Stadtrat Bad Neuenahr-Ahrweiler revidiert seinen Beschluss vom 8. Juli 2021

Grundschule Bad Neuenahr wird jetzt dochkomplett neu gebaut und der Altbau bleibt erhalten

Bad Neuenahr.Die bei der Flutkatastrophe schwerbeschädigte Grundschule Bad Neuenahr wird nicht wiederaufgebaut, wie ursprünglich geplant, sondern stattdessen ein kompletter Neubau auf dem bisherigen Schulgelände in der Weststraße errichtet. Das beschloss der Stadtrat einstimmig in seiner jüngsten Sitzung. Eine Sanierung des fast 60 Jahre alten Gebäudes wäre nämlich mit 15,7 Millionen Euro mindestens genauso teuer wie ein Neubau und somit unwirtschaftlich, das hatte eine aktuelle Kostenschätzung ergeben. Damit hob der Rat zugleich seinen Beschluss vom 8. Juli 2021 auf, mit dem er exakt eine Woche vor der Flutkatastrophe noch festgelegt hatte, die Grundschule im großen Stil zu sanieren und an der Nordseite einen zweigeschossigen Anbau mit insgesamt acht Klassenräumen zu errichten. „Doch veränderte Sachlagen erfordern geänderte Beschlüsse“, unterstrich Bürgermeister Guido Orthen (CDU).

Dabei wäre ein Neubau mit damals geschätzten 10,7 Millionen Euro sogar noch deutlich günstiger gewesen, denn für die Sanierung samt Erweiterung hatte Architekt Michael Unger 2021 die Gesamtkosten mit knapp 14 Millionen Euro errechnet. Allerdings wäre ein Neubau auch deutlich kleiner als der erweiterte Altbau ausgefallen, der Flächenunterschied von stolzen 1200 Quadratmetern gab damals letztlich den Ausschlag zugunsten einer Sanierung. Zumal es einen Zuschuss vom Land nur für die Erweiterungsflächen gegeben hätte, rief Orthen (CDU) die damaligen Entscheidungsgründe in Erinnerung.

Situation stellt sich

völlig anders dar

Nach der Flutkatastrophe stelle sich die Situation jedoch völlig anders dar. Das Wasser habe den gesamten Kellerbereich mit Mensa und Gruppenräumen zerstört und auch die im Erdgeschoss gelegenen Klassenräume sowie die Aula erreicht. Der Schulbetrieb laufe seither auf provisorischer Basis im Erd- und Obergeschoss des Schulgebäudes. Das komplett zerstörte Untergeschoss sei dauerhaft nicht mehr für den Schulbetrieb nutzbar, damit würden zu den ohnehin schon benötigten 865 Quadratmetern Erweiterungsfläche, zusätzliche 400 Quadratmeter benötigt, die aber im bislang geplanten Anbau nicht umgesetzt werden könnten.

Allein die von der Flut verursachten Schäden betrügen somit rund 9,4 Millionen Euro, darüber hinaus seien noch weitere energetische Sanierungen und Brandschutz-Anforderungen zu erfüllen. Außerdem müsste der ohnehin notwendige Erweiterungsbau errichtet werden, so dass sich die Kosten für eine Sanierung samt Erweiterung des bestehenden Schulgebäudes auf 15,7 Millionen Euro summieren würden.

Kosten könnten bis zu 90

Prozent bezuschusst werden

Deshalb habe die Struktur- und Genehmigungsdirektion mittlerweile anerkannt, dass ein Neubau jetzt in jedem Falle wirtschaftlicher sei als die Sanierung des alten Gebäudes mit einer Restnutzungsdauer von nur noch 20 Jahren. Die Kosten, die für eine Sanierung entstanden wären, mithin etwa 9 Millionen Euro, seien dabei zu 100 Prozent förderfähig. Zudem erkenne das Mainzer Bildungsministerium auch das gesamte Raumprogramm einer fünfzügigen Grundschule als förderfähig an, „und das Beste: die beiden Zuschüsse können sogar kombiniert werden!“ Somit sei eine Gesamtförderung in der Größenordnung von 90 bis 95 Prozent möglich bei geschätzten Baukosten von 15,3 Millionen Euro. Ein Grund für die Großzügigkeit des Landes sei wohl auch die Tatsache, dass die Grundschule Bad Neuenahr bislang noch nie bezuschusst worden sei, vermutet Orthen. Er wies aber auch darauf hin, dass die Kosten in beiden Fällen nur grob geschätzt seien und niemand wisse, wie die Preisentwicklung im Bausektor sein werde, wenn tatsächlich die Handwerker anrücken. Angesichts der Tatsache, dass die Stadt der Schule bei einem Neubau aber ein den heutigen baulichen, technischen und pädagogischen Anforderungen entsprechendes Schulgebäude zur Verfügung stellen könne, sei der Neubau als sinnvolle und wirtschaftlichste Alternative zu bevorzugen. Für den Neubau soll es einen Architektenwettbewerb geben, für den das Pflichtenheft noch in Zusammenarbeit mit der Schule erarbeitet werden müsse. „Die zu bewältigende Planungsaufgabe ist nämlich extrem komplex und anspruchsvoll“, wusste Orthen. Ein Realisierungswettbewerb biete die Möglichkeit, ein optimiertes Konzept für die Lösung der Planungsaufgabe zu finden und die ästhetische, ökologische, ökonomische, soziale, funktionale und technische Qualität der Aufgabe aufzuzeigen. „Natürlich sind hier auch die Aspekte des Hochwasserschutzes zu berücksichtigen und die pädagogischen Ansprüche der Schule zu integrieren“, so der Bürgermeister. Auch könnten Ideen und Konzepte für eine Zwischen- und Nachnutzung des bisherigen Schulgebäudes mit ausgelobt werden.

Wirtschaftlich und

planerisch ein Gewinn

„Heute blicken wir auf eine neue Ausgangslage, zum einen wegen eines durch die Flutkatastrophe deutlich stärker sanierungsbedürftigen Schulgebäudes, und zum anderen wegen einer veränderten Fördersituation“, begrüßte Dr. Annette Gies (CDU) die Entscheidung für den Neubau der Grundschule Bad Neuenahr. Das Land sei bereit, das gesamte Raumprogramm mit einzubeziehen und gleichzeitig die Wiederaufbauförderung zu gewähren – aus Sicht der CDU für die Stadt und der Grundschule ein wahrer Gewinn in wirtschaftlicher als auch planerischer Sicht. Die neue Faktenlage könne begrüßt werden, um der Schule und den dort arbeitenden und lehrende Menschen eine Neugestaltung nach ihren Vorstellungen zu ermöglichen. „Politik muss in dieser Hinsicht flexibel bleiben und die veränderte Ausgangslage berücksichtigen“, forderte sie. Das letzte Argument für einen Neubau sei, dass die weiteren Folgekosten für das Schulgebäude hoffentlich dauerhaft gesenkt werden könnten, allerdings gelte es die Kosten bei allen Entscheidungen weiterhin im Blick zu haben.

Ursula Koll (SPD) sah mit der Entscheidung für den Neubau ebenfalls eine gute Möglichkeit, das Schulgebäude auf moderne, pädagogische Konzepte auszurichten. Alfred Förner (FWG) wusste, dass die Ahrflut in mehrfacher Hinsicht Auswirkungen auf das Projekt Grundschule gehabt habe. „Auf den Punkt gebracht heißt es, dass einerseits das Wasser den Keller und das Erdgeschoss erheblich zerstört haben, wodurch die Kosten für die Sanierung und Erweiterung deutlich steigen würden. Andererseits zeichnet sich eine hohe Fördersumme für einen entsprechenden Neubau ab.“ Diese neue Situation habe seine Sicht der Dinge als ursprünglicher Verfechter der Sanierungsbemühungen verändert. Auch Martin Kallweitt (AfD) freute sich, dass sich somit die Gelegenheit biete, von Grund auf neu zu planen und zukunftsgerecht und modern zu gestalten.

In der Weststraße etwas Neues

„In der Weststraße etwas Neues“, persiflierte Rolf Deißler den Titel eines deutschen Filmes, der am Vorabend der Ratssitzung gleich vier Oscars gewonnen hatte. Dort entstehe nämlich eine völlig neue Schule, was der veränderten Faktenlage geschuldet sei. Dr. Jürgen Lorenz (Wählergruppe Jakobs) unterstützte das Ausloben eines Wettbewerbs für ein Neubau neben dem Bestandsgebäude im Vertrauen darauf, dass der Altbau erhalten bleibe. Das forderte auch Marion Morassi (Die Linke). Orthen machte indes klar, dass ein solcher Vorschlag, den Altbau einzureißen, von der Stadtverwaltung niemals erhoben werde. Über eine künftige Nutzung des Gebäudes müsse der Stadtrat allerdings nach der Fertigstellung des Neubaus dann eine eigenständige Entscheidung treffen.