Alternative für Deutschland mit Auflösungserscheinungen im Kreis Ahrweiler

Kompletter Kreisvorstandlegte die Ämter nieder

Kreis Ahrweiler. Starke Auflösungserscheinungen herrschen derzeit beim Kreisverband Ahrweiler der Alternative für Deutschland (AfD) als Folge des Bundesparteitages in Essen. Bei der Mitgliederversammlung im Hotel „Zum Stern“ in Heimersheim legte der komplette Kreisvorstand seine Ämter nieder und trat geschlossen aus der Partei aus. Da von der verbliebenen Handvoll Parteimitglieder keiner bereit war, ein Vorstandsamt zu übernehmen, ist der Kreisverband nun führungslos und muss kommissarisch vom Landesverband verwaltet werden. Ein neuer Vorstand kann erst wieder bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gewählt werden, die der Landesvorstand einberufen muss. Allerdings haben in den drei Wochen seit dem Bundesparteitag bereits fast die Hälfte der Mitglieder im Kreis Ahrweiler ihr Parteibuch zurückgegeben. 23 der 56 Mitglieder im Kreisverband seien bereits ausgetreten, so der stellvertretende Vorsitzende Stefan Petri. Er rechnet mit weiteren Austritten. Als erster hatte der frühere Kreisvorsitzende Professor Dr. Martin Hofmann-Apitius bereits am 7. Juli seinen Austritt aus der AfD erklärt und war zugleich von seinem Amt zurückgetreten. Jetzt zogen auch die verbliebenen Vorstandsmitglieder Dr. Johannes Hüdepohl, Stefan Petri, Frank Jürgensen, Gabriele Hüdepohl, Manuela Olschewski und Jürgen Fuchs die gleichen Konsequenzen.

Drei Kreistagsmitglieder

wollen ihre Sitze behalten

Zugleich erklärten die drei Mandatsträger im Kreistag Ahrweiler, Dr. Johannes Hüdepohl, Stefan Petri und Frank Jürgensen, dass sie ihre Sitze in dem Gremium behalten wollen. Sie wollen ihre Fraktionsgemeinschaft in „Allianz für Ahrweiler“ (AfA) umbenennen. Die inhaltliche und programmatische Ausrichtung, mit der man zur Kommunalwahl 2014 angetreten sei, bleibe unverändert bestehen, ebenso die Aufgabenverteilung in der Fraktion. Mit diesem Schritt möchten drei Mandatsträger klar machen, so ihr Sprecher Hüdepohl, „dass wir den neuen Kurs der Partei, der mit dem Essener Parteitag eingeschlagen wurde, missbilligen, nicht mitzutragen bereit sind und keine Möglichkeit sehen, in der Partei weiter mitzuarbeiten.“ Mit dem Parteitag in Essen sei eine schwerwiegende Gewichtsverlagerung im Selbstverständnis, in Programmatik, Stil und Kultur der AfD erfolgt, mit der man sich nicht mehr identifizieren könne. „Die neue AfD jedenfalls ist nicht die Partei, in die wir 2013 eingetreten sind.“ Der Austritt richte sich ausdrücklich nicht gegen die bisherige Mehrheit der Mitglieder im Kreisverband Ahrweiler und in Rheinland-Pfalz, mit denen man mehr als zwei Jahre gute politische Arbeit geleistet habe, betonte Hüdepohl.

Entlastung gestaltete

sich schwierig

Weil auch die beiden gewählten Kassenprüfer Christoph Gerner-Beuerle und Manfred Sebastian abhandengekommen waren, gestaltete sich die Entlastung des Vorstandes schwierig. Der Vorstand aber selbst hat die Prüfung übernehmen müssen und sämtliche Vorstandsmitglieder haben den Prüfbericht unterzeichnet“, erklärte Frank Jürgensen, der sich der Sache federführend angenommen hatte. Der Kreisverband habe eine ordentliche finanzielle Reserve gebildet für die bevorstehenden Wahlkämpfe, erklärte er. Die Entlastung erfolgte einstimmig.

Mit dem Parteitag in Essen habe sich eine schwerwiegendeÄnderung in Programmatik, Stil und Kultur der Partei vollzogen, berichtete Hüdepohl den sechs konsternierten „einfachen“ Parteimitgliedern, die zu Mitgliederversammlung erschienen waren. Das sei schon auf dem Parteitag selbst angesichts übler Pöbeleien erkennbar geworden. „Ich war damals stark mitgenommen angesichts der Atmosphäre, die in der Halle geherrscht hat“, erinnerte er sich. Diese Entwicklung sah der Kreisvorstand als nicht revidierbar an - auch deshalb, weil namhafte Kräfte einer gemäßigten Orientierung zwischenzeitlich ausgetreten seien oder noch austreten würden.

Es wurde kein

neuer Vorstand gewählt

Der zurückgetretene Kreisvorsitzende Martin Hofmann-Apitius, der als Gast an der Mitgliederversammlung teilnahm, ging sogar noch weiter: „In Essen herrschte ein Pöbel und ein Mob, mit dem ich in keiner Weise assoziiert sein will. Die grundlegende Änderung der Programmatik lasse sich am besten an der „Erfurter Resolution“ vom März 2015 festmachen. Darin sei zur „Sammlung“ der Kräfte des rechten „Flügels“ aufgerufen und eine „grundlegende politische Wende“ der Partei hin zu einer fundamental-oppositionellen Protestpartei gefordert worden. Das darin zum Ausdruck kommende weltanschauliche und politische Selbstverständnis bedeute eine kompromisslose Kampfansage an die „bürgerlich-konstruktive“ Grundorientierung der damaligen Mehrheit des „Lucke-Lagers“. In Essen habe der Erfurter Flügel der neuen Ausrichtung der Partei und des Parteivorstandes zur klaren Mehrheit verholfen, so Hüdepohl weiter. Auch wenn diese Wandlung der Partei nicht sofort überall sichtbar werde - „Die neue Vorsitzende wird den Kräften, denen sie ihre Wahl verdankt, Tribut zollen und schließlich darauf einschwenken müssen.“erklärte er. Diese Entwicklung sei in ihren Ansätzen schon zu beobachten und werde sich zunehmend durchsetzen.

Für diese neue AfD werde die Gründungsidee der Partei - die Kritik an der Euro-Währungsunion und an zentralistischen Auswüchsen der EU - eine grundsätzlich andere und eher untergeordnete Rolle spielen, sagten die scheidenden Vorstandsmitglieder voraus. „Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Partei sich just zu dem Zeitpunkt zerlegt, an dem das Scheitern der Griechenland-Rettungspolitik - wie von der AfD von Anfang an voraus gesagt - dramatisch sichtbar geworden ist“, erklärte Hüdepohl. Diese „Rettungspolitik“ hetze seiner Meinung nach die europäischen Völker gegeneinander auf. Für Deutschland gehe es dabei nicht nur um sehr viel Geld, sondern vor allem um eine veränderte Währungs-, Geld-, Finanz- und Wirtschaftspolitik, die den Wohlstand des Landes nicht nur für die heutige Generation, sondern für die der Kinder und Kindeskinder untergrabe.

Für Eigenverantwortung

und Subsidiarität

Angesichts der jetzt beschlossenen „Fortsetzung der Griechischen Farce“ bleibe für die Unterzeichner die zentrale Gründungsidee der AfD dringlicher denn je, dass nämlich jedes Land seinen Wohlstand selbst zu erwirtschaften habe und Misswirtschaft und Schulden nicht auf andere abwälzen dürfe. Man werde auch künftig solche Politik und Politiker unterstützen, die sich sachlich und konstruktiv für Eigenverantwortung und Subsidiarität und für eine Lösung der Währungs-, Wirtschafts- und Schuldenkrise einsetzten.