1. Demokratiekonferenz der Verbandsgemeinden Höhr-Grenzhausen und Ransbach-Baumbach

55.000 für ein demokratisches Miteinander

Demokratieförderung und Extremismusprävention im Fokus

20.01.2020 - 13:20

Ransbach-Baumbach. „Demokratie leben!“ Ganz im Sinne des Namens des Bundesprogrammes gestaltete sich auch die „1. gemeinsame Demokratiekonferenz der Partnerschaft für Demokratie im Kannenbäckerland“ der Verbandsgemeinden Höhr-Grenzhausen und Ransbach-Baumbach, die am 14. Januar in der Stadthalle Ransbach-Baumbach stattfand. Das Projekt, das es in der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen schon seit einigen Jahren gibt, wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und mithilfe des „Projektes Arbeit und Lernen“ (P.a.u.L. e. V.) durchgeführt. Investiert wird dabei in Präventionsmaßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und politisch motivierte Gewalt. Extremistisch motivierte Straftaten sind der politisch motivierten Kriminalität zugeordnet. Auf die rechte Szene entfielen laut Verfassungsschutzbericht 2018 in Deutschland 19.409 Straftaten. Darunter fallen beispielsweise Körperverletzungen, das Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen, Raub und Erpressung sowie Sachbeschädigungen, Propagandadelikte, Volksverhetzung usw.


Insbesondere Unterstützung der Schulen gefragt


Zu Beginn der Veranstaltung betonten die Verbandsbürgermeister Michael Merz und Thilo Becker ebenso wie Referent Stefan Wolfram (P.a.u.L. e. V.) wie wichtig ihnen das Programm und die Zusammenarbeit der beiden Verbandsgemeinden seien. In seiner Begrüßung führte Becker dazu näher aus: „Das Programm „Demokratie leben!“ lebt im Endeffekt davon, dass die Projekte nicht in der jeweiligen Verwaltung initiiert werden, sondern wir brauchen in hohem Maße die Unterstützung der Vereine, Institutionen, insbesondere der Schulen. Wir haben positive Ansätze mit unseren Schulen in Höhr-Grenzhausen gehabt, haben aber auch schon tolle Ausstellungen in der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen durchgeführt.

Mir ist es wichtig, dass wir damit weitere Bausteine liefern können, um einmal Rechtsradikalismus, aber generell Radikalismus, vorzubeugen, dass wir jungen Menschen einen Schlüssel geben, sie an Demokratie heranführen, dass wir auch dafür werben, dass sich unsere jungen Leute engagieren und mit einbringen, egal ob im Begleitausschuss oder um später über das Programm ein Jugendforum zu finanzieren… Höhr-Grenzhausen ist bunt, Ransbach-Baumbach ist bunt, so soll es bleiben, wir leben gut miteinander, manchmal ein wenig nur miteinander und nicht zusammen. Es gibt das ein oder andere von dem ich denke, dass man versuchen kann es aufzubrechen. Ich bin froh, dass wir in diesem Jahr in Höhr-Grenzhausen einen Migrationsbeirat gewählt haben.

Aber ganz wichtig ist: Wir brauchen Ihren Input, wir brauchen die Unterstützung von allen, die beteiligt sind. Ich lade insbesondere die Schulen ein, von diesen Angeboten ganz, ganz viel Gebrauch zu machen, denn ich glaube, es bereichert den Schulalltag ungemein und kann gerade bei den jüngeren Menschen vieles bewirken, damit sie wissen, wie man sich dort zurechtfindet, damit sie wissen, wie Demokratie funktioniert und wie man auch der ein oder anderen Versuchung wiederstehen kann, wenn irgendwelche Rattenfänger unterwegs sind, um Jugendliche für sich einzunehmen.“


24.000 Rechtsextreme in Deutschland


Beata Masling vom Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Rheinland-Pfalz, Regionalstelle Westerwald/Altenkirchen referierte im Anschluss an die Begrüßung aufschlussreich über die aktuellen landesweiten und regionalen Entwicklungen in der rechten Szene und machte dabei deutlich, dass Rechtsextremismus über alle Gesellschaftsschichten verteilt auftrete.

Laut Verfassungsschutzbericht 2018 gibt es in Deutschland circa 24.000 Rechtsextreme, von denen ungefähr 12.700 als gewaltbereit und über 40 Personen als Gefährder gelten. In diesem Bericht heißt es weiter, dass es laut BKA im Jahr 2018 27.656 registrierte extremistisch motivierte Straftaten gegeben hat, von denen 19.409 dem Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – rechts“ und 4.622 dem Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – links“ zugeordnet werden konnten. 456 fielen in den Bereich der „Politisch motivierte Kriminalität – religiöse Ideologie“, 1.928 konnten dem Bereich „Politisch motivierte Kriminalität – ausländische Ideologie“ zugeordnet werden. 1.244 Straftaten mit extremistische Hintergrund konnten keinem besonderen Bereich zugeordnet werden. In Rheinland-Pfalz werden 650 Personen als rechtsextrem eingestuft, 150 gelten als gewaltorientiert. Maslin klärte weiter auf, dass rechtsextremes Gedankengut beispielsweise bei gezielten Veranstaltungen, in der Kampfsportszene oder im virtuellen Bereich durch die bessere Vernetzung online und Hass und Hetze im Netz verbreitet werde. Auch gebe es Aktionen wie eine „Nationale Streife“ oder Kundgebungen gegen jegliche Minderheiten, zum Beispiel zum Anlass des Christopher Street Day. Dabei gebe es auch sogenannte rechtsoffene Mischszenen.

Wer sich für tiefergehende Informationen interessiert, kann sich den umfangsreichen Bericht des Verfassungsschutzes unter folgendem Link downloaden: https://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte/vsbericht-2018


30% der rheinlandpfälzischen Reichsbürger entfallen auf das PP Koblenz


Von den 550 staatsfeindlichen Reichbürgern in Rheinland-Pfalz, einer kleinen, aber sehr aktiven Gruppe, die sich gegen die Staatsform der Bundesrepublik Deutschland richte, gehe ebenfalls ein hohes Gefährdungsrisiko aus, so Masling. Ein Bezug zum Rechtsextremismus sei in dieser Gruppe mit 2,5% ausgeprägt. 32 Personen verfügten über eine waffenrechtliche Erlaubnis. Die prozentuale Verteilung der 550 Personen auf die zuständigen Polizeipräsidien (PP) des Landes stelle sich wie folgt dar: PP Koblenz 30%, PP Rheinpfalz 20%, PP Mainz 17%, PP Trier 14%, PP Westpfalz 13%, Personen mit einem Wohnsitz außerhalt von RLP 6%.

Im Folgenden beschrieb Beata Masling die Strukturen und das Personenpotenzial verschiedener rechter Gruppierungen. Die meisten Menschen seien dabei nicht in Vereinen, Parteien etc. organisiert. Vielmehr handele es sich um Einzeltäter. Insgesamt seien die Gewaltbereitschaft und die Anzahl der Straftaten gestiegen im Vergleich zu 2017, wobei diese vorrangig antisemitisch motiviert seien. Das größte rechtsextremistische Personenpotenzial liege bei der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Weiterhin erfolge das moderne Auftreten in Form von Gruppierungen wie der „Identitären Bewegung“ oder der „Identitären Aktion“, welche auch im Westerwald aktiv seien.


Stefan Wolfram fordert zur Mitarbeit auf


Im dritten Programmpunkt des Abends stellte Stefan Wolfram vom P.A.u.L. e. V als Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaft für Demokratie Ziele, Struktur und Akteure des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vor. Er betonte, dass das Programm zahlreiche Möglichkeiten biete, um sich zu beteiligen und vor allem die Zivilgesellschaft ansprechen soll. Dabei gebe es vielfältige Arten, wie Projektideen umgesetzt werden können. Mit allen Ideen, welche das Thema Demokratieförderung und Extremismusprävention in jeder Form betreffen, könne man sich zum Beispiel als Verein, Schule, aber auch als Einzelperson an ihn als zuständigen Ansprechpartner wenden, um dann das Projekt auf die Beine zu stellen, welches in den Verbandsgemeinden umgesetzt werden soll. Als Projektideen für 2020 nannte Wolfram Vorträge und Workshops zur aktuellen Entwicklung in der rechten Szene, zu den Entwicklungen der rechtsaffinen Musik, zum Thema „Mädchen und Frauen in der rechten Szene“, der historischen Entwicklung des Rassismus und zum Rassismus im Alter. Hinzu kommen Filmvorführungen für Schulen sowie Angebote zum Thema „Vorurteilsbildung im Elementarbereich“ aber auch interkulturelle Vorträge zu den Punkten „Zusammenleben“ und „Gestaltung des Sozialraums“. Weitere Infos und Kontaktdaten gibt es https://www.paulev.de/demokratie-leben.html oder direkt telefonisch bei Stefan Wolfram unter (0 26 24) 95 04 54.

Insgesamt steht für das Projekt zur Verteilung auf die beiden Verbandsgemeinden ein Betrag von 55.000 Euro zur Verfügung. Die Beteiligten hoffen auf neue Impulse, die in den vier für 2020 anberaumten Sitzungsterminen des Begleitausschusses aufgegriffen werden.

Im Anschluss an den Vortrag gab hatte das Publikum noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen und es fand ein reger Austausch statt.

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