Zeche zahlen müssen für eine Bestellung, die wir aufgegeben haben.“ Es fehlten die Antworten, stattdessen brüste sich Schmidt damit, es sei trotz schwieriger Haushaltslage gelungen, die Ansätze noch zu steigern. „Das ist ein Schlag ins Gesicht unserer Kinder!“

Die einzige Konsolidierungsmaßnahme sei eine deutliche Anhebung der Grundsteuer B für 2022 und eine sehr moderate Anhebung der Gewerbesteuer für 2023. Und das sei noch nicht das Ende der Fahnenstange. Nice-to-have-Projekte könne man sich derzeit nicht leisten, und das müsse man den Menschen in der Gemeinde auch sagen. „Das ist unangenehm, aber unsere verdammte Pflicht, insbesondere den nachfolgenden Generationen gegenüber.“ Die Wählervereinigung „Unser Wachtberg“ vermisse einen strategischen Kurs und könne deshalb den Haushalt nicht mittragen.

Schuldenberge sind

nicht generationengerecht

„Hohe Defizite, hohe Personalkosten und ein anwachsender Schuldenberg sind nicht generationengerecht“, meinte auch SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Wollmann. Auch er vermisste die Konzepte für den vom Bürgermeister in Aussicht gestellten strukturell ausgeglichenen Haushalt. Das gehe nur durch Erhöhung der kommunalen Steuern, wofür Amtsvorgängerin Renate Offergeld (SPD) bereits zu Beginn ihrer Amtszeit ein Konzept vorgelegt habe. „Wider besseres Wissen wurde ihr damals entgegengehalten, dass sie doch erst mal bei den Ausgaben sparen möge, bevor sie die Steuern erhöht.“ Doch auf der Ausgabenseite gebe es nur marginale Sparmöglichkeiten. Wachtberg brauche sicherlich eine gute und zeitgemäße Kommunikations-Infrastruktur, ein gutes Umfeld für Jung und Alt in Form von Kindergärten, Schulen, Verkehrswegen und örtliche Versorgung sowie differenzierte Wohnraum- und ÖPNV-Angebote und nicht zuletzt gut ausgestatteten Rettungsdienste. „Aber überlassen wir die Bezahlung unseres Komforts bitte nicht den nachfolgenden Generationen“, forderte Wollmann. Er bot an, seine Fraktion werde ein Konzept für einen strukturell ausgeglichenen Haushalt mittragen, wenn dies auch mit Steuererhöhungen verbunden sei. Doch die Initiative dafür müsse von CDU und Grünen ausgehen. Weil es dieses Konzept derzeit nicht gebe, lehne die SPD den Haushalt ab.

Beispiel für etwas,

was nicht nachhaltig ist

„Wenn jemand ein Beispiel sucht für etwas, was nicht nachhaltig ist, dann eignet sich der Haushaltsentwurf 2021 dafür“, kommentierte FDP-Fraktionschef Friedrich Oettler. Die Probleme des Gemeindehaushalts hätten kaum etwas mit Covid zu tun, sondern seien das Ergebnis der Politik der Ratsmehrheiten der letzten Jahre. Sparen an der falschen Stelle würde der Gemeinde in den kommenden Jahren auf die Füße fallen, habe Schmidt behauptet, sage aber nichts über die passende Stelle zum Sparen. „Wir wollen aber von Ihnen wissen, wo sie Haushaltskonsolidierung vorschlagen. Wie soll der Umbau der Verwaltung zu einem professionellen Dienstleistungsunternehmen aussehen? Wo setzen sie Aufgabenkritik an? Wie kann Digitalisierung zu Einsparungen führen? Wie kann interkommunale Zusammenarbeit zu Einsparungen führen?“ Stattdessen legte er einen Plan zum Personalaufbau vor, wo doch der Prozess umgekehrt laufen und sich die Organisation den gegebenen personellen und finanziellen Grenzen anpassen müsse. Zudem sei auch der für den gesamten Planungszeitraum bis 2024 vorgesehene „Globale Minderaufwand“ eine Verletzung des Gebots der Haushaltsklarheit. Auch die Feststellung, dass Investitionen notwendig und sinnvoll seien, müsse in jedem einzelnen Fall durch den Vergleich von Handlungsalternativen nachgewiesen werden, forderte Oettler. „Investitionen sollten nicht dazu dienen, Aufwandspositionen aus dem Weg zu räumen und kreditfinanzierte in die Zukunft zu verschieben.“ Außerdem gehörten Investitionen in den Wohnungsbau nicht zum Auftrag der Gemeinde. Die FDP erwarte letztlich viel mehr Ehrgeiz zum Ausschleichen aus dem Leben auf Kredit und könne daher dem Etat nicht zustimmen.

Haushaltskonsolidierung ist

das Gebot der Stunde

„Seit Jahren wirtschaftet die Gemeinde über ihre Verhältnisse, die Schulden nehmen zu und belasten zukünftige Generationen“, bemängelte auch UWG-Fraktionsvorsitzender Joachim Mittweg. Stattdessen würden stetig neue kostenintensive Projekte gestartet, und eine so hohe Steigerung der Personalausgaben habe es noch nie zuvor gegeben. „Dabei ist die Haushaltskonsolidierung das Gebot der Stunde, wir brauchen Konzepte für mehr Ausgabendisziplin, bevor wir über weitere Steuererhöhungen nachdenken.“ Auch er war der Ansicht, dass man auf Dauer nicht um eine moderate Steuererhöhung herumkomme.