Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher an der Ahr gestalten den Wiederaufbau seit der ersten Stunde nach der Flut.BLICK aktuell fragte nach, wo der Wiederaufbau bisher gelungen ist – und wo nicht

Wiederaufbau: Viel zu viel Bürokratie

Wiederaufbau: Viel zu viel Bürokratie

Negativbeispiel: In Heppingen wartet Ortsvorsteher Klaus Kniel auf eine provisorische Lösung des Verkehrsproblems an der B266. Foto: ROB

Kreis Ahrweiler. Vor zwei Jahren wurde das Ahrtal von einer Katastrophe unfassbarem Ausmaßes getroffen. Bis heute, Juli 2023, hat sich viel getan. Dennoch stößt der Wiederaufbau auf Hürden, die es zu umschiffen gilt. In erster Reihe stehen beim Wiederaufbau die Ortsvorsteher der Stadtteile der betroffenen Städte und die Ortsbürgermeister der Ahr-Gemeinden. BLICK aktuell sprach mit Gregor Sebastian, Ortsvorsteher von Walporzheim, Jürgen Schwarzmann, Ortsbürgermeister von Hönningen, Alfred Sebastian, Ortsbürgermeister von Dernau und Klaus Kniel, Ortsvorsteher von Heppingen. Die Fragen lauteten: Was lief bisher – zwei Jahre nach der Flut – besonders gut und was besonders schlecht?

„Das ist ein Unding“

Gregor Sebastian lobt vor allem die freiwilligen Helfer und die Arbeit der Stadtverwaltung und des Helfer-Shuttles. „Die freiwilligen Ehrenamtlichen Helfer haben uns sehr geholfen und bis heute unterstützt!“ Die Info-Points, die sehr schnell von der Stadtverwaltung Bad Neuenahr Ahrweiler und später durch den Helfer Shuttle besetzt wurden, hätten den Bürgerinnen und Bürger sehr gut geholfen. 

Sebastian findet jedoch auch klare Worte für die Arbeit der Behörden und findet ein Beispiel. „Es gibt viel zu viel Bürokratie. Die Kreisverwaltung hat es nach zwei Jahren nicht geschafft, die angeschwemmten Kiesmassen aus der Ahr in Höhe der Josefsbrücke zu entsorgen.“ Nun hätten die Bürgerinnen und Bürger aus Walporzheim große Angst, dass beim nächsten Hochwasser die Ahruferstraße erneut überflutet werde. „Das ist ein Unding“, so der Walporzheimer Ortsvorsteher.

Sondergebiet Ahrtal gefordert

Auch Jürgen Schwarzmann ist dankbar für die vielfältigen Hilfsmaßnahmen vieler Freiwilliger, aber auch der Einwohnerinnen und Einwohner von Hönningen. „Ohne dies wären wir vermutlich noch nicht so weit, wie wir heute sind,“ sagt er. Im öffentlichen Raum habe die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung Altenahr und den ausführenden Firmen hervorragend funktioniert. „In einigen Bereichen sind wir bereits weiter, als wir es erwartet hätten“, lautet das Fazit des Hönninger Ortschefs.

Aber: „Es klemmt bei der Bürokratie und bei den vorhanden Gesetzen des Baugesetzbuches. Es wäre schön, wenn die Änderung schneller käme. Außerdem bleibe ich bei meiner Forderung nach einem Sondergebiet Ahrthal, wo es weitere Erleichterung beim Wiederaufbau der Infrastruktur geben muss.“

Sportplatz: Schade für

die Zukunft der Gemeinde

Alfred Sebastian ist Ortsbürgermeister von Dernau. Auch er weiß Positives und Negatives zu berichten. Besonders gut gelaufen sei die Realisierung beim Bau der Übergangslösungen in Containern für die Seniorenanlage sowie für die Grundschule und den Kindergarten, findet Sebastian.

Und was lief nicht so gut? „Besonders schlecht gelaufen ist die Suche nach einer Ersatzbaufläche für den Sportplatz der Ortsgemeinde Dernau“, so der Ortschef. Trotz Angebot einer Tauschfläche sei diese Möglichkeit der Gemeinde von den Eigentümergruppe grundsätzlich angelehnt worden, und das, ohne dass es zu Verhandlungen gekommen sei. „Das ist schade für die Zukunft der Gemeinde“, findet Alfred Sebastian.

Verkehrsprobleme in Heppingen

Für Klaus Kniel, Ortsvorsteher von Heppingen, gibt es einige positive Aspekte. Die Heppinger Brücke werde nach einem Vorschlag des Ortsbeirates neu gebaut. Auch ein neues Feuerwehrhaus wird an der Landskroner Straße gebaut, auch hier sind die Aufträge an einen Architekten vergeben. Auch der Bahnhaltepunkt Heppingen stehe nach wie vor auf der Agenda. In den überfluteten Straßenbereichen seien fast vollständig die zugesagten Glasfaseranschlüsse inzwischen verlegt worden. „Wenn man heute durch Heppingen geht, sind zwar noch manche Folgen der Flut deutlich sichtbar. Aber wenn man beispielsweise ins Neubaugebiet „Landskroner Straße Süd“ hineinschaut, kann man nur noch ins Staunen kommen, was dort schon wieder alles aufgebaut, neu gebaut und wieder hergerichtet wurde“, so Kniel. „Möglich war dies durch einen unglaublich intensiven und zähen Einsatz, Engagement, Wiederaufbauwillen und Durchhaltevermögen der Betroffenen, trotz vieler Unwägbarkeiten und Hindernissen die überwunden werden mussten.“ Dies sei - 24 Monate nach der Flut - ein unglaublich tolles Ergebnis. Auch in allen anderen betroffenen Bereichen in Heppingen konnten inzwischen von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Menschen wieder in ihre Häuser zurückkehren.“

Klaus Kniel sieht jedoch auch Probleme vor Ort: „Mehr als zwei Jahre nach der Katastrophe rollt der Verkehr von Ost nach West weiterhin komplett und ungebremst über die L 80 und damit mitten durch Heppingen, weil die entsprechende Auffahrt auf die Umgehung B 266 von der Flut weggerissen wurde.“ Das Verkehrsaufkommen insgesamt sei nach den vorgelegten Zahlen des Landesbetriebs Mobilität sehr erheblich gestiegen. „Versprochen wurde uns bereits im Februar dieses Jahres, dass eine Lösung durch eine provisorische Anbindung an die Umgehung B 266 mit einer Ampelanlage über die Kloster-Prüm-Straße und die Straße „Auf dem Flachsmarkt“ erfolgen würde. Dem Vorschlag, dort einen Kreisverkehr auf der Umgehung einzurichten, um problemlos die Auffahrt auf die Umgehung in alle Richtungen zu ermöglichen, wurde nicht entsprochen.“ Dass für die Einrichtung einer einfachen Ampelanlage dermaßen viel Zeit benötigt wird, sei für viele Bürger einfach nicht mehr nachvollziehbar, so Kniel. „Das löst Frustration und Ärger aus“, sagt der Ortsvorsteher.