Der VG-Rat Linz folgte mit großer Mehrheit den Fusionsgegnern von CDU und FWG

„Pro-Fusion“- Koalition brach nach zweistündiger Debatte auseinander

Linz. Zu einer außerordentlichen Ratssitzung des Linzer Verbandsgemeinderates hatte VG-Chef Hans-Günter Fischer Mitte voriger Woche eingeladen. Beantragt hatte diese der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Ludwig Stolz, mit Unterstützung von 13 Kollegen der SPD-Fraktion und der Partei „Die Linke“ am 24. September, nachdem sein Antrag auf eine Dringlichkeitssitzung vom 20. September abgelehnt worden war. Zwar sollte über den Stand der Fusion informiert werden, Ziel aber war es, die freiwillige Fusion voranzutreiben, indem die Gespräche mit den Nachbar-Gebietskörperschaften Bad Hönningen und Unkel wieder aufgenommen würden.

„Sie tun so, als müssten wir uns nicht bis Anfang nächsten Jahres entschieden haben, ob wir eine freiwillige Fusion eingehen wollen. Hier wird auf Zeit gespielt, indem Sie sich hinter der verzögerten Fertigstellung des Gutachtens verstecken“, warf Ludwig Stolz dem VG-Chef vor. Linz sei auf jeden Fall zur passiven Aufnahme der VG Bad Hönningen verpflichtet. Die Freiwillige Fusion eröffne im Gegensatz zur Zwangszusammenführung die Möglichkeit der Mitgestaltung wie etwa das Splitten der Umlagen auf zehn Jahre, ganz zu schweigen von der Entschuldungsprämie in Höhe von 1 Million Euro für jede VG. „Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir verhandelt“, warnte der Grüne.

„Hier wird nicht auf Zeit gespielt, wir warten nur auf das unmittelbar nach dem Ratsbeschluss im März bei der Mittelrheinischen Treuhand in Auftrag gegebene Gutachten. Das aber verzögert sich, weil die Datenlage in Unkel zu dünn ist“, so Hans Günter Fischer. So sei der dortige Jahresabschluss 2017 nicht zu realisieren. Solang aber keine umfassenden Daten vorliegen würden, werde er sich nicht ungeprüft für einen Weg entscheiden und sich der Gefahr aussetzen, Nachteile für die Region hinnehmen zu müssen. Vor allem junge Familien würden auf Jahre belastet bei 39 Millionen Euro Verlust hochgerechnet auf 30 Jahre. Da sei die „Hochzeitsprämie“ nur ein Tropfen auf den heißen Stein, während in der VG Linz sinnvolle Projekte wegen der höheren Umlagen nicht realisiert werden könnten.

„Man darf sich gegen die Zwangsfusion auch zur Wehr setzen, zumal die Grundlagen aus 2010 nicht mehr gegeben sind. In allen drei Gebietskörperschaften steigen die Bevölkerungszahlen, so dass Mainz der VG Bad Hönningen mit über 12.000 Einwohnern den status quo belassen könnte“, argumentierte der VG-Chef, um abschließend auf die absolut erfolgreichen Kooperationen beim bundesweiten Pilotprojekt „Klimaschutz“, bei der Rohstoffrückgewinnung, der Feuerwehr oder bei der Systemadministration hinzuweisen. „Das alles funktioniert freiwillig, während selbst die freiwillige Fusion eine erzwungene wäre“, schloss er seine Ausführungen.

Die trafen bei Gesine Stuip (SPD) auf wenig Verständnis. „Wir hätten schon viel früher viel mehr wissen können. Mir liegen auch keine Erkenntnisse der Lenkungsgruppe vor, die im Februar das letzte Mal getagt hat“ monierte sie, um dann auf die schlechte Stimmung zwischen den Verbandsgemeinden hinzuweisen. Auf die ging der CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan Betzing nicht ein, der in dem Oppositions-Antrag den Beginn des Wahlkampf sah. „Es fehlt der tiefere Sinn“, ärgerte er sich. Die Ratsmitglieder müssten über den 26. Mai 2019 zehn bis 25 Jahre weiter denken und dürften sich nicht von der Hochzeitsprämie blenden lassen“, forderte er. Immerhin habe Michael Mahlert noch als VG-Bürgermeister von Bad Hönningen Zahlen vorgelegt, nach denen die Fusion die VG Linz 700.000 Euro pro Jahr kosten würde. Entsprechend stellte er ganz im Sinne von Hans-Günter Fischer den Antrag, den von der Verwaltung eingeschlagenen Weg, das Ergebnis des in Auftrag gegebenen Gutachtens abzuwarten, zu unterstützen. Gleichzeitig forderte er die Verwaltung auf, die Bürger über die immensen Belastungen zu unterrichten, die nach einer Fusion auf die Linzer Kommunen zukommen würden. Aufgezeigt werden sollte zudem, wie erfolgreich alternativ der bisherige Weg der Kooperationen mit den Nachbar-Verbandsgemeinden gewesen sei.

Eben wegen der enormen Nachteile für die Bürger habe sich die FWG von Beginn an gegen eine Fusion ausgesprochen, so Hans Reul. „Wir wären schon längst zwangsfusioniert worden, wenn wir uns dagegen nicht mit mehrerer Initiativen gewehrt hätten“, erklärte er. Dagegen forderte Karl-Heinz Wölbert (SPD) mehr auf Gemeinsamkeit zu setzen, statt einer Isolierung auf der „Insel der Glückseligen“ zu beharren. „Wir sollten mehr christlich denken“, spielte er auf das „C“ der Fusionsgegner an, als welche sich die CDU deutlich positionierte.

„Ein Gesetz, das hinsichtlich einer Zwangsfusion von Linz und Bad Hönningen erst noch gefasst werden müsste, muss nicht unwidersprochen hingenommen werden. Es müssten gravierende Gründe dafür sprechen“, gab Frank Becker (FWG) zu bedenken. Als Bürgermeister von Kasbach-Ohlenberg sei er Bad Hönningen und Unkel nicht verpflichtet und als Freier Wähler kenne er keinen Parteigehorsam, so dass er sich auch nicht vom Land bevormunden lasse. Wenn das Gutachten keine Synergie-Effekte aufzeigen könne, werde er sich gegen eine Fusion aussprechen, die seine Gemeinde 30.000 Euro pro Jahr kosten würde, was er nicht hinnehmen werde. Bei einer Fusion müssen wir uns mit Problemen beschäftigen, die man vorher nicht gehabt hat. Zeigen Sie mehr Mut und denken Sie an die Bürger, die sie gewählt haben. Ich vermisse ihren Kampfgeist“, schloss er seine Ausführungen, bevor er den Antrag stellte, die Verwaltung möge schon jetzt prüfen, welche Rechtsmöglichkeiten es gebe, gegen eine drohende Zwangsfusion vorzugehen.

Dem konnte Dieter Runkel (SPD) nur zustimmen. „Diese Idee, die Aussichten einer Klage zu prüfen, finde ich gut, weil wohl jeder Bauchschmerzen hat hinsichtlich der Fusion. Warten wir doch erst einmal die Fakten ab“, forderte er und nahm damit der Ratsmitgliedern um Ludwig Stolz den Wind aus den Segeln. Immerhin schlossen sich abschließend 18 Mandatsträgern bei nur vier Gegenstimmen und einer Enthaltung dem CDU-Antrag an, womit der Vorstoß des Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, eine freiwillige Dreier-Fusion voranzutreiben, gescheitert war. So stimmten nach einer teils sehr emotional geführten Debatte bei Enthaltung von Dieter Runkel und Karl-Heinz Wölbert nur noch zwei weitere Kollegen für den Antrag von Ludwig Stolz. Dieser wiederum sprach sich als einziger dagegen aus, die Chancen einer Klage gegen die Fusionsbestrebungen des Landes zu prüfen, während sich nur Gesine Stuip der Stimme enthielt.

Fehr: „Fehlende Abschlüsse sind keine Ursache“

Auf die Frage von Blick Aktuell, ob die Schuldzuweisung korrekt sei, die Verzögerung der Fertigstellung des Fusions-Gutachtens liege an der VG Unkel, erklärte VG-Chef Karsten Fehr: „Diese Behauptung des Kollegen Fischer nehme ich mit Befremden zur Kenntnis, weil sie mal wieder nicht den Tatsachen entspricht.“ Gemäß des aktuellen Kommunalberichts des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz sein „nach den bis zum ersten Quartal 2018 vorliegenden Angaben in Rheinland-Pfalz lediglich 43 Prozent der kommunalen Jahresabschlüsse für das Jahr 2016 festgestellt“. Desweiteren hätten erst 17 Prozent der Kommunen für das Jahr 2015 einen Gesamtabschluss erstellt. Die VG Unkel gehört zwar zu diesen 17 Prozent, die den Gesamtabschluss für 2015 erstellt haben, aber auch zu den 57 % der Kommunen, welche den Jahresabschluss 2016 noch nicht festgestellt haben.

„Es ist zutreffend, dass hier nach der Einführung der kommunalen Doppik noch Arbeitsrückstände bestehen. Dies aber als Begründung für die späte Erstellung des Fusionsgutachtens anzuführen ist ebenso falsch wie die Behauptung von Bürgermeister Fischer im März dieses Jahres, dass Unkel und Bad Hönningen ‚eine tiefere Analyse der auch negativen Folgen einer Fusion nicht wirklich will‘. Dies wurde von ihm als Begründung dafür herangezogen, dass die VG Linz das Gutachten im März 2018 alleine beauftragt hatte, da nach Auffassung Fischers nur durch die alleinige Finanzierung des Gutachtens durch die VG Linz dessen Unabhängigkeit gewährleistet werden könne“, so Karsten Fehr. Eine gemeinsame Beauftragung hatten die drei Gebietskörperschaften bereits im November 2017 beabsichtigt.

Die Unkeler Verwaltung erhalte immer noch regelmäßig, letztmalig vorige Woche, Anfragen der Gutachter zu verschiedenen Daten aus der VG Unkel. „Diese haben jedoch nichts mit den fehlenden Abschlüssen zu tun. Dementsprechend ist es falsch, die, im Übrigen nach wie vor und das auch noch Ende des Jahres, fehlenden Abschlüsse der VG Unkel für die späte Erstellung des Gutachtens der VG Linz ursächlich zu machen, so dass sich mir der Hintergrund der Äußerungen des Herrn Kollegen Fischer nicht erschließt“, erklärte Karsten Fehr.