Kreistag beschließt Klimaschutzinitiative für den Kreis Ahrweiler

Klimaschutzmanager soll einKlimaschutzkonzept den Kreis erarbeiten

Von Von unserem Mitarbeiter Volker Jost

Kreis Ahrweiler. Mit großer Mehrheit beschloss der Kreistag in seiner jüngsten Sitzung eine „Klimaschutzinitiative für den Kreis Ahrweiler“. Lediglich die AfD stimmte gegen den gemeinsamen Antrag von CDU, FWG und FDP. Demnach soll erstmals eine aktuelle Treibhausgas-Bilanzierung für den Kreis erstellt werden. Außerdem will man einen Förderantrag erarbeiten, um einen Klimaschutzmanager einstellen zu können. Die diversen jährlichen Berichte zum Thema Energiewende und Klimaschutz sollen ab 2020 zu einem einheitlichen Klimaschutzbericht zusammengeführt werden, um ein vollständiges Bild zu den Aktivitäten und Entwicklungen des Klimaschutzes auf Ebene des Kreises zu erhalten. Nicht zuletzt soll eine Öko-Audit-Zertifizierung der Kreisverwaltung sowie des Eigenbetriebes Schulen und Gebäude und des Abfallwirtschaftsbetriebes durchgeführt werden. „Damit hat der Kreis die umfangreichste Klimaschutzinitiative aller rheinland-pfälzischen Landkreise gestartet“, freute sich CDU-Fraktionsvorsitzender Karl-Heinz Sundheimer.

Nach Auffassung von CDU, FWG und FDP müsse der Klimaschutz umgehend und nachhaltig erweitert, ausgebaut, intensiviert und beschleunigt werden. Der Klimawandel sei eine der größten globalen Herausforderungen, denen sich die Menschheit gegenübersehe, begründete Sundheimer den gemeinsamen Antrag. Die Auswirkungen des Klimawandels seien auch in Rheinland-Pfalz spürbar. In den vergangenen 130 Jahren sei die langjährige Jahresmitteltemperatur um etwa 1,5 Grad Celsius angestiegen. Extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Hagelschlag und Hitzeperioden traten in den vergangenen Jahren häufiger auf, ihre Intensität werde in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch zunehmen. Neben Schäden durch Überflutungen und Unwetter steige auch die gesundheitliche Belastung für Menschen durch extreme Hitze, insbesondere in den Städten. Vor diesem Hintergrund sei der Kreis Ahrweiler bereits dem Klimabündnis der europäischen Städte mit den indigenen Völkern der Regenwälder „Alianza del Clima“ beigetreten.

CO2-Ausstoß in fünf Jahren

um zehn Prozent senken

Damit habe sich der Kreis ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. So soll der CO2-Ausstoß in fünf Jahren jeweils um 10 Prozent gesenkt werden. Mit Blick auf den Klimaschutz müssten deshalb die bereits durch das Projekt EnAHRgie angestoßenen Prozesse über das Thema der erneuerbaren Energien hinaus zum Klimaschutz umfassend erweitert werden, so Sundheimer. Nach dem Klimaschutzbericht des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2017 wolle auch das Land seiner Vorbildrolle gerecht werden. Es habe sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Behörden, Hochschulen und sonstigen Landeseinrichtungen, soweit sie der unmittelbaren Organisationsgewalt des Landes unterliegen, in der Gesamtbilanz klimaneutral zu organisieren.

In ihrer Verantwortung, den eigenen machbaren Beitrag zu leisten, würden die kommunalen Spitzenverbände in Rheinland-Pfalz mit dem Land zusammen derzeit eine Vereinbarung zum Klimaschutz erarbeiten. Die jetzt beantragten Maßnahmen seien elementare Bausteine des Kreises Ahrweiler auf dem Weg einer nachhaltigen, klimafreundlichen Politik. Die Fraktionen von CDU, FWG und FDP im Kreistag hielten es deshalb für erforderlich, den aktuellen Ist-Stand des Treibhausgas-Ausstoßes CO2 zu ermitteln, um die künftigen Entwicklungen anhand dieser Basiswerte bewerten zu können. Dies sei Voraussetzung dafür, dass die Einhaltung der Selbstverpflichtung des Kreises nachvollzogen werden könne. Dabei sollen alle im Kreisgebiet anfallenden Verbräuche berücksichtigt und den verschiedenen Verbrauchssektoren zugeordnet werden. Die Transferstelle Bingen habe in diesen Fragen ein hohes fachliches Renommee, so dass diese damit beauftragt werden solle.

Klimaschutzmanager

wird zu 65 Prozent gefördert

Durch die neue Kommunalrichtlinie werde zudem der Weg eröffnet, ein Klimaschutzkonzept durch einen Klimaschutzmanager mit fachlicher externer Unterstützung erstellen zu lassen. Der Förderantrag für diese Stelle soll mit beratender Unterstützung der Energieagentur des Landes Rheinland-Pfalz von der Transferstelle Bingen als qualifiziertes Institut erarbeitet werden. Der Klimaschutzmanager müsse nach 18 Monaten das Konzept beim Projektträger Jülich vorlegen. Innerhalb der ersten zwei Jahre besteht eine Förderquote von 65 Prozent der Personal- und Sachkosten. Darauf aufbauend könne in einem Anschlussvorhaben eine Förderung zur Umsetzung des Konzeptes von 40 Prozent für weitere drei Jahre beantragt werden.

Weiter soll ein Klimaschutzbericht des Kreises im Sinne eines umfassenden und übersichtlichen Monitoring-Instrumentes die Informationen aus den bisherigen Berichten „Statusbericht Energiewende“, dem „Energiebericht“ des ESG, die Aktivitäten der Solarstrom Ahrweiler GmbH sowie dem Bericht „Artenreiche Wiese“ bündeln. Darüber hinaus soll er Auskunft über unterschiedliche Projekte zum Klimaschutz und der Klimawandelanpassung im Kreis geben. Er soll unter anderem die Integration von Klimaschutzaktivitäten des Abfallwirtschaftsbetriebs, Informationen zum Naturschutzgroßprojekt Obere Ahr/Hocheifel, zu Renaturierungen, dem ÖPNV sowie zu weiteren zukünftig angestrebten Projekten und Maßnahmen mit Bezug zum Klimaschutz, über die bislang fokussierte Betrachtung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen hinaus, enthalten.

Vorbildwirkung für

Wirtschaft und Bevölkerung

Ein weiterer wichtiger Baustein sei die EMAS-Zertifizierung der Kreisverwaltung einschließlich der Eigenbetriebe ESG und AWB. EMAS ist die Kurzbezeichnung für Eco-Management and Audit Scheme, auch bekannt als EU-Öko-Audit, erläuterte Sundheimer. Nach Auskunft der Verwaltung sei hierzu eine Personalstelle erforderlich. Gerade die hiervon ausgehende Vorbildwirkung und die mit der Zertifizierung in der gesamten Belegschaft angestoßenen Prozesse böten die Chance, Klimaschutz nachhaltig in der Verwaltung und aufgrund der Vorbildwirkung darüber hinaus auch in Wirtschaft und Bevölkerung zu verankern.

Bislang liege der Kreis Ahrweiler bei den erneuerbaren Energien auf dem letzten Platz in Rheinland-Pfalz, ergänzte FWG-Fraktionsvorsitzender Jochen Seifert. Der Kreis habe nämlich mit erheblichen Nachteilen zu kämpfen, weil die natürlichen Voraussetzungen für Energie, Biomasse oder Wasserkraft weitgehend fehlten. Dennoch habe man sich gemeinsam zu dieser Klimaschutzinitiative entschlossen, die landesweit in dieser Kompaktheit einmalig sei. „Die Klimaerwärmung ist durch unser Handeln in der Zukunft beeinflussbar. Auch wenn wir nur ein kleines Teilchen sind, sollten wir beispielhaft vorangehen“, forderte er.

Klimawandel

beschleunigt sich dramatisch

Grünen-Fraktionschef Wolfgang Schlagwein bedauerte, dass in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig getan worden sei und mittlerweile die Zeit knapp werde. „Der Klimawandel wartet nicht.“ Gegenteil beschleunige er sich dramatisch und zwinge dazu, die Ziele vorzuverlegen und nicht nach hinten zu schieben. Er unterstützt deshalb das Vorhaben, die CO2-Emissionen alle fünf Jahre um jeweils zehn Prozent zu senken. Darüber hinaus stelle seine Fraktion den Antrag, die CO2-Äquivalente um zehn Prozent pro Jahr zu senken und korrespondierend dazu den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen, denn das eine bedinge das andere. Der Kreis könne mehr machen und müsse mehr machen. Doch sein Antrag wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt, lediglich die SPD enthielt sich.

Für die AfD begründete der Fraktionsvorsitzende Dr. Johannes Hüdepohl ihre Ablehnung mit dem Hinweis, es gebe zwar einen Klimawandel, doch der sei nicht menschengemacht. Darüber hinaus habe der CO2-Anteil des Kreises Ahrweiler für das Weltklima keinerlei Relevanz. „Da können auch noch so genau die Treibhausgas-Emissionen des Kreises bilanziert und nachgemessen werden, in dieser Bilanz sind ein paar tausend Tonnen CO2 schlicht irrelevant.“ Er bezweifelte, dass vor diesem Hintergrund eine kostspielige Zertifizierung und ein Klimaschutzmanager Kreis Ahrweiler wirtschaftlich vernünftig seien. Das Geld könne man an anderer Stelle besser einsetzen. Etwa für die massive Aufforstung der Wälder, womit ein weitaus höherer Wirkungsgrad in Sachen Klimaschutz erreicht werde.

„Wir werden nicht die Welt retten, aber darum geht es auch nicht“, entgegnete FDP-Fraktionschef Ulrich van Bebber. Deutschland und der Kreis Ahrweiler müssten Vorbild sein, „denn wenn wir es nicht hinkriegen, dann kriegen es die anderen erst recht nicht hin.“ Wobei Sundheimer zugab, dass auch seine Partei von „Fridays for Future“ auf das Thema gestoßen worden sei und mittlerweile gemerkt habe: „Der Klimaschutz ist wichtiger, als wir ihn die ganze Zeit genommen haben.“