Betroffene zeigen, was Sucht ist, wie sie entsteht und wie man sie überwinden kann
Persönliche Sucht-Ausstellung in der Rhein-Mosel-Fachklinik
Andernach. Eine bemerkenswerte Ausstellung ist noch bis Freitag, 27. März, auf dem Gelände der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach (RMF) zu sehen. Im großen Saal des Hauses Westerwald in der Vulkanstraße zeigt die RMF in Zusammenarbeit mit dem Dekanat Andernach-Bassenheim die Ausstellung „Einfach menschlich – von Menschen und Süchten“. Auf mehr als 200 Quadratmetern wird der Besucher durch begehbare Rauminstallationen geführt. Sehr persönlich wird der Gast mit Süchten und deren Auswirkungen konfrontiert. Dabei geht es nicht allein um Süchte, die durch die Einnahme von Drogen oder den krankhaften Konsum von Alkohol ausgelöst werden. Die Ausstellung beschäftigt sich umfangreich mit jeder Art der Sucht, die aus einer vermeintlich harmlosen Lebensart heraus entstehen kann. Dazu gehört Computer- oder Fernsehsucht, Esssucht oder die Eifersucht, die ebenso zerstörerisch wirken können wie Alkoholismus.
Höhepunkt der Installationen ist sicher die begehbare Spirale „Suchtwege – Auswege“, die dem Besucher die Stationen einer Sucht beschreibt, bis zu dem Punkt, an dem der Betroffene kaum noch einen Ausweg aus seiner Lage findet. Der Besucher sieht sich an dieser Stelle umringt von dunklen Wänden, die Unbehagen auslösen – Wörter wie „Angst“, die in Großbuchstaben darauf stehen, verstärken das Gefühl noch. Nur, wer sich bewusst mit der Situation beschäftigt, findet den Ausweg. Wie gesagt – eine sehr persönlich gestaltete Ausstellung.
Die Schau wurde von Mitgliedern des Vereins Suchtprävention und Genesung (S.u.G.) aus Regensburg gestaltet, die selbst süchtig sind oder eine Sucht überwunden haben. Die Krankenkasse DAK hat das Projekt finanziert, das mittlerweile seit 17 Jahren durch die Republik tourt und „leider nie an Aktualität verloren hat“, sagte Freier von Hennigs, Projektleiterin und Vorstand des Vereins, bei der Eröffnung der Ausstellung in der RMF.
Hennigs betonte, dass es in Deutschland kein vergleichbares Projekt gebe. Sie erlebe manches Mal, dass Besucher sich den Installationen mit Distanz nähern und davon überzeugt sind, dass nur andere süchtig werden. „Angeregt durch die persönlichen Schilderungen entsteht bei vielen dann aber ein innerer Dialog und es beginnt eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln“, beobachtete Hennigs. Dr. Peter Hotz, Chefarzt der Abteilung für Suchtmedizin und Sozialpsychiatrie an der RMF, schaffte es, die Gäste der Vernissage durch die eigentlich äußerst freudige Situation frisch verliebt zu sein, mit der Ausstellung vertraut zu machen. Er schilderte, wie sich Zuneigung zu einem bestimmten Menschen negativ auswirken kann auf das Umfeld des Betroffenen, das er beginnt zu vernachlässigen.
Hotz erklärte schließlich, dass Abstinenz nur Sinn macht „wenn der Sucht vollständig abgesagt wird. Die meisten bekommen es in den Griff, einige wenige bleiben jedoch dabei. Chronisch Kranke sind auf der Suche nach einer Welt, die es nicht gibt.“ Er forderte sein Auditorium auf, Süchtigen Mut zu machen, sie nicht alleine zu lassen. „Das erfordert aber einen sehr langen Atem.“ Er freute sich, dass die Ausstellung „nicht den drohenden Zeigefinger erhebt, sondern, dass sie Lust macht, die eigenen Grenzen kennenzulernen.“ Großes Lob zollten alle Verantwortlichen Pastoralreferent Felix Tölle, der als Krankenhausseelsorger für die RMF arbeitet. Nur durch sein Engagement ist die Ausstellung nach Andernach gekommen.
Noch bis Freitag, 27. März, ist die Ausstellung zu sehen. Sie ist geeignet für Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene. Gruppen sollten sich für Führungen anmelden. Krankenhausseelsorger Felix Tölle nimmt die Wünsche entgegen, Tel.: (0 26 32) 40 75 536; Mail f.toelle@rmf.landeskrankenhaus.de. Für Einzelpersonen ist die Ausstellung mittwochs bis freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags von 12 bis 15 Uhr geöffnet.
Pressemitteilung Rhein-Mosel-
Fachklinik Andernach