Martinsfest in der Rotweinstadt ist eine Attraktion

Martinsbräuche in Ahrweiler

von Werner Schüller

Martinsbräuche in Ahrweiler

Eine kleine Pause beim Schanzenbinden der Ovvehöde Jonge. n Ahrweiler wird das Martinsbrauchtum seit Generationen gepflegt. Foto: privat

08.11.2016 - 15:31

Ahrweiler. Das Martinsfest in Ahrweiler mit den Martinsfeuern und den Schaubildern ist eine Attraktion in der Rotweinstadt. Im Gegensatz zu anderen Orten gibt es in Ahrweiler nicht nur ein Feuer, sondern entsprechend der Huten (frühere Stadtteile in Ahrweiler) werden zum Sankt Martinstag vier Martinsfeuer abgebrannt. Dieses Brauchtum ist weit über hundert Jahre alt. Ab Mitte Oktober ziehen alljährlich die Schuljungen und die Junggesellen der einzelnen Huten zum Holzsammeln in die nahegelegenen Wälder der Stadt. An den Feuerplätzen brennen dann kleine Feuer, die in Ahrweiler Lockfeuerchen genannt werden. An diesen Feuern haben die meisten Jungen von Ahrweiler vieler Generationen ihre erste Zigarette geraucht, ihre erste Flasche Bier und ihr erstes Gläschen Rotwein getrunken.


Schuljungen helfen den Junggesellen beim Holzsammeln


Die „Schanzemännche“, wie die jungen Schulburschen auch in Ahrweiler genannt werden, dürfen mit Genehmigung des Försters und der Privatwaldbesitzer dürre Äste von Tannen und Fichten abschlagen. Mit Draht binden dann die Älteren oder die Junggesellen die Zweige zu Bündeln (Schanzen) zusammen. Am Martinstag möchte jede Hut das schönste Feuer abbrennen, denn die einzelnen Feuer werden prämiert. Für die Feuer wird eine große Menge dieser „Schanzen“ benötigt. An einem sicheren Ort, der „Schanzekaul“, werden die Reisigbündel der einzelnen Huten bis zum Martinstag zwischengelagert. Diese müssen gut versteckt werden, denn manchmal versucht eine „feindliche“ Hut die Schanzen der anderen zu stibitzen oder die Drähte aufzupitschen. Beim Schanzenbinden und am Martinsfest werden immer wieder die alten „Kampflieder“ gesungen, wobei je nach Hut der Text abgeändert wird. Harmlose Rangeleien unter den Burschen aus den einzelnen Huten ist in der Zeit des Schanzenbindens ganz normal.


Kämpfe in den Weinbergen


Anfang des letzten Jahrhunderts ging es nicht immer so friedlich zu. „Schanze stritze“ war da noch harmlos. Oft wurden unter den Burschen nach dem Abbrennen der Martinsfeuer auf den Berghöhen noch regelrechte Kämpfe mit Weinbergspfählen, Pechfackeln und Knüppeln ausgetragen, ehe man sich in Lumpenfackelzügen entlang der Weinbergspfädchen talwärts begab. Der eigentlich schöne Martinsabend fand dann auf dem Ahrweiler Marktplatz ein wüstes Ende.


Neuanfang des Martinsfestes


Im Jahre 1913 versuchte der damalige Rektor Strauck und Oberlehrer Federle, dem Fest einen geordneten Verlauf zu geben. Die Volksschulkinder versammelten sich am Niedertor und zogen ohne wüste Prügelei durch die Ahrweiler Straßen. Aber bald wurden sie durch halbwüchsige Burschen belästigt, denen die Rauferei aus den früheren Jahren mehr Freude machte. So verlor die Lehrerschaft bald wieder die Lust am geordneten Martinfest. Ab dem Kriegsjahr 1914 ruhte der Martinsbrauch. Im Jahre 1922 wurde auf Initiative von Babtist Plachner und Jean Mies noch mal ein Versuch eines geordneten Martinsfestes gewagt. Der Fackelzug und die Feuer fanden großen Anklang bei der Bürgerschaft, und in Ahrweiler wurde der erste Martinsausschuss gebildet. So lebte der Martinsbrauch weiter, mit vier Feuern der einzelnen Huten und den Lumpenfackelzügen, die fast friedlich durch die Weinberge ins Tal zogen. Der Heimatdichter Heinrich Ruland bemerkte über den Martinsbrauch 1922 in der Presse: „Glückliche Jugend, die sich im Glanze bunter Papierfackeln freut und deren Heilige noch sichtbar auf der Erde wandeln! Freilich, früher war es anders am Vorabend vom Sankt Martinstag: etwas wilder und kriegerischer, wenn richtige Fackeln in flammenden Kreisen geschwungen wurden und schimpfende Mütter sich um versengte und mit Teer beschmierte Anzüge bemühten und zerschundene Bubenköpfe verbanden. Mochte die Mutter klagen und jammern, es wurde kein Duett daraus, denn der Vater war dann immer so merkwürdig still. Und wenn die trotzigen Bubenaugen zu ihm hinüberblickten, senkte er schnell den Kopf über die Zeitung, damit wir den Glanz in den Augen nicht sehen sollten. Ich habe ihn immer im Verdacht gehabt, dass er noch selber gerne gegen die Niddehöde zu Felde gezogen wäre,.... er wurde ein bisschen Kind, der große, lange Vater ....“.


Schaubilder werden in die Weinberge gestellt


Anfang der 50er Jahre wurden die Lumpenfackelzüge durch die ersten Schaubilder abgelöst. Hauptinitiator war damals Klaus Bruckner. Auf Holzgestellen wurden dazu die Lumpenfackeln zu Buchstaben und Schriften zusammengefügt und auf den Weinbergswegen aufgestellt. Das Schriftbild wurde Jahr für Jahr verbessert und bald kamen auch noch Bilder dazu. Seitdem stellt jede Hut an ihrem zugewiesenen Platz oben in den Weinbergen, für die Ahrweiler Innenstadt gut sichtbar, ein eigenes Schaubild auf. Für die Lumpenfackeln werden heute Pechfackeln genommen. Bis heute werden in Ahrweiler besondere Ereignisse aus dem Jahreslauf von Vereinen, von verdienten Bürgern, und Motive des Martinsbrauches und aus dem kirchlichen Bereich in Schrift und Bild dargestellt. Die Schaubilder sind einzigartig im Rheinland und stellen eine gelungene Bereicherung des Martinsbrauches dar. Auch für den Tourismus ist das Martinsfest in Ahrweiler nicht uninteressant. Von der Hotellerie wird der Martinstag sogar besonders beworben. Viele Gäste von nah und fern kommen extra zum Martinsfest nach Ahrweiler. Am Martinsabend versammelt sich an verschiedenen Plätzen eine große Anzahl von Menschen um die Feuer und die Schaubilder zu bestaunen.


Schaubilder und Feuer werden prämiert.


Auf dem Marktplatz werden die Feuer und die Schaubilder durch den Bürgermeister, den Ortsvorsteher und den Martinsausschuss prämiert. Der Junggesellenverein der gewinnenden Hut nimmt stolz einen Teller oder eine entsprechende Plakette als Wanderpreis entgegen. Für die Kleinen findet der Martinszug mit dem Sankt Martin auf dem Pferd durch das illuminierte Ahrweiler statt. Alle Kinder erhalten danach den wohlverdienten Martinsweck.

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

- Anzeige -

Ei Ei Ei – Die BLICKaktuell Osterüberraschung

Vom 18. März bis 1. April verstecken sich tolle Gewinnspiele und attraktive Aktionen von Unternehmen aus der Region in unserem Osternest. Seid gespannt, was sich hinter dem nächsten Osterei versteckt. Abonniert auch unsere Kanäle auf Facebook und Instagram, um nichts zu verpassen. mehr...

Burgfestspiele Mayen starten Voting für das Familienstück im Jahr 2025

Welches Stück wollen die Mayener sehen?

Mayen. Mayen entscheidet mit. Welches Familienstück möchten die Mayener Bürgerinnen und Bürger 2025 im Programm der Burgfestspiele sehen? mehr...

Regional+
 

Ortsbeiratsliste steht

Gimmigen. Der GRÜNE Ortsverband der Kreisstadt mit dem Sprechduo Birgit Stupp und Christoph Scheuer freut sich: Zum ersten Mal haben sich auch in Gimmigen GRÜNE zusammengefunden, die über eine Liste für den Ortsbeirat bei der nächsten Kommunalwahl kandidieren. Andreas Resch führt die Liste an. Auch für die Stadtratswahl ist er auf einem aussichtsreichen vorderen Platz zu finden. Auf der Gimmigener Liste der GRÜNEN folgen Peter Rochert, Christian Drescher und Katrin Drescher. mehr...

Liste aufgestellt

Altenahr. Nachdem die Freie Wählergruppe (FWG) Ahr-Eifel vor fünf Jahren erstmals für die Wahlen zum Verbandsgemeinderat Altenahr angetreten war, wollen 18 Kandidatinnen und Kandidaten der FWG erneut den Wählerinnen und Wählern ein Angebot machen, ihre Interessen zu vertreten. Im Rahmen der Mitgliederversammlung im Gemeindehaus Lind wurde wurde die Kommunalwahl intensiv vorbereitet. Unter der Leitung... mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
K. Schmidt:
Danke für das Stichwort Weihnachtsmarkt. Zu diesen wurde, z.B. von der DUH, aber auch einigen Politikern, aufgefordert die Beleuchtung wegzulassen oder zu minimieren. Und am letzten Samstag wurde groß dazu aufgerufen, für eine Stunde soviele Lichter wie möglich abzuschalten, als Zeichen für Klimaschutz...
Julia Frericks:
Die Ramadan-Beleuchtungen in Köln und Frankfurt sind wegweisende Initiativen. Die Lichter sorgen für eine festliche Stimmung, egal welcher Religion ich angehöre. Eine Stimmung, die auch bei vielen Nicht-Christen aufkommt, wenn sie z.B. einen Weihnachtsmarkt besuchen. In Köln ging die Initiative für...
K. Schmidt:
Soviel Geld, wie der Steuerzahler für die kath. Kirchen Jahr für Jahr in die Hand nehmen darf (ich meine nicht den Kirchensteuerzahler, sondern wirklich jeden!), soviel Beleuchtung kann man für die anderen Glaubensrichtungen doch gar nicht aufstellen, sonst schaffen wir die Dunkelheit ja komplett a...

Kreishaushalte in der Krise

K. Schmidt:
Die meisten der Landrätinnen und Landräte gehören doch einer Partei an, die Fraktionen der Kreistage auch. Ein Apell des Landkreistages an die Landesregierung ist nett, aber doch nicht mehr als ein unnötiger Umweg. Die Parteien, die sich auf der Landkreisebene finden, sind am Ende die gleichen, die...
K. Schmidt:
Ich werfe jeden hochkant von meinem Grundstück, der mir etwas von "Wärmenetz" erzählt. Die Nachrichten der letzten Zeit über die Fälle, wo ganze Stadtteile oder Dörfer plötzlich unverschuldet ohne Heizung waren, weil Anbieter pleite oder Netze veraltet waren, reichen mir als Warnung (wer googlen will:...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service