Kreis Neuwied subventioniert ÖPVN bis Juli 2020

Kreissauschuss wendet Insolvenzder MVB mit Rettungsschirm ab

Kreissauschuss wendet Insolvenz
der MVB mit Rettungsschirm ab

Damit Schüler und Menschen ohne Auto mobil bleiben, bewilligte der Kreisausschuss den MVB 50.000 Euro/Monat Zuschuss.Fotos: FF

Kreissauschuss wendet Insolvenz
der MVB mit Rettungsschirm ab

Die Mittelrheinischen Verkehrsbetriebe (MVB) hatten mit der Insolvenz und damit der Einstellung des Busbetriebs zum 1. November gedroht.

Neuwied. Es war eine Entscheidung mit heftig Wut im Bauch. Trotzdem sprach sich der Kreisausschuss einstimmig, bei Enthaltung der AfD, für die Bezuschussung der Mittelrheinischen Verkehrsbetriebe (MVB) mit monatlich 50.000 Euro aus. Und zwar aus Alternativlosigkeit. Wenn der Kreis Neuwied den Busverkehr in der Stadt Neuwied nicht bezuschusst, hätten die MVB zum 1. November Insolvenz angemeldet. Dann wären Schüler nicht mehr zu Schule, Arbeitnehmer nicht zur Arbeitsstelle und Kranke nicht mehr zum Arzt gekommen. „Uns ist praktisch die Pistole auf die Brust gesetzt worden“, drückte es Landrat Achim Hallerbach (CDU) drastisch aus. Die letzten Wochen seien für ihn und seinen Kreisvorstandskollegen Michael Mahlert (SPD) nervenaufreibend und zum Teil schlaflos gewesen. Beiden schwebte das Szenario im Kopf, dass sich Anfang der Sommerferien im Hunsrück abspielte. Der dortige Busbetreiber war insolvent und im ÖPVN ging nichts mehr. Bis zum 3. Juli 2020 sind die monatlichen Finanzspritzen beschlossen. Was danach passiert wird in den nächsten Wochen von einem Planungsbüro ergebnisoffen skizziert. „Die Überlegungen gehen auch in Richtung Bürgerbus, Bus on demand bzw. zurück zur Kommunalisierung“, erläuterte Michael Mahlert. Achim Hallerbach stimmte schon einmal alle darauf ein, dass eine Kommunalisierung sehr viel Geld kosten würde. Wenn dieser Weg beschritten werde, dann müsse das in enger Abstimmung mit der Stadt Neuwied geschehen. Soll heißen: Die Stadt muss sich an den Kosten beteiligen. Derzeit obliegt die Schülerbeförderung dem Kreis, der die Fahrtkosten bezuschusst. Zumindest nach aktuellem Recht, wird es vom Land Rheinland-Pfalz für den ÖPNV keine Bezuschussung geben. Angesichts der aktuellen Klimadiskussionen könnte sich das zukünftig ändern. Wenn das Land den ÖPNV zur Pflichtaufgabe der Kommunen macht, muss auch Geld fließen. Bei einer Kommunalisierung geht Reiner Kilgen (CDU) von einer hohen siebenstelligen Summe aus. Als ehemaliger Neuwieder Bürgermeister kennt er noch den ÖPNV der Stadtwerke. Für Verärgerung sorgte beim Kreisvorstand und den politischen Fraktionen die adhoc Situation. Zwar sei der Kreisvorstand schon seit August mit den Geschäftsführern Axel und Kim Zickenheiner wegen Abrechnungsproblemen beim Jobticket im Gespräch gewesen. Aber erst am 25. September sei man mit der Insolvenz zum 1. November konfrontiert worden, berichtete Achim Hallerbach. An Vorschlägen für Einsparungen seien die MVB nicht interessiert gewesen. Auskünfte, welche Strecken besonders defizitär sind, wurden nicht erteilt. Erwartungen seitens der MVB, dass die Fahrgastzahlen steigen, hätten sich nicht bewahrheitet. „Einzig mögliche Einsparungen beim Schülerverkehr wurden uns genannt“, berichtete der Landrat. Dabei sei der Schülerverkehr ein lukratives Geschäft, mit dem der defizitäre Linienverkehr üblicherweise kompensiert wird. „Wir brauchen den ÖPNV, für uns steht die soziale Komponenten im Vordergrund“, erklärte Michael Mang die Zustimmung der SPD. Mit der Alternativlosigkeit begründete Michael Christ die Zustimmung der CDU Fraktion. Er sprach sich als Freund einer Kommunalisierung aus und ist gespannt auf die Ergebnisse des Planungsbüros. Susanne Haller (Bündnis 90/Die Grünen) ist skeptisch, was den Fahrplan anbelangt. Dass eine Alternative im Juli 2020 an den Start geht, hält sie für sehr sportlich. Susanne Haller kommt aus Berlin. Sie berichtete von einem tollen System, aber öffentlich bezuschusst sei dies ebenfalls. Parteifreund Ralf Seemann schloss sich dem an. „Wir erkaufen uns zunächst nur Zeit“, so der Grüne. Über die MVB ist er verärgert.

Nur Alibi Hybrid auf der Straße

Der Betrieb schicke ein halbes duzend Alibi Hybrid Busse auf die Straße und ansonsten nur stinkende und laute Dieselfahrzeuge. „Das Unternehmen hat die Gunst der Stunde genutzt“, vermutete Jochen Bülow (Die Linke). Zwar stimmte auch er für die Bezuschussung, warnte aber davor, damit Tür und Tor zu öffnen. „Das muss an anderer Stelle im Kreis gut erklärt werden“, meinte der Linke. Achim Hallerbach ließ durchblicken, dass man an den Kreisgrenzen zu NRW so alternativlos nicht sei. Noch deutlicher als Jochen Bülow sprach sich Udo Franz (FWG) aus. „Ich fühle mich hinter das Licht geführt. So mit uns umzugehen ist ein no go“. Er echauffierte sich darüber, dass den MVB bei der Übernahme des Streckennetzes im Jahr 2018 doch die Zahlen vorgelegen hätten. Vergeblich wollte er wissen, was denn nun genau zum Defizit führt. Ulrich Schreiber (FDP) stellte in Frage, ob der ÖPNV angesichts klammer Kassen generell vom Kreis finanziert werden kann. Andreas Bleck erklärte die Enthaltung der AfD so: „Wir stören uns an der mangelnden Transparenz und dass ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit Steuergeld bezuschusst wird“.