„Wir werden das Bergwerk schließen“

„Wir werden das Bergwerk schließen“

Die Geschäftsführer von Rathscheck Schiefer Andreas Jäger (l.) und Frank Rummel (r.) stellen sich den Fragen von BLICK aktuell. Ute Weiner-Mertz

„Wir werden das Bergwerk schließen“

Mayen bleibt Hauptsitz der Unternehmensgruppe. Rathscheck Schiefer

Mayen. Die angekündigte Schließung des Schieferbergwerks in Mayen bleibt weiter ein brisantes Thema. Nach der Bekanntgabe der Entscheidung ist die Betroffenheit nicht nur bei den 51 Mitarbeitern, die Ende nächsten Jahres ihren Job verlieren, sondern auch bei vielen Menschen in der Region groß. Es gibt eine Petition gegen die geplante Einstellung der Produktion von Moselschiefer und der Stadtrat in Mayen wird sich mit der Problematik befassen. Der Betriebsrat des Unternehmens will die Schließung des Bergwerks nicht hinnehmen und fordert einen Kurswechsel der Geschäftsführung. Mit dieser Forderung haben sich Kommunalpolitiker in Mayen solidarisiert. Zudem belebte ein kritischer Kommentar des ehemaligen Geschäftsführers und Ehrenbürgers der Stadt Mayen Ewald A. Hoppen zur Bergwerkschließung die Diskussion.

„BLICK aktuell“ traf sich nun mit den beiden Geschäftsführern des Unternehmens, Frank Rummel und Andreas Jäger, um die Fragen zu erörtern, die sich seit dem Beginn des Konflikts um die Schließung des Bergwerks ergeben haben.

Blick aktuell: Gibt es eine realistische Chance, die Schließung des Bergwerks doch noch abzuwenden?

Frank Rummel: Die Entscheidung, das Bergwerk am Katzenberg zu schließen, steht. Es sind keine neuen Argumente in der Diskussion bekannt geworden, um von unserem Kurs abzuweichen. Es wird also leider dabei bleiben, dass wir bis Ende 2019 die Produktion des Moselschiefers in Mayen einstellen müssen. Diesen Weg zu gehen, ist uns alles andere als leichtgefallen, da wir uns als ein Traditionsunternehmen verstehen. Das gilt auch für die Führungsgremien des Werhahn Konzerns zu dem Rathscheck Schiefer gehört. Die Chefetage des Mutterkonzerns war in diese Entscheidungsfindung von Anfang an einbezogen. Es geht deshalb auch am Thema vorbei, zu glauben, die Verantwortlichen bei Wehrhahn zum Umdenken bewegen zu können.

Rummel: „Keine spontane

Entscheidung von uns“

Die Schließung des Bergwerks war keine spontane Entscheidung von uns. Die Gründe für die geplante Einstellung der Produktion liegen in den immer schlechter werdenden, geologischen Rahmenbedingen des Schieferabbaus im Bergwerk am Katzenberg und in den daraus folgenden hohen Produktionskosten. Dass die betroffenen Bergleute für ihr Bergwerk kämpfen, ist menschlich verständlich. Doch leider wäre die Weiterführung der Schieferproduktion in Mayen für das Gesamtunternehmen die falsche Entscheidung.

Blick aktuell: Könnten Sie die geologischen Schwierigkeiten genauer beschreiben, die nun aktuell die Entscheidung zur Bergwerksschließung begünstigt haben?

Andreas Jäger: Seit zwei Jahren haben wir zunehmend Probleme mit der Qualität des Schiefergesteins aus dem Bergwerk im Katzenberg. Vor allem Quarzadern und Brüche im Gestein führen dazu, dass größere Dachschieferformate, die wir für die „Altdeutsche Deckung“ brauchen, kaum noch produziert werden können. Aus Moselschiefer werden Decksteine ausschließlich für die Altdeutsche Deckung gefertigt. Die Folge ist, dass die brauchbaren Produktionsmengen bei unverändert hohen Produktionskosten drastisch sinken.

Blick aktuell: Nachdem die Entscheidung der Bergwerkschließung öffentlich gemacht wurde, wurden Vorwürfe laut. Die Geschäftsführung hätte in der Vergangenheit zu wenig in die Erschließung neuer Lagerstätten investiert?

Andreas Jäger: Wir haben uns in diesem Punkt nichts vorzuwerfen. Das Fördergebiet Katzenberg in Mayen war die einzige Lagerstätte, an dem wir Schiefer abbauen konnten. Der Hinweis auf das Bergwerk Margareta ändert an dieser Bewertung nichts. Margareta war nie eine echte Alternative oder ein Ausweichstandort. Es war keine „stille Reserve“, auf die man dann zugreifen konnte, wenn es am Katzenberg Probleme geben würde. Schon 1986 wurde das ursprüngliche Bergwerk Margareta geschlossen. 1992 hat es dort einen zweiten Versuch gegeben, diesen Standort erneut zu beleben. Doch auch dieses Projekt wurde 1996 aus Kosten- und Qualitätsgründen eingestellt. Die Erschließung völlig neuer Lagerstätten an einem neuen Standort in unserer Region ist ein riskantes Vorhaben mit sehr hohen Kosten und sehr ungewissem Ausgang. Der Bau eines neuen Bergwerks an einer anderen Stelle kann man nicht als eine echte, praktische Alternative betrachten, da solch ein Projekt von der Planung bis zum Beginn der Produktion mindestens 10 Jahre dauert. Die Frage ist eben nicht, ob man in der Region irgendwo Schiefer findet, sondern, ob man zu vertretbaren Kosten genau den Schiefer findet, aus dem man Dachschieferprodukte höchster Qualität herstellen kann.

BLICK aktuell: Was sagen Sie zu den Vorwürfen seitens des Betriebsrates und einiger weniger Kollegen, dass der Steinstand aktuell sehr gut sei?

Andreas Jäger: Aktuell befinden wir uns in einer Situation, die in der Tat an einigen wenigen Abbaustellen einen besseren Steinstand vorweist. Dies haben wir auch so erwartet und war allen Beteiligten inkl. des Betriebsrates bekannt. Diese Phase wird aber nicht von Dauer sein. Solche Schwankungen gab es in der Vergangenheit immer wieder und dabei waren wir defizitär. Selbst ein kurzzeitiger guter Steinstand in diesen Abbaukammern reicht nicht aus, um den insgesamt notwendigen Ausbringungsgrad zu erzielen und damit wirtschaftlich arbeiten zu können.

BLICK aktuell: Die gestiegenen Produktionskosten beim Moselschiefer sind die eine Seite der Medaille, der Imagefaktor der eigenen Schieferproduktion eines Qualitätsproduktes für den deutschen Markt die andere Seite. Warum fiel die Entscheidung trotzdem gegen die Fortführung das Bergwerk in Mayen?

Frank Rummel: Den Imagefaktor haben wir und die Verantwortlichen der Werhahn KG durchaus immer im Blick gehabt. Man kann mit diesem Argument jedoch nicht jeden noch so großen Verlust rechtfertigen. Fakt ist, dass wir mit der Produktion des Moselschiefers für die Altdeutsche Deckung in den letzten Jahren nur rote Zahlen geschrieben haben. Die hohen Produktionskosten machten die Schieferproduktion in Mayen zu einem dauernden Verlustgeschäft, ohne, dass Licht am Ende des Tunnels zu sehen war. Nicht, dass jemand vor Ort oder im Bergwerk einen schlechten Job gemacht hätte. Die hohen Kosten waren nur auf die stetig sinkenden Mengen an Qualitätsschiefer zurückzuführen. Man hat im Hause Wehrhahn diese Defizite lange mitgetragen. Da aber kein Ende dieser deutlichen Verlustperspektive in Sicht war, wurde die Schließung des Bergwerks zu einer Frage der wirtschaftlichen Vernunft. Wir sind sicher, dass wir mit dem Schiefer aus unseren spanischen Werken Schieferprodukte für die Altdeutsche Deckung anbieten können, die der Qualität des Moselschiefers entsprechen.

BLICK aktuell: Wie passen dann die optimistischen Aussagen der Geschäftsführung vor nicht allzu langer Zeit zur Schieferförderung in Mayen zu dem Bild, das sie jetzt von der Situation zeichnen?

Frank Rummel: Die Mitarbeiter, die im Bergwerk arbeiten, kannten die Probleme. Die Geschäftsführung konnte aber erst offen über diese Situation sprechen, als die Entscheidung zur Einstellung der Produktion Ende 2019 gefallen war. Es macht doch keinen Sinn über negative Zukunftsszenarien des eigenen Unternehmens in der Öffentlichkeit zu spekulieren und damit unsere Kunden zu verunsichern.

BLICK aktuell: Die Kritiker der Bergwerkschließung befürchten durch den Verlust des Alleinstellungmerkmales „Moselschiefer“ auch negative Auswirkungen für das Gesamtunternehmen. Sind diese Befürchtungen begründet?

Frank Rummel: Wenn wir den Einfluss der Schließung des Bergwerks in Mayen auf das Gesamtunternehmen diskutieren, muss man sich zuerst einmal die Größenordnungen vergegenwärtigen. Rathscheck Schiefer und Dachsysteme ist der zweitgrößte Schieferproduzent auf dem Weltmarkt. 95 Prozent unseres Schiefers produzieren wir in unseren spanischen Werken mit den dortigen Tochterfirmen. Nur rund 5 Prozent unseres Schiefers kommt aus dem Bergwerk in Mayen. Dort wird ausschließlich Moselschiefer gefördert, der nur für die Produktion von Dachschiefer für die Altdeutsche Deckung eingesetzt wird. Diese Schieferart ist für den deutschen Markt nicht unwichtig, aber mit Blick auf den gesamten europäischen Schiefermarkt ein reines Nischenprodukt. Und selbst für dieses relativ kleine Produktionssegment können wir nach der Einstellung der Produktion in Mayen eine gleichwertige, eigene Alternative anbieten. Ich bin mir sicher, dass wir selbst in dem „Altdeutsche Deckung“ unsere Position auf dem deutschen Markt verteidigen werden.

Rummel: „Wir bleiben in Mayen, und wir sind ein unübersehbarer

Akteur auf dem

europäischen Schiefermarkt.“

BLICK aktuell: Was bedeutet die Schließung des Bergwerks für den Stellenwert des Standortes Mayen für das Unternehmen?

Frank Rummel: Die Einstellung der Schieferproduktion in Mayen bedeutet das Ende der I.B. Rathscheck Söhne KG Moselschiefer Bergwerke. Die 50 Mitarbeiter dieser Gesellschaft können wir nicht weiterbeschäftigen. Die Schließung des Bergwerks hat keine negativen Auswirkungen auf die Firma Rathscheck Schiefer und Dach-Systeme bei der in Mayen rund 70 Mitarbeiter beschäftig sind. Unbegründet ist auch die Vermutung, Rathscheck Schiefer würde durch die Schließung des Bergwerks in Mayen seinen Stellenwert und seine Eigenständigkeit im Gesamtgefüge der Werhahn-Gruppe einbüßen. Wir bleiben in Mayen, und wir sind ein unübersehbarer Akteur auf dem europäischen Schiefermarkt.

Blick aktuell: Welche Schlüsse ziehen Sie für Ihr Unternehmen aus der kontroversen Diskussion über die Schließung des Bergwerks?

Frank Rummel: Auch wenn die Bergwerkschließung hier in Mayen für uns ein ausgesprochen trauriger Anlass ist, zeigen die öffentlichen Reaktionen doch sehr deutlich, dass Rathscheck Schiefer ein identitätsprägendes Unternehmen für die Region ist. Wir bleiben auch in Zukunft fest in der Region verwurzelt und werden uns vor Ort gesellschaftlich engagieren. Vor allem die Pflege der Bergwerkstradition liegt uns am Herzen. Der Moselschiefer und das Bergwerk am Katzenberg werden Teil unserer Firmentradition bleiben, denn es handelt sich schließlich um die Keimzelle unseres Unternehmens, das sich von hier aus zu einem international bedeutenden Produzenten und Anbieter von Schieferprodukten entwickeln konnte.

BLICK aktuell: Was geschieht nun mit den 50 Mitarbeitern, die direkt von der Schließung des Bergwerks betroffen sind?

Andreas Jäger: Wir werden versuchen, Mitarbeitern z.B. bei Schwesterunternehmen des Konzerns zu beschäftigen. Es gibt Betroffene, die als Handwerker im Zeichen des Facharbeitermangels eine gute Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Bei anderen Mitarbeitern muss über die Möglichkeit einer Frühverrentung nachgedacht werden. Für die, die als Spezialisten in der Schieferproduktion gearbeitet haben und deshalb schwierig in neue Jobs zu vermitteln sind, tragen wir eine besondere Verantwortung, zu der wir stehen. Wir haben die Entscheidung für die Schließung des Bergwerks mit dem Ziel verbunden, dass sozialverträgliche Lösungen für die betroffenen Mitarbeiter gefunden werden. Dies werden wir umsetzen.

Das Interview führten

Ute Weiner-Mertz

und Helmut Schwarz