Stadtrat beschäftigt sich mit Etat 2023

Knapp sieben Millionen Euro fehlen: Andernacher Haushalt wackelt

Knapp sieben Millionen Euro fehlen: Andernacher Haushalt wackelt

Grundschule Hasenfänger: „An Kindergärten, Schulen und Feuerwehr wird nicht gespart.“

Andernach. Einstimmig hat der Andernacher Stadtrat den Haushalt für 2023 in seiner 29. Sitzung im Bürgerhaus Miesenheim verabschiedet. Ebenso einig waren sich die Parteien in der Erwartung, dass der Etat in dieser Form von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD aufgrund der erheblichen Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben wohl nicht genehmigt wird.

Der Haushaltsplan für das kommende Jahr geht von Erträgen in einer Gesamtsumme von rund 102,5 Mio. Euro aus; damit bewegen sich die Einnahmen erstmals in dreistelliger Millionenhöhe. Gegenüber 2022 mit Erträgen von 94,9 Mio. bedeutet dies eine Mehreinnahme von 8,2 Mio. Euro bzw. ein Plus von 8,6 %.

Da die Ausgaben jedoch von 94,8 Mio. um 14,6 Mio. (+ 15,4 %) auf 109,4 Mio. Euro anschwellen, entsteht im Haushalt 2023 eine Finanzierungslücke von 6,9 Mio. Euro. Weit überdurchschnittlich wachsen die Ausgaben für die Posten Sach- und Dienstleistungen (Aufwendungen aus Verwaltungsbedarf) mit 66,8 %, sonstige laufende Aufwendungen mit 39,8 % und soziale Sicherung mit 27,5 %.

In seiner Haushaltsrede benannte Oberbürgermeister Achim Hütten die Energiekosten, die Übernahme dreier Kindertagesstätten in städtische Trägerschaft und die Investitionen in den Klima- und Umweltschutz als wesentliche Faktoren der Ausgabensteigerung. Ihm sei klar, dass die ADD den Haushalt vielleicht nicht genehmige, aber empfahl, das auf sich zukommen zu lassen. Man habe den Haushalt intensiv durchforstet, er sehe das Defizit als Zukunftsinvestition. Projekte wie das Culinacum am Runden Turm seien wichtig für die Entwicklung der Stadt, gleiches gelte für Kindergärten, Schulen und Feuerwehr. Hier komme sparen nicht in Frage. Es sei seltsam, welch unterschiedliche Maßstäbe hinsichtlich von Haushaltsdefiziten gelten würden, erklärte der Oberbürgermeister. Während Bund und Länder die Schuldenaufnahme äußerst kreativ handhaben würden, gelte für Kommunen eine solch strikte Finanzaufsicht, dass kaum noch Luft für Eigenständigkeit verbleibe. Auch die Erhöhung der Grundsteuern zum 1.1.2023 sei praktisch vom Land über den Kommunalen Finanzausgleich vorgeschrieben, wenn die Stadt nicht Fördergelder verlieren wolle.

In der nachfolgenden Aussprache folgten die Fraktionsvorsitzenden den Ausführungen Achim Hüttens im Wesentlichen und bekundeten ihr Einverständnis mit dem Haushalt. Hartmut Dressel, Fraktionsvorsitzender der FWG, erläuterte, warum seine Partei dem Etat nun doch uneingeschränkt zustimme: Erst in der vorigen Woche habe man das Großprojekt Culinacum in der Sondersitzung des Haupt-, Finanz-, Planungs- und Kulturausschusses im Detail kennenlernen können, jetzt seien die Zweifel beseitigt. Dressels Parteikollege Christian Greiner, der am 13. November mit großer Mehrheit zum Nachfolger von Achim Hütten gewählt wurde, hatte das Culinacum in einem Interview mit dem SWR infrage gestellt: Man müsse genau schauen, ob sich Andernach angesichts der Haushaltslage dieses Projekt leisten könne, meinte er. Zudem sähen viele Bürger das Geld woanders besser aufgehoben. Hintergrund: Die Verwirklichung des Culinacums erfordert von der Stadt Andernach einen Eigenanteil in Höhe von rund 2,3 Mio. Euro.

Dr. Christoph Henrichsen, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen, nutzte die Aussprache, um die Verdienste von Achim Hütten zu würdigen, der zum letzten Male den Stadthaushalt einbrachte. Henrichsen erklärte, Hütten habe durch seine Leistungen als Oberbürgermeister die Latte für den Nachfolger hochgelegt; er sei ein „Moderator maximus“, der es in Verhandlungen schaffe, dass sogar diejenigen sich als Gewinner fühlen, die den Blumentopf erhalten. Trotzdem berge der Wechsel im Amte auch Vorteile: Routine und Mehltau, die sich in der Verwaltung niedergelassen hätten, könnten nun frischem Elan weichen.