Allgemeine Berichte | 22.07.2025

Alte und neue Missstände prägen Alltag der Tierschützer

Aufgepasst: Katzen gibt es nicht zum Schnäppchenpreis

Vom Frühjahr bis in den späten Herbst toben Katzenbabys durch die Pflegestellen des Vereins - hier die Mia-Babys. Fotos: Doris Litz

Neuwied. Wenn die Katzenhilfe Neuwied in diesen Tagen ihren 40. Geburtstag feiert, blicken die Ehrenamtlichen des gemeinnützigen Vereins auf eine Zeit zurück, in der sich in Sachen Tierschutz viel verändert hat – und doch ist Vieles erschreckend gleich geblieben.

„Die Menschen sind sich in den letzten vier Jahrzehnten deutlich sensibler geworden, wenn es um Tierschutz geht. In den Anfangsjahren unseres Vereins wurden unsere Aktiven ausgelacht, wenn sie zu Rettungseinsätzen aufbrachen oder sich für die Kastration von Kätzinnen und Katern stark machten. Katzen waren zum Mäusefangen da. Ihr Leben war nichts wert. Schließlich bekam man sie auf jedem Bauernhof geschenkt. Und die, die übrig waren, landeten im Wasserfass oder der Jauchegrube“, erinnert sich Pflegestellenleiterin und zweite Vorsitzende, Ingrid Haberscheidt, an schlimme Zeiten für Tiere und Tierschützer.

Mittlerweile hat die Katze den Hund als beliebtestes Haustier der Deutschen abgelöst. Miezen, die das Glück haben, in einem verantwortungsvollen Zuhause unterzukommen, werden geliebt, versorgt und nicht selten verhätschelt. Von einer heilen Welt sei man dennoch Lichtjahre entfernt, betonen Ingrid Haberscheidt und Geschäftsführerin Doris Litz.

Denn auch das gehöre zur Wirklichkeit im Jahr 2025: Noch immer gebe es unzählige Katzen, die ohne menschliche Betreuung tagtäglich um ihr Leben kämpfen müssen – meist weil eine ihrer Ahninnen ausgesetzt wurde und sich unkontrolliert vermehrt hat. Noch immer füllten sich die Tierheime besonders vor den großen Ferien mit ausgesetzten oder abgegebenen „Familienmitgliedern“, die lästig wurden und Urlaubspläne störten. Noch immer versänken Tierschützer von Frühjahr bis Herbst in einer Flut von Katzenkindern, weil die Elterntiere nicht rechtzeitig kastriert wurden. Und noch immer brächten grausame Einzelfälle selbst hartgesottene Tierschützerinnen und Tierschützer zum Weinen.

Hinzu kämen neue Entwicklungen, die für Tier und Mensch viel Leid bedeuten. „Katzen, vor allem die besonderer Rassen, sind für viele Menschen ein Statussymbol. Je ausgefallener, je besser. Leider werden diese Tiere nach der ersten Faszination oft auch nicht besser behandelt als die coole Handtasche der vorletzten Saison: Taschen fliegen in die Altkleidersammlung, Katzen landen im Tierheim“, erklärt Doris Litz. So sei zu erklären, warum sich auch die Zimmer im Miezhaus der Katzenhilfe immer häufiger mit edlen Rassetieren füllen. „Was im letzten oder vorletzten Sommer modern war, findet sich dann bei uns in großer Stückzahl wieder.“

Das Schlimmste daran sei, dass wegen der relativ hohen Preise, die sich mit Rassekatzen erzielen ließen, rund um den Handel mit solchen Tieren erschütternde Strukturen entwickelt hätten. Die harmlosere Form seien da noch die „Hobbyzüchter“, die sich zwei unkastrierte Tiere besorgen – leider oft Geschwister – und diese Nachwuchs produzieren ließen, den sie übers Internet verkaufen. „Was allerdings nicht immer von Erfolg gekrönt ist, denn im Netz ist die Konkurrenz mittlerweile riesig groß“, erklärt Ingrid Haberscheidt. Und manchmal sähen die Kätzchen auch anders aus als erhofft. „Vor drei Jahren wurde ein siebenköpfiger Wurf bei uns abgegeben, weil die bildschönen Elterntiere nur mausgraue Babys zustande gebracht hatten, die offenbar niemand haben wollte.“

Doch es geht noch viel schlimmer, denn längst haben auch hochkriminelle Banden das Geschäft mit vermeintlichen Rassekatzen entdeckt, betont Litz. „Diese Tiere werden im Ausland unter schlimmsten Bedingungen produziert und im Internet angeboten. Interessenten schlagen trotz bedenklichster Umstände zu, weil die Kätzchen manchmal nur die Hälfte von dem kosten, was sie bei einem seriösen Züchter bezahlen müssten. Aber selbst wenn die Verkäufer – gefälschte - Papiere und eine anrührende – erlogene - Geschichte parat haben, sollten Käufer sich bewusst sein, dass sie vermutlich gerade dazu beitragen das Leid dieser Tiere und ihrer Eltern zu verfestigen. Ganz davon abgesehen, dass solche Katzen oft sehr krank sind, weil sie entgegen aller Beteuerungen nie einen Tierarzt gesehen haben und unter schlimmsten Bedingungen geboren wurden.“

Für Tierfreunde, die nicht zu diesen Auswüchsen beitragen wollen, haben die Tierschützerinnen eine sehr einfache Faustregel parat: „Katzen, besonders die kostbarer Rassen, gibt es nicht zum Schnäppchenpreis.“

Trotz aller Probleme, mit denen sich die Katzenhilfe Neuwied genauso konfrontiert sieht wie alle anderen Tierschutzvereine, gebe es auch Lichtblicke. „Die Kastrationsverordnungen, die viele Kommunen mittlerweile erlassen haben, gehören auf jeden Fall dazu“, betont Ingrid Haberscheidt. Denn auch wenn sich die Wirkung nur langsam entfalte, sei die Kastration das wirksamste Mittel gegen unerwünschten Nachwuchs und unbeschreibliches Tierleid.

Aber auch die vielfältige Unterstützung, die man in den vergangenen Jahrzehnten erfahren habe, gebe immer wieder Kraft, selbst in scheinbar aussichtslosen Situationen durchzuhalten, betont die Pflegestellenleiterin. „Wir finanzieren uns seit wir bestehen ganz überwiegend aus Spenden. Wenn man bedenkt, dass wir dafür pro Jahr rund 250.000 Euro aufbringen müssen, ist es wirklich erstaunlich, dass wir unsere Arbeit seit so langer Zeit fortführen können. Dafür können wir unseren vielen Gönnern nicht genug danken.“

Aber auch die vielfältigen täglichen Aufgaben, die mit dem Betrieb eines Tierheims verbunden sind, werden ganz überwiegend ehrenamtlich geleistet. Dafür stehen dem Verein rund 100 Helferinnen und Helfer zur Verfügung, die sich um die Versorgung der Tiere kümmern – etwa durch tägliche Putz- und Fütterdienste, Tierheimfahrten, organisatorische Aufgaben oder die vorübergehende Aufnahme von Katzenmüttern samt Nachwuchs oder alten und kranken Tieren. „Als ehrenamtlicher Vorstand tragen wir zwar die Verantwortung dafür, dass unser Betrieb halbwegs reibungslos läuft, was oft eine große Herausforderung ist“, betont Doris Litz. „Aber ohne die vielen Leute, die uns aktiv oder finanziell zur Seite stehen, hätten wir schon vor langer Zeit einpacken können.“

Es ist längst keine Ausnahme mehr, dass auch Rassekatzen, wie Ginny, im Tierheim landen.

Es ist längst keine Ausnahme mehr, dass auch Rassekatzen, wie Ginny, im Tierheim landen.

Wachsen Katzen ohne Kontakt zu Menschen auf, weil ihre Mütter ausgesetzt wurden, dauert es oft sehr lange, bis sie Vertrauen zu Zweibeinern fassen und vermittelt werden können.

Wachsen Katzen ohne Kontakt zu Menschen auf, weil ihre Mütter ausgesetzt wurden, dauert es oft sehr lange, bis sie Vertrauen zu Zweibeinern fassen und vermittelt werden können.

Katzenbabys sind meist noch sehr verspielt.

Katzenbabys sind meist noch sehr verspielt.

Vom Frühjahr bis in den späten Herbst toben Katzenbabys durch die Pflegestellen des Vereins - hier die Mia-Babys. Fotos: Doris Litz

Leser-Kommentar
Bildergalerien
Neueste Artikel-Kommentare
  • Dieter Schulz: Bin ganz ihrer Meinung und habe noch einen Vorschlag zur Rentenreform. Man sollte den Eintritt in die Rente von den 45 Arbeits- incl. Lehrjahren abhängig machen . Wer dann meint mit 30 ins Arbeitsleben...
  • Wetzel: Herr Fratzscher hat Recht. Ich bin dieses Jahr 70 geworden, habe vor 50 Jahren den Grundwehrdienst geleistet und in meinem Leben einem soliden Beruf nachgegangen. Heute bin ich Woche für Woche ehrenamtlich tätig.
  • Kulak M.: Diese Überlegung ist ein Schlag ins Gesicht für all die jenigen,die zum Beispiel ihre Eltern und Grosseltern zuhause pflegen. Habe 10 Jahre meine Mutter gepflegt!!
  • Achim Hoffmann: Das werte ich als „whataboutism“ - statt ein Thema zu diskutieren wird ein anderes Thema reingeschoben. Ich habe einen Kasten Bier von Karneval immer noch nicht leer, da möchte ich mir jedoch nicht verbieten...
  • Oliver L.: Gleiches sollte auch für die mit Abstand tödlichste, leider in DE aber ebenfalls legale Droge Alkohol gelten. Es ist schlimm, Kindern und Jugendlichen auch in der Öffentlichkeit vorzuleben, dass Drogenkonsum...
  • Alex Fuhr: Mit Interesse habe ich gelesen, dass die Stadt Bad Breisig beim diesjährigen Zwiebelsmarkt den Konsum von Cannabis untersagt – mit der nachvollziehbaren Begründung, dass insbesondere Kinder und Jugendliche...
  • Monika Bender : Ein super schönes Fest bei tollem Wetter. Die Spielgeräte und -Ideen waren außergewöhnlich und Klasse! Wo kann man erfahren, ob man bei der Verlosung etwas gewinnen hat ?
Dauerauftrag 2025
Imageanzeige
Messezeitung "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Magazin "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Messezeitung zur Rheinbacher Ausbildungsmesse
Rheinbacher Ausbildungsmesse
Shopping-Genuss-Abend in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Weinfest in Remagen
Empfohlene Artikel

Mayen. Am Dienstag, den 28. Oktober 2025, öffnet die Kinderkrippe Wichtelhaus um 15 Uhr im Rahmen eines Info-Cafés ihre Türen. Interessierte Eltern und Familien haben dabei die Möglichkeit, die Einrichtung und ihre pädagogischen Konzepte näher kennenzulernen. Das Wichtelhaus betreut Kinder ab der achten Lebenswoche bis zum Alter von vier Jahren. In drei altersgerechten Gruppen werden die Kinder in ihrem Alltag begleitet, können spielen, entdecken und sich entwickeln.

Weiterlesen

Mayen. Im Rahmen der Vorstellung der Umfrageergebnisse zur Gewerbeflächenumfrage der IHK-Regionalgeschäftsstelle Mayen-Koblenz Ende 2024 wurde ein deutlich erhöhter Bedarf an verfügbaren Gewerbeflächen im Landkreis Mayen-Koblenz festgestellt. Insbesondere Unternehmen äußerten den Wunsch nach besserer Information über freie Flächen und Immobilien.

Weiterlesen

Weitere Artikel

Polizeikontrolle am ersten Veranstaltungstag

Pützchens Markt: Mehrere Festnahmen und zwei Dutzend Strafanzeigen

Bonn. Zum Start der Großkirmes Pützchens Markt am Freitag (12. September) registrierte die Bonner Polizei auf dem stark frequentierten Festgelände einen überwiegend ruhigen Einsatzverlauf. In dem vom Freitagvormittag bis zum frühen Samstagmorgen andauernden Einsatz kontrollierten die Polizeibeamtinnen und -beamten insgesamt 196 Personen. Im Rahmen dieser Kontrollen wurden 61 Personen und in 21 Fällen deren Taschen und Rucksäcke durchsucht.

Weiterlesen

Wolf soll Mutterschaf auf Weide am Walderlebnispark Kempenich gerissen haben

Nach mutmaßlichem Wolfsriss in Kempenich: Sachverständiger nimmt Proben zur eindeutigen Klärung

Kempenich. Hat ein Wolf ein Mutterschaf auf einer Weide unweit des Walderlebnisparks Kempenich gerissen? Alle am Kadaver im Revier von Claus Frankenheim gesichteten Spuren deuten darauf hin. Einer seiner Mitjäger hat das gerissene Tier bei seiner täglichen Revierrunde gefunden. Wie Frankenheim gegenüber BLICK aktuell berichtete, muss der mutmaßliche Wolf „das Muttertier in einem Gatter eines Nebenerwerbsschäfers...

Weiterlesen

Offener Brief von Inka Orth, Mutter der bei der Flutkatastrophe verstorbenen Johanna Orth, an Innenminister Ebling

Ahrtal: Aus der Flut keine Lehren gezogen?

Kreis Ahrweiler. Mit bewegenden Worten hat sich Inka Orth, die Mutter der bei der Flutkatastrophe verstorbenen Johanna Orth, in einem offenen Brief an Innenminister Michael Ebling gewandt. In dem Schreiben fordert sie Aufklärung, Verantwortungsübernahme und konkrete Konsequenzen aus den Versäumnissen der Behörden:

Weiterlesen

Dauerauftrag
Dauerauftrag 2025
Dauerauftrag 2025
Magazin "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Messezeitung zur Rheinbacher Ausbildungsmesse
Messezeitung "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Messezeitung "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Sonderheft "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Rheinbacher Ausbildungsmesse
Sonderzeitung "Rheinbacher Ausbildungsmesse"
Heizölanzeige
Neukunden Imageanzeige
Zwiebelsmarkt
Schängelmarkt 2025
Schängelmarkt 2025
Kirmes in Niederzissen
So2_vocatium Koblenz_ KW 37