Maximilian Mumm, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Maifeld

Land untergräbt die kommunale Selbstverwaltung

VG Maifeld. „Ich bin seit 22 Jahren Bürgermeister, 8,5 Jahre ehrenamtlich in meiner Heimatstadt Münstermaifeld und seit 2009 hauptamtlich. In diesen Jahren gab und gibt es viele gute Dinge, die die seit 30 Jahren regierende SPD in unterschiedlichen Koalitionen für dieses Land und seine Kommunen getan hat.

Nur, wo Licht ist, ist auch Schatten. Die finanzielle Ausstattung des Landes für seine Kommunen ist seit ebenso vielen Jahren ein Streitthema. Und in meinen 22 Jahren habe ich in dieser Angelegenheit noch nie erlebt, dass das Land aktiv auf seine Kommunen zugegangen ist. Dies zeigt sich auch seit 2013, als die erste Klage eines Landkreises gegen den kommunalen Finanzausgleich auf den Weg gebracht wurde. Bekanntermaßen, und um es an dieser Stelle zu verkürzen, waren weitere Klagen notwendig, um das Land tatsächlich zu zwingen, endlich etwas für seine Kommunen zu tun. Was das Ergebnis war, bezeichnete die Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion 2022 im Landtag als „historisch“. Ich bezeichne das als historisch einfallslos, denn es konterkariert das Urteil des Verfassungsgerichtshofes – mal wieder.

Bei jeder Gelegenheit betont die Landesregierung, dass man stolz sei auf die Vielfalt seiner Kommunen und unterstreicht immer wieder, dass es wichtig ist, dass auch kleinste Ortsgemeinden eine kommunale Selbstverwaltung mit Bürgermeister/in und Gemeinderat hat.

In Rheinland-Pfalz gibt es aktuell 2305 Gemeinden, darunter zwölf kreisfreie Städte sowie 30 verbandsfreie Gemeinden. Die restlichen Ortsgemeinden gehören 150 Verbandsgemeinden an, die – wie auch die verbandsfreien Gemeinden – 24 Landkreisen zugeordnet sind.

Und das kostet Geld. Und wenn man als Landesregierung diesen oben genannten Stolz vor sich herträgt, so wäre in der Konsequenz eigentlich auch anzunehmen, dass man „seine“ Kommunen auch finanziell vernünftig ausstattet. Weit gefehlt.

Ich versuche, an dieser Stelle einmal in einfachen Worten auszudrücken, was das seit dem 1. Januar 2023 geltende LFAG (Landesfinanzausgleichsgesetz) mit den Kommunen macht. Dabei muss man immer im Auge haben, dass es bei der Landesregierung viele schlaue Menschen gibt, die ein LFAG erstellt haben, dass dem Betrachter suggeriert, dass etwas Gutes passiert, sich bei genauer Betrachtung aber ins Gegenteil verkehrt.

Das Land ist aktuell hingegangen und wendet ein sogenanntes Korridorverfahren an, wobei der Begriff an dieser Stelle zweitrangig ist. Dieses Verfahren wurde in den Ländern Thüringen und Hessen eingeführt und wieder abgeschafft. Grund war in beiden Fällen, dass dieses angewandte Verfahren unweigerlich zu einem Weniger an kommunaler Mindestfinanzausstattung geführt hat. Weiterhin hat jede Gemeinde Einnahmen aus Gemeindesteuern und Konzessionsabgaben (Zahlungen von Anbietern, die z.B. eine Gemeinde mit Strom versorgen). Dies sind direkte Einnahmen der Gemeinden und dürfen bei der Berechnung des Mindestfinanzbedarfs nicht in Abzug gebracht werden. Aber genau das macht das Land.

Dieses neue LFAG ist im Vorfeld von kommunaler und finanzwissenschaftlicher Seite kritisiert worden- ohne Erfolg.

Wenn man sich im Land umschaut, wird man feststellen, dass das neue LFAG für teilweise sehr eigenartige Ergebnisse in den Haushalten der Kommunen sorgt, denn plötzlich haben die mehr, die vorher wenig hatten und die weniger, die vorher mehr hatten. Dies ist die Folge dessen, was ich oben beschrieben habe – um es vereinfacht auszudrücken: Das Tischtuch wurde einfach nur verschoben, ohne das es weiterhin den ganzen Tisch bedeckt.

Was sind nun die Folgen des neuen LFAG für die Kommunen? Einige wenige werden ihre Haushalte ausgleichen können, die weit größere Zahl wird dies nicht mehr können oder konnte es ohnehin nicht. Hier macht es sich das Land dann ganz einfach und nimmt einfach an, dass auch die Kommunen ihren Beitrag leisten müssen und erlässt von oben herab über die ADD an die Kreisverwaltungen die Verfügung, einfach keine unausgeglichenen Haushalte mehr zu genehmigen. Das wiederum führt dazu, dass ehrenamtliche Mandatsträger, also die, auf die das Land so stolz ist, gezwungen werden, über Gebühr und vollkommen willkürlich die Steuern anzuheben, die den einzelnen Bürger vor Ort direkt treffen. Das ist z.B. die Grundsteuer B, also die Steuer des Hauseigentümers. Als praktisches Beispiel gibt es eine mir bekannte Gemeinde, die müsste zum Haushaltsausgleich diese Grundsteuer B von derzeit 380 Punkten auf 1300 Punkte anheben, was nach Aussage des Landes zumutbar wäre. Als Vergleich: München hat 535 Punkte und Köln 515 Punkte.

Unsere Kreisverwaltung Mayen-Koblenz hat ein solches Schreiben der ADD erhalten. Dabei geht es nicht nur um den Haushalt des Kreises, sondern der Kreis wird konkret angewiesen, keine Haushalte zu genehmigen, die nicht ausgeglichen sind. Man muss dies deutlich erwähnen, da es nicht Wille des Kreises ist, in Person des Landrates, hier so zu verfahren, sondern es ist das Land, dass mit dieser Vorgehensweise die kommunale Selbstverwaltung untergräbt und das in einem Maße, das mich zweifeln lässt, ob dies noch gerichtsfest ist. Aktuell kann man dies an den Beispielen Mayen, Andernach und Lahnstein sehen. Z.B. hat Mayen seinen Haushalt nunmehr ausgeglichen, jedoch mit einer theoretischen Einzahlung von 3 Millionen Euro. Dieses Geld beansprucht die Stadt vom Kreis für ihr Jugendamt und man ist derzeit in einem Rechtsstreit. Es wird also deutlich, dass die Kommunen, die dem Land ja so wichtig sind, gezwungen werden, in die fiskalische Trickkiste zu greifen, um dem unverständlichen Zwang des Landes gerecht zu werden.

Die Folge dieser Vorgehensweise des Landes wird sein, dass wir im Kommunalwahljahr 2024 ein böses Erwachen erleben.

Warum?

Wer hat denn Lust, als ehrenamtliches Ratsmitglied oder ehrenamtliche/r Bürgermeister/in, sich in einem kleinen oder größeren Ort von seinen Nachbarn und Mitbewohnern beschimpfen zu lassen, weil man die Steuern auf deren Grundstücke verdoppelt oder verdreifacht hat.

Wer hat denn Lust, in seinem Wohnort kommunalpolitisch aktiv zu sein, wenn er weiß, dass er ohnehin nur den Mangel verwalten kann und nichts gestalten kann.

Wer hat denn als politisch Ehrenamtlicher Lust dazu, sich von einer Landesregierung gängeln und einengen zu lassen, die selbst nicht in der Lage ist, endlich einmal für eine finanziell ausgewogene Ausstattung der ihr angeblich so wichtigen Kommunen zu sorgen.

Niemand.

Und deswegen ist die Sorge groß, dass wir im kommenden Jahr möglicherweise nicht genügend Kandidaten/innen finden werden, um die Kommunalparlamente und Bürgermeisterstellen zu besetzen. Zumindest in meiner Verbandsgemeinde gibt es dazu erste Anzeichen – und das parteiübergreifend.„

Pressemitteilung

Maximilian Mumm, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Maifeld