Ministerium und Jobcenter Mayen-Koblenz luden Fachleute zum Austausch
Kongress „Gesundheit und Arbeitslosigkeit“
Ochtendung/Region. Krankheit oder gesundheitliche Einschränkungen können sowohl Ursache als auch Folge von Arbeitslosigkeit sein - das gilt besonders bei Langzeitarbeitslosigkeit. Für die Betroffenen kann so ein Teufelskreis entstehen, der die Chancen auf Wiedereingliederung ins Erwerbsleben erschwert. Der Kongress „Gesundheit und Arbeitslosigkeit“, den das rheinland-pfälzische Arbeitsministerium in Kooperation mit dem Jobcenter Mayen-Koblenz nun in Ochtendung veranstaltete, stellte die Gesundheitsförderung für Langzeitarbeitslose in den Mittelpunkt.
„Um langzeitarbeitslosen Menschen auf dem Arbeitsmarkt eine Chance zu geben, muss das Thema Gesundheit verstärkt in den Fokus genommen werden“, sagte David Langner, Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie. Langner wies darauf hin, dass Langzeitarbeitslose oft mehrfache Vermittlungshemmnisse haben, die häufig mit einer Vielzahl von Krankheiten unterschiedlicher Ausprägung gepaart sind. „Der Kongress soll auf dieses wichtige Thema aufmerksam machen und gemeinsam mit der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland, den Jobcentern und relevanten Arbeitsmarktakteuren dazu beitragen, dass Kooperationsvereinbarungen und Netzwerke zur Gesundheitsförderung von Langzeitarbeitslosen vereinbart werden.“
Aus arbeitsmarktpolitischen Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds (ESF) werden bereits seit 2010 von vielen Jobcentern und Trägern Gesundheitsbausteine in Maßnahmen eingebaut, um die gesundheitlichen Einschränkungen von Langzeitleistungsbeziehern zu verbessern, berichtete der Staatssekretär. Diesen Weg gilt es weiter zu gehen.
Arbeitslosigkeit wird oft als schwere Belastung erlebt, die weit über das Finanzielle hinausgeht. Arbeit ist also mehr als der schlichte Broterwerb, bedeutet eine zentrale Rolle am gesellschaftlichen Leben und hat Auswirkungen auf das soziale Leben, hob Landrat Dr. Alexander Saftig hervor. Nicht zuletzt deswegen bemüht sich das Jobcenter MYK trotz einer geringen Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent seit langem verstärkt in einem Netzwerk Gesundheit - betreut und aufgebaut durch die vom Europäischen Sozialfond ESF geförderte Netzwerkstelle „MYKnetz“ des Jobcenters MYK.
„Gesamtgesellschaftliche Aufgabe“
„Arbeit ist mehr als Gelderwerb“, weiß auch Andreas Staible, Bundesagentur für Arbeit Nürnberg. Staible referierte vor den Fachleuten von Jobcentern, Krankenkassen, Projektträgern, Gesundheitsämtern und weiteren Organisationen: Langzeitarbeitslosigkeit kann psycho-soziale Folgen haben.
Um aber am gesundheitlichen Zustand der Langzeitarbeitslosen etwas zu tun, gebe es „viele Stellschrauben“, an denen jeder Einzelne drehen könne. Die Betroffenen dabei zu unterstützen sieht Staible als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. In den Jobcentern und Arbeitsagenturen sieht der Referent die Möglichkeit, die Beratungskompetenz speziell auf dem Gesundheitsgebiet zu steigern. Zudem müsse die Beratung auch nach der Vermittlung in Arbeit eine Zeit anhalten - in der ersten Beschäftigungsphase höre der Stress nicht auf, sagte er. Um dies zu gewährleisten befürwortet Staible ein Schnittstellenmodell: Integrationsmaßnahmen mit gesundheitsfördernden Angeboten müssten verknüpft werden. Dass auf dem Weg dorthin noch Steine aus dem Weg geräumt werden müssen, bewies die Diskussion mit den Kongressteilnehmern. Rolf Koch, Geschäftsführer des Jobcenters Mayen-Koblenz, etwa klagte über die großen Probleme, Termine für Jobcenter-Kunden bei Psychotherapeuten zu erhalten - das dauere in der Regel eineinhalb bis zwei Jahre.
Vier Modelle exemplarisch vorgestellt
Exemplarisch wurden vier gesundheitsfördernde Projekte vorgestellt, die bereits heute erfolgreich mit Langzeitarbeitslosen arbeiten: „JobFit“ (BKK Bundesverband) ist ein niedrigschwelliges Angebot, das aus einer individuellen Gesundheitsberatung und einem Präventionskurs besteht. „AktivA“ (TU Dresden) ist ein Methodenmix aus Wissens-vermittlung, Selbstreflexion, Erfahrungsaustausch, Rollenspiel und Gruppendiskussionen und kann mit anderen Bausteinen kombiniert werden. „Train to Job“ (Werkstatt Frankfurt e.V.) setzt sich die Optimierung der Alltagsbewältigung und Alltagsgestaltung zum Ziel und lehrt Gesundheitsmanagement als auch Zeitmanagement. „ES-LS“ (Netzwerkstelle MYKnetz des Jobcenter Mayen-Koblenz, unterstützt von der Landesdrogenbeauftragten, der Landeszentrale für Gesundheitsförderung und der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach) beschäftigt sich speziell mit alkoholkranken Langzeitarbeitslosen.
Das Ziel des freiwilligen Angebots ist die frühe Intervention, da nach Fachärzten bislang Alkoholkranke bis zu 25 Jahre zu spät in einer Klinik ankommen, um sich helfen zu lassen.
Nach einer abschließenden Diskussionsrunde fasste Roswitha Augel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie) die Erkenntnisse aus dem Kongress zusammen: In Rheinland-Pfalz gebe es gute Ansätze, doch müsse die Vernetzung der einzelnen Angebote noch weiter ausgebaut werden. Das Ziel sei eine systematische Arbeit für Langzeitarbeitslose mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen - demnach fast jeder Zweite. Um dies zu erreichen, bedürfe es zum einen eines größeren Knowhows bei den Jobcentern, um entsprechende Beratungen leisten zu können. Es müssten aber auch alle Beteiligten gemeinsam an besseren Maßnahmen arbeiten, um auf die Probleme der Betroffenen einzugehen, sagte Augel abschließend.
Weitere Infos unter www.jobcenter-myk.de.
