Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises Ahrweiler wird ab 2025 zur Anstalt öffentlichen Rechts

Kreistag will weiter das letzte Wort haben

Kreistag will weiter das letzte Wort haben

Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises Ahrweiler wird in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Foto:GS

Kreis Ahrweiler. Der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Kreises Ahrweiler soll in eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) umgewandelt werden. Das hat der Kreistag in seiner letzten Sitzung vor dem Jahreswechsel mehrheitlich mit 33 Ja-Stimmen beschlossen. Nach der Jahresbilanz 2022 beträgt die Bilanzsumme zum 31. Dezember vorigen Jahres 27 Millionen Euro. Gegenüber der Jahresbilanz 2021 ist eine Minderung zu verzeichnen, die aus der Minderung des Anlagevermögens resultiert. Das Wirtschaftsjahr 2022 schließt mit einem Jahresgewinn von 1,6 Millionen Euro.

Der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft des Landkreises Ahrweiler wurde 1995 gegründet und entwickelte sich in den darauffolgenden Jahren in ein wirtschaftliches Entsorgungs- und Stoffstrommanagement. Die Liegenschaften in Remagen-Kripp, Leimbach und „Auf dem Scheid“ in Niederzissen wurden zu modernen Dienstleistungszentren ausgebaut. „Während früher insbesondere die Verwaltung von Entsorgungsverträgen und der Gebühreneinzug das Geschäft des AWB prägten, ist der Betrieb seit 2016 zu einem umfassenden kommunalen Entsorgungsdienstleister geworden“, fasste Landrätin Cornelia Weigand zusammen. Nach knapp 30 Jahren Eigenbetrieb sei der AWB heute ein operativ handelnder Wirtschaftsbetrieb mit aktuell 94 Mitarbeitenden, der zum Jahreswechsel 2025 auf mehr als 120 Personen anwachsen werde.

Energie aus Biomüll

Im Rahmen des Abfallwirtschaftskonzepts 2024 bis 2028 habe sich der AWB dazu entschieden, sein Leistungsspektrum zu erweitern und die Dienstleistung Bioabfallsammlung nach der Sammlung von Rest- und Sperrmüll ebenfalls in Eigenregie durchzuführen. Parallel dazu plant der AWB den Bau einer Bioabfallvergärungsanlage im Industriegebiet Niederzissen, um die Verwertung des Bioabfalls ebenfalls kommunal zu gewährleisten.

„Der Kreis hat hier erstmals die große Chance selber aktiv die Bioabfälle zu erneuerbaren Energien zu verarbeiten und dabei für die Versorgung der Landwirtschaft und des Weinbaus wichtige Qualitätskomposte zu erzeugen“, erklärt Weigand. Mit dem Betrieb einer Bioabfallvergärungsanlage werde der AWB zum industriellen Produzenten, bei dem es angepasster Strukturen bedürfe. „Wir benötigen eine tragfähige und zukunftsfeste Organisationsform. Der Formwechsel in eine Anstalt öffentlichen Rechts bietet den dafür erforderlichen Rahmen“, führte die Landrätin weiter aus.

„Der finanzielle Erfolg des Betriebes einer Vergärungsanlage hängt direkt von der operativen Handlungsfähigkeit des Abfallbetriebes ab“, betonte auch Sascha Hurtenbach, Werkleiter des AWB. „Deswegen bin ich sehr froh über die Zustimmung des Kreistags. Die Umwandlung ist dringend notwendig, da wir dann noch flexibler und angepasster agieren können.“ Mit dem Bau der Anlage rechnet Hurtenbach 2026. Die Kosten für eine solche Anlage bezifferte er im Gespräch mit Blick aktuell mit zurzeit geschätzten 32 Millionen Euro. Eine Investition in die Zukunft, denn das dort produzierte Biogas könne zur Energieerzeugung genutzt werden. Den möglichen „Ertrag“ schätz der Werkleiter auf 8000 Megawattstunden. Damit könne dann unter anderem auch eine neue Flotte von E-Abfallentsorgungsfahrzeugen betrieben werden. Zukunftsmusik, für die jetzt die Noten geschrieben werden.

Umwandlung des AWB

Die Umwandlung des AWB birgt nach Ansicht der Kreisverwaltung wichtige Vorteile. So bringe die Umorganisation einen Zuwachs an Handlungsflexibilität, wirtschaftlich wie auch bei der internen Organisation des Personals. Durch die AöR sei zudem eine Beteiligung an anderen Betrieben möglich, beispielsweise bei Partnern im Zweckverband „Rheinische Entsorgungs-Kooperation“ (REK). Haushaltsrechtlich verfüge der AWB damit in Zukunft über ein eigenständiges Vermögen mit eigener Haushaltsgenehmigung und seit nicht länger Teil des Kreishaushalts. Auch zukünftige Katastrophenaufwendungen können, anders als aktuell, auf Basis eines privatrechtlichen Entsorgungsauftrags aufwandsneutral refinanziert und eigener Betriebsaufwand über einen Wiederaufbaufonds abgerechnet werden.

In Rheinland-Pfalz sind bereits zehn Abfallbetriebe, die in ähnlichem Umfang wie der AWB tätig sind, eine AöR. Innerhalb des Zweckverbands REK wird neben Ahrweiler lediglich der AWB des Rhein-Lahn-Kreises noch nicht als solche geführt.

Die Verwaltung wird durch das Votum des Kreistags nun damit beauftragt, entsprechende Satzungs- und Regelungsentwürfe zu erarbeiten, die für eine Fortentwicklung notwendig sind. Neben der kommunalpolitischen Mitbestimmung des Kreistags in wichtigen Sachverhalten wie den Abfallgebühren müsse auch sichergestellt werden, dass sich die Qualität und der Service für die Bürger weiter verbessert. Zudem dürfe es durch die Organisationsänderung zu keiner Verschlechterung für die Beschäftigten kommen und der Wechsel zwischen der Kreisverwaltung als Arbeitsgeberin und dem AWB weiterhin gewährleistet bleiben. Nach entsprechender Anpassung soll die Umwandlung zum Jahresbeginn 2025 stattfinden.

Politik will weiter entscheiden

Wobei die Betonung auf soll liegt. Denn die Position des Kreistages ist auch: „Wir müssen bei der Erstellung der Satzung von Anfang an dabei sein.“ So hatte es Udo Stratmann für die CDU-Fraktion formuliert. Die als Konsequenz auf den „schwindenden kommunalpolitischen Einfluss“, wie Christoph Schmitt für die SPD zu bedenken geben hatte. So forderte denn auch Hans-Josef Marx auch bei einer AöR finale Entscheidungen zu Abfallwirtschaftskonzept und Gebühren im Kreistag, und Ulrich van Bebber sah für die FDP keinen Anlass, die bisherige Konstruktion zu ändern. Für Wolfgang Schlagwein (Grüne) ist der Grundsatzbeschluss der richtige Schritt. Die im Wirtschaftsplan des AWG als Anschubfinanzierung für die neue Anlage auf dem Scheid im kommenden Jahr eingestellten 750000 Euro seien ein wichtiges Zeichen für die Energiewirtschaft im Kreis. „Vielleicht erreichen wir unser Ziel, den Kreis zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen zu können, bis 2030 ja doch noch“, gab sich der Grüne optimistisch und verwies darauf, eine solche Anlage schon vor 15 Jahren gefordert zu haben. Jetzt ist der erste Schritt getan, nach Weihnachten geht es an die Hausaufgaben.

Keine Gebührenerhöhung

Von der Tagesordnung abgesetzt wurde das Thema Erhöhung der Abfallgebühren. Als Grund für die Abstimmung zur Absetzung nannte Weigand eine jüngst eingereichte Musterklage der Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH (GML) gegen einen Bundesbeschluss zum Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Das Gesetz sehe eine Erhöhung der CO2-Bepreisung bei der Müllverbrennung vor. Diese habe steigende Kosten bei den Entsorgern, so auch beim Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Kreises, zur Folge. Mögliche Klagedauer: ein bis zwei Jahre. Das kam denn den Fraktion gerade recht, denn die wollten ohnehin mehrheitlich keine Erhöhung der Abfallgebühren.