Die für Mai 2019 anstehenden Kommunalwahlen sorgten jetzt schon für dunkle Wolken am Bad Breisiger Polithimmel

SPD-Bürgermeisterkandidat Sebastian Klinner: „Ich ziehe meine Kandidatur zurück“!

SPD-Bürgermeisterkandidat Sebastian Klinner: „Ich ziehe meine Kandidatur zurück“!

Der Einzug ins Rathaus ist für den Kandidaten Sebastian Klinner jetzt wohl Geschichte.KMI

SPD-Bürgermeisterkandidat Sebastian Klinner: „Ich ziehe meine Kandidatur zurück“!

Auf dem Weihnachtsmarkt wurde noch fleißig Wahlkampf gemacht. In der Mitte Bürgermeisterkandidat Sebastian Klinner am Glühweinstand der SPD. KMI

SPD-Bürgermeisterkandidat Sebastian Klinner: „Ich ziehe meine Kandidatur zurück“!

Zum Jahreswechsel stand die Quellenstädtische SPD noch gut da.

SPD-Bürgermeisterkandidat Sebastian Klinner: „Ich ziehe meine Kandidatur zurück“!

Hans - Josef Marx vertritt den erkrankten Bürgermeister und nahmzu den Anfragen auf der Seite „fragdenstaat.de“ Stellung.

Bad Breisig. „Guten Rutsch - der 26. Mai 2019 kann kommen - wir sind bereit“, plakatiert die SPD Breisiger Land seit ein paar Tagen. Als die Plakate gedruckt wurden, galt dieses positive Motto auch noch für die SPD der Quellenstadt. Man hatte seit Mitte Oktober mit dem 31-jährigen Sebastian Klinner einen Gegenkandidaten zur CDU-Bürgermeisterin. Doch letzte Woche kam alles ganz anders, als man dachte. Dunkle Wolken zogen über dem Rathaus auf. Um Licht in dieses Dunkel zu bringen, fangen wir ganz vorne an.

Es gibt ein unter dem Kürzel LTranspG geführtes Landestransparenzgesetz, das jeden Bürger in Rheinland-Pfalz berechtigt, Anfragen an Verwaltungen und Behörden zu richten. Nachdem der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bernd Weidenbach (CDU) im Oktober erkrankt war, erhielt (über das Internet-Portal „fragdenstaat“) die Verbandsgemeindeverwaltung Bad Breisig eine Reihe von Anfragen von Sebastian Klinner (die SPD Breisiger Land sagt, es waren zehn an der Zahl). „Darunter auch eine“, schreibt die SPD Breisiger Land, „in der er konkrete Fragen dazu formulierte, wie die Rechtsgrundlage dazu aussieht, den erkrankten Bürgermeister bei einer dauerhaften Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Dies tat Klinner, nachdem er auf die Situation mehrfach aus der Bürgerschaft angesprochen worden war. Für missverständliche Formulierungen in dieser Anfrage entschuldigte sich Klinner bereits öffentlich in einer Pressemitteilung und zog die entsprechende Anfrage zurück“.

Heidgen: Unanständiges Verhalten

Norbert Heidgen, Fraktionsvorsitzender der CDU, kommentiert die von Herrn Klinner zurückgezogene Anfrage kurz und bündig so: „Während der amtierende Verbandsbürgermeister schwer erkrankt ist und um seine Gesundheit kämpft, geht der Bürgermeisterkandidat der SPD hin und fragt im Kontext des Transparenzgesetztes detailliert die Verwaltung, wie eine Abwahl des Bürgermeisters oder eine Versetzung in den Ruhestand funktioniert. Das ist nach meiner Einschätzung ein unanständiges Verhalten, und das sollen die Bürger vor der Wahl wissen“.

Zusätzlich zu den oben erwähnten Anfragen gab es offensichtlich wohl auf einen Schlag weitere 21 unter einem Pseudonym „Otto Dumb“. Da die Fragen einigermaßen deckungsgleich waren, kam der Verdacht auf, dass auch diese von Herrn Klinner stammen könnten. Auf Nachfrage gab der Versender seine Identität aber nicht bekannt, so dass dies nicht geklärt werden konnte. Mit all diesen Anfragen war die Verbandsgemeinde Bad Breisig plötzlich diejenige mit den meisten Anfragen im Land Rheinland-Pfalz. Wie sie darauf reagierte, fassen die zuständige Mitarbeiterin Margit Schüller und Bernd Weidenbachs Stellvertreter Hans-Josef Marx (FWG) in ihrer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber BLICK aktuell wie folgt zusammen: „Bereits in einigen Gremiensitzungen im Jahr 2018 hat die Verwaltung über das Landestransparenzgesetz und die Website ´fragdenstaat` informiert. Die Verbandsgemeindeverwaltung Bad Breisig nimmt im gesamten Land Rheinland-Pfalz eine Spitzenposition bei der Anzahl der über diese Plattform gestellten Fragen ein, zur Zeit sind es insgesamt 51 Anfragen. Anderen Kommunalverwaltungen ist diese Plattform nahezu unbekannt oder es wird nur eine geringe Anzahl von Fragen hierüber gestellt. Nachdem die Beantwortung von 21 gleichzeitig gestellten Fragen im Jahr 2017 nur deshalb entbehrlich wurde, weil wir gemäß § 11 Abs. 2 LTranspG einen Identitätsnachweis des Anfragenden verlangten und daraufhin nichts mehr von ihm hörten, treten die Anfragen seit Sommer 2018 wieder verstärkt auf. Der hauptsächlich bislang erkennbare Einsender in den letzten Wochen und Monaten ist Sebastian Klinner aus Bad Breisig. Seine Fragen greifen teilweise die Inhalte der nicht beantworteten Fragen aus 2017 auf. Sie beschäftigten sich auffallend häufig mit Personalangelegenheiten wie z. B. die Frage nach Nebenbeschäftigungen des Bürgermeisters oder nach dem Stellenbesetzungsverfahren der Büroleitung aus dem Jahr 2007. Wir haben uns mit Blick auf die zahlenmäßig inflationäre Entwicklung der Anfragen und die damit in der Verwaltung gebundenen personellen Ressourcen für eine Beantwortung mit Schreiben vom 6.11.2018 an den rheinland-pfälzischen Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) gewandt. Auch aufgrund der Art der Anfragen ist die Verwaltung der Auffassung, dass hier eine missbräuchliche Nutzung der Möglichkeiten des Landestransparenzgesetzes vorliegt. Aufgrund der Antwort des LfDI haben wir die gestellten Fragen Anfang Dezember 2018 beantwortet. Auf der Website ´fragdenstaat.de` kann jedermann die gestellten Fragen einsehen. Nur die Identität des Fragestellers kann man dort nicht erkennen, dieser kann sich auf einer Plattform, die sich der ´Transparenz` verschrieben hat, hinter einer garantierten ´Anonymität` verstecken. Ob das auch im Sinne des Gesetzes ist, haben wir mit Mail vom 19.12.2018 beim LfDI gefragt. Eine Antwort liegt noch nicht vor.“

Die Verwaltung hat gemäß § 33 GemO eine Informationspflicht gegenüber dem Rat über wichtige Angelegenheiten. Mit Blick auf Art und Umfang der Anfragen über die website „fragdenstaat.de“ war aus Sicht der Verwaltung spätestens nach Eingang der aktuellen Anfrage vom 13.12.2018 zur Erkrankung von Herrn Bürgermeister Bernd Weidenbach und zu den „Möglichkeiten des Verbandsgemeinderates oder der Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde, eine Abwahl oder einen vorzeitigen Ruhestand des amtierenden Verbandsbürgermeisters zu erreichen“, eine Information der Ratsmitglieder geboten. Diese erfolgte über die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden am 27.12.2018 per Mail, und zwar unter Beifügung sowohl der eingegangenen Fragen als auch des Schriftverkehrs zwischen der Verwaltung und dem LfDI“.

Goerke: Kandidat wurde von der Verwaltungsspitze verunglimpft

Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Breisiger Land. Sebastian Goerke, sieht Sebastian Klinner durch die Breisiger Verwaltungsspitze denunziert: „Dass die Verwaltungsspitze die komplette Riege der verantwortlichen Kommunalpolitiker in der gesamten Verbandsgemeinde in den Sachverhalt involviert, stößt mir sauer auf“. Eingeweihte fragen sich, warum der Graben in diesem Kleinkrieg gerade zwischen dem SPD-Bürgermeisterkandidaten und der Verbandsgemeinde verläuft, obwohl Klinner ja nicht Verbands- sondern Stadtbürgermeister werden wollte. Und ob dies mit der Ausbildung Sebastian Klinners in eben dieser Verbandsgemeindeverwaltung zusammenhängt. Ob das Ganze vielleicht durch verschleppte Animositäten aus dieser Zeit herrührt?

Zusätzliche Brisanz erhielt die Affäre Klinner durch die angeblich getätigte Aussage, er werde erst Ruhe geben, wenn er - so im Artikel des Generalanzeigers zu lesen - „auf das Grab des Bürgermeisters seine Notdurft verrichten könne“. Nur ein Gerücht? BLICK aktuell gegenüber bestätigte Hans-Josef Marx diese Aussage. Man habe einen Zeugen dafür, der auch dazu stehe, diese Aussage gehört zu haben.

Am letzten Freitag überschlugen sich dann die Ereignisse. Die rheinland-pfälzische CDU in Mainz, genauer gesagt der rheinland-pfälzische CDU-Generalsekretär Dr. Christoph Gensch, erklärt in einer Pressemeldung: „Die SPD muss sich von Bürgermeisterkandidat Klinner trennen. Das Verhalten von SPD-Mann Klinner ist unmenschlich und skrupellos“. Die Fernsehsender SAT1 und SWR kündigen sich im Bad Breisiger Rathaus an. BLICK aktuell hatte mit Sebastian Klinner für Samstagmittag einen Interviewtermin vereinbart. Aber dazu kam es nicht mehr. Am Freitagnachmittag informierte Sebastian Goerke, Ortsvereinsvorsitzender der SPD Breisiger Land BLICK aktuell telefonisch über die Entscheidung Sebastian Klinners, seine Kandidatur zurückzuziehen. Sebastian Klinner sagte den Interviewtermin ab. In der Pressemeldung der SPD zum Rücktritt von der Kandidatur heißt es: „Nach Androhungen körperlicher Gewalt sieht Sebastian Klinner nur noch die Möglichkeit des Rückzugs. Hintergrund sind die seitens der Bad Breisiger Verwaltungsspitze gemachten, vollkommen aus der Luft gegriffenen Vorwürfe, Klinner hätte verschiedene beleidigende Äußerungen und Vorwürfe getätigt. Diese entsprechen nicht der Wahrheit. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (LfDI) antwortete auf das Begehren der Bad Breisiger Verwaltungsspitze, die Anfragen nicht beantworten zu wollen, dass sämtliche Anfragen keine missbräuchliche Nutzung der Möglichkeiten nach dem Landestransparenzgesetz bedeuten und diese entsprechend zu beantworten sind“. Die Androhungen körperlichen Gewalt gingen übrigens, wie Sebastian Goerke am Telefon erklärte, über facebook ein.