Restaurierungsarbeiten im Sinziger Schloss
Rettung der feinfühligen Malerei
Restaurator Ferdinand Lawen und Mitarbeiter wollen die wertvolle Kassettendecke des kleinen Kultursaals im Schloss wieder in ihren Ursprungszustand versetzen
Sinzig. Neun Kassetten und ein mehrteiliges Abschlussfeld bilden die mit Figuren und Rankenwerk voller Blätter und Blüten prächtig bemalte Decke im kleinen Kultursaal des Sinziger Schlosses. Besorgt schauten Kunstliebhaber schon lange Zeit nach oben, da sie mit bloßem Auge Risse erkennen konnten und Unebenheiten, die kaum zur Bemalung gehören konnten.
Schließlich gab die Decke eindeutige Signale, was ihren bedenklich angegriffenen Zustand anging. Vor Wochen fielen Stücke aufs Parkett. Also wurden die darüber liegenden Räume des Heimatmuseums gesperrt, um jedweder weiteren Erschütterung vorzubeugen. Auch das Trauzimmer musste verlegt werden. Heiratswillige treten nun im großen Saal vor den Standesbeamten, denn der Zugang zum vormalig dafür genutzten Turmzimmer führt durch den kleinen Kultursaal. In ihm aber wirken, beauftragt durch die Stadt Sinzig und in Kooperation mit der Landesdenkmalpflege, seit der letzten Juniwoche bis zu fünf Mitarbeiter der Restauratorenfirma Ferdinand Lawen aus Briedel. Dort, wo sonst Konzerte und Vorträge abgehalten werden, liegt Staub in der Luft, bedecken Schutzplanen den Boden und reichen Gerüste bis zur Decke. Die Profis arbeiten an allen Wochentagen, um die gravierenden Schäden der aufwendig bemalten Kassettendecke zu beheben, mehr noch, um sie weitestgehend in den ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Absturzgefährdet
Die Beeinträchtigung macht sich in vielerlei Hinsicht bemerkbar. „Da blättert die Malschicht in kleinen Schollen ab“, weist Diplomrestauratorin Anna Kronewirth auf eine von vielen Stellen. Ehemalige Risse fallen durch helle Füllungen, die natürlich noch farblich angepasst werden, derzeit besonders ins Auge. Die Expertin weiß außerdem: „Der Putz hat sich von allen Balken gelöst und ist stark absturzgefährdet.“ Da an diesen Unterzügen, welche die eigentliche Decke tragen, „das Drahtgewebe zur Armierung des Putzes etwas verrostet ist, sitzt der Putz locker und bröselt“. Kommt hinzu, dass auch der anschließende Stuck seine Verbindung zum Träger Holz verloren hat. Die kleinen Unterzüge sind teils nicht einmal armiert. „Vernadeln“ ist der Fachausdruck für die erneute Anbindung mit dünnen Dübeln, nachdem Unterfüllungen erfolgt sind.
Verschiedentlich gilt es, Fehlendes zu ergänzen. So sind aus den differenziert mit Band- und Blattreliefs geschmückten Rundstäben ganze Stücke herausgebrochen. Oder sie sind bei einer früheren Ausbesserung nur plump bemalt worden, ohne dass man das Relief ersetzte.
Dekore entdeckt
Übrigens entdeckten die Restauratoren an den Balken filigrane übermalte Dekore, die nun partiell freigelegt beziehungsweise nachempfunden werden sollen. Allein das bisher Sichtbare frappiert: In neun Hauptfeldern der rötlich und grünfarbigen Decke wechseln sich zwei Darstellungen ab. Vier kindliche Gestalten bilden dabei ein reizendes Musikantenensemble mit Laute, Becken, Busine (Blechblasinstrument) und Rebec (Violinenvorläufer).
Das zweite Motiv bestreiten ähnliche Protagonisten: einer hält eine Traube über einem Glas, einer liest, einer strickt und einer fädelt durchs Nadelöhr. Die Figuren ähneln sehr den Figuren im Turmzimmer, welche die Artikelverfasserin als Genien der Jahreszeiten identifizierte. Dies kann nicht verwundern, da sie aus derselben Hand stammen. „Feinfühlig gemalt“ bescheinigt auch Ferdinand Lawen den Ausführungen im Kultursaal. Erst auf dem Gerüst stehend erkennt man die Details und die feinen Farbübergänge. Doch ausgerechnet Carl Christian Andreae, Schöpfer dieser Malerei, hat zu den Deckenproblemen beigetragen, die Lawen als „Feuchtigkeitsschäden“ zusammenfasst.
Andreae, der 20 Jahre mit seiner Familie auf dem Sinziger Helenaberg lebte, malte nicht auf den Putz, sondern auf Papier, das anschließend aufgeklebt wurde.
Und er nutzte ölhaltige Farbe, welche die Feuchtigkeit in den Schichten unter dem Malträger festhielt. Den Grund für die selten angewandte Tapetentechnik – „ich könnte kein vergleichbares Objekt nennen“ – vermutet der Restaurator darin, „dass er Tafelmaler war und auf Putz nicht so gut zurechtkam“.
Elektrik eingebunden
Bis Mitte September dauern die Arbeiten voraussichtlich an. Eingebunden sind Maßnahmen zur Sanierung der Elektrik. Diese hatte der Vorsitzende des Denkmalvereins, Karl-Friedrich Amendt, der beruflich als Sicherheitsbeauftragter tätig war, seit einiger Zeit angemahnt. Die unsicheren alten stoffummantelten Kabel sollen ersetzt und neue in Schlitzen zum großen Saal hin verlegt werden, so Lawen. Komplett saniert ist der Saal damit noch nicht. Schon 2001/2002 hatte der Restaurator im Schloss eine Untersuchung durchgeführt und jeweils für die Räume Maßnahmen geplant. „Das Gesamtkonzept sollte nach und nach abgearbeitet werden“, wirbt er für konsequente Substanzerhaltung. Das neugotische Schloss, zweifellos ein geschichtsträchtiges Kleinod der Stadt, hat es verdient. HG