Gutachter stellte dem VG-Rat Bad Hönningen sein Einzelhandelskonzept vor

Potenzial für einen zweitenSupermark am Rheinbrohler Kreisel

Bad Hönningen. Nach einer Gedenkminute für verstorbene Ratsmitglieder verpflichtete der VG-Beauftragte, Reiner W. Schmitz, auf der jüngsten Sitzung des Bad Hönninger Verbandsgemeinderates den Leutesdorfer Ortsbürgermeister, Heinz-Willi Heisterkamp, der für Hans Peter Job in das Gremium nachrückte. „Damit hast du jetzt generell Rederecht, während du bislang hier nur hinsichtlich der Belange deiner Gemeinde sprechen konntest“, erklärte der VG-Beauftragte Mitte voriger Woche, bevor er dem Diplom-Geographen und Leiter der Kölner Niederlassung der BBE-Handelsberatungs GmbH, Rainer Schmidt-Illguth, das Wort überließ. Dieser stellte sein Gutachten zur Situation des Einzelhandels in der VG vor, das angesichts der geplanten Schließung des Rheinbrohler Edeka-Markes Ende 2019 in Auftrag gegeben worden war.

„In der VG ist eine Kaufkraft für den Einzelhandel in Höhe von 71 Millionen Euro gegeben, gut die Hälfte für Nahrungsmittel und Drogerieartikel, wobei der Umsatz im Wesentlichen in Bad Hönningen und Rheinbrohl realisiert wird“, so Rainer Schmidt-Illguth. Wenn der Edeka-Mark im Innerort schließen würden, käme dies hinsichtlich der dort bis dahin verzeichneten Umsätze vor allem dem Rewe-Markt und der Aldi-Filiale in Bad Hönningen sowie an dem Rheinbrohler Lidl-Markt zu gute, auch wenn die Edeka-Umsätze nicht gänzlich aufgefangen würden. „Die Chancen für einen kleinen Supermarkt oder Discounter in der Größenordnung 1.200 bis 1.400 Quadratmeter mit einem Umsatz von rund 5 Millionen Euro im Jahr sind gegeben, aber eben nur knapp“, so das Urteil des Fachmanns.

Als solche müsse er für sein Gutachten zentrale Versorgungsbereiche definieren, da die Landesplanung eine genaue räumliche Festlegung erwarte. Die Stadt Bad Hönningen verfüge über ein gutes Nahversorgungsangebot. Der Einzelhandel sei in der vom Tourismus geprägten Altstadt im Vergleich zu den dort angesiedelten Dienstleistern und der Gastronomie mit dem Schwerpunkt Markt zwar rudimentär vertreten, allerdings könne man Aldi und Rewe in der Neustadt über die Bahnunterführung, die man allerdings attraktiver gestalten müsste, leicht erreichen. In der Ortsmitte von Rheinbrohl dagegen existiere nur ein kleiner Schwerpunkt, der schnell ausdünnen würde. „Auf dem Edeka-Gelände hätte ein Neubau in der Größenordnung 800 bis 1000 Quadratmeter keine guten Chancen angesichts des geringen Nahbereichspotenzials. Nur 2.300 Kunden würden den Supermarkt fußläufig erreichen, gut 70 Prozent des Umsatzes müssten Kunden von außerhalb der Ortsmitte erbringen“, führte Rainer Schmidt-Illguth aus. Und das, wo der Supermarkt an keiner bevorzugten Sichtachse, also auch noch versteckt liegen würde. Da die von außerhalb kommenden Kunden wahrscheinlich für die Anfahrt einen PKW benutzen würde, käme nicht nur ein Parkplatzproblem hinzu, sondern auch ein Emissionsproblem. Einem Lebensmittelmarkt dürfte es also relativ schwerfallen, sich auf Dauer durchzusetzen, so der Gutachter.

Eine erfolgversprechende Alternative wäre dagegen der Standort an der nördlichen Hauptstraße am Kreisel in Nachbarschaft von Lidl und des DM-Marktes. „Mit den Schulen und den Kitas sowie den bestehenden wie den geplanten Wohnanlagen kann man hier von einer Funktionsverdichtung ausgehen. Weil Schüler mit dem Bus zur Schule gelangen würden, sei auch in der Zukunft die Anfahrt zu einem Lebensmittelmarkt durch den öffentlichen Nahverkehr gesichert, ganz davon abgesehen, dass man den Bereich über K2 von der B42 aus schnell anfahren könne. Beste Voraussetzungen für einen Einzelhandel wären dort also auch durch die Anbindung an Verkehrsstraßen gegeben, so dass dieser Standort als weiterer, eingeschränkter zentraler Versorgungsbereich in das Standortkonzept aufgenommen werden sollte, so die Empfehlung der Handelsberatungs GmbH. Diese sieht zudem an der B42 in Bad Hönningen einen Ergänzungsstandort für einen nicht innenstadtrelevanten, relativ großen Einzelhandel etwa mit Heimwerker- oder Haustierbedarf.

Kein Anlass für Jubelstürme

„Das Einzelhandelskonzept muss natürlich mit der Landesplanungsgruppe und mit der Industrie- und Handelskammer Koblenz abgestimmt werden, wobei der Kreis Neuwied federführend ist. Einbezogen werden müsste aber natürlich auch die Öffentlichkeit. Zudem sollten Eigentümer- und Betreiberbelastungen intensiv geprüft und abgewogen werden“, so die Empfehlung von Rainer Schmidt-Illguth, der überzeugt ist, dass neben den Einkaufszentren von Bad Hönningen auch in Rheinbrohl zwei Supermärkte existieren können, auch wenn der prognostizierte Umsatz in Höhe von 5 Million Euro, keinen Anlass geben würde, in Jubelstürme auszubrechen. Entgegen der Befürchtungen in Bad Hönningen, ein 1200 bis 1400 Quadratmeter großer Supermarkt am Kreisel würde Aldi und Rewe Kunden nehmen und damit die Existenz dieser Unternehmen gefährden, sah er als grundlos an.

„Ohne einen neuen Markt würde Kaufkraft Richtung Linz und Neuwied abfließen“, warnte der Bad Hönninger Bürgermeister Ulrich Elberskirch, während sein Vorgänger Guido Job beklagte, dass bei dem vorgestellten Konzept die soziale Komponente zu kurz komme. „Ohne einen Ersatz für den Edeka-Markt im Stadtzentrum würde ein Kommunikationszentrum verloren gehen“, warnte er. Dort sei durchaus Platz für einen Einzelhandel, nicht aber für einen Supermarkt, erklärte Reiner W. Schmitz.

Auf die Frage des Beigeordneten Urs Exner, welche Unternehmen sich am Standort des des Edeka-Marktes nach der möglichen Eröffnung eines neuen Einzelhandels am Kreisel ansiedeln könnten, erklärte Rainer Schmidt-Illguth: „Ich kann mir dort recht gut einen Obst- und Gemüseladen, ein Bistro oder ein Café vorstellen. Alles andere wäre meines Erachtens naiv, aber wenn dort etwa eine Drogerie das Risiko eingehen will, kann man sie natürlich nicht davon abhalten!“ Daraufhin beschloss der VG-Rat, die Verwaltung zu beauftragen, das Einzelhandelskonzept mit den beteiligten Behörden zu besprechen und zu klären, ob aus deren Sicht die Positionen des Gutachtens genehmigt werden könnten.