Turmgespräch im Sinziger Schloss

Eine Grenze mit Handel und Wandel

Achim Habbel referierte über die „Frauen am Limes“

20.03.2019 - 08:23

Sinzig. Im Kontext von „Römer-Spuren“, einem Projekt, zu dem sich sieben Kultureinrichtungen, darunter das Sinziger Heimatmuseum, zusammengeschlossen haben, sprach Achim Habbel beim Turmgespräch des Vereins zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig über „Frauen am Limes“.

Der Informatiker und Betriebswirt ist ungemein geschichtsinteressiert, weshalb er sich von der Deutschen Limeskommission zum Limes-Cicerone (Gästeführer) ausbilden ließ. Um seine Ausführungen im Schloss noch lebendiger zu vermitteln, hatte er Meik Stiegler gebeten, antike Texte vorzutragen. Tatsächlich erschien den Zuhörern im Licht der Literatur vieles plastischer und näher ans Heute gerückt. Habbel stieg bei um 50 Jahren vor Christus ein, als Julius Cäsar Gallien eroberte, womit die Römerzeit im heutigen Frankreich, Belgien, Luxemburg und einem Teil Westdeutschlands begann. Später nahm Rom Österreich und weitere Teile Deutschlands ein. Nach der verlorenen Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus zogen sich die Römer in die linksrheinischen Gebiete zurück. Wegen dichter Wälder und unzugänglicher Gegenden östlich des Rheins gab Rom den Plan deren Eroberung auf, um stattdessen die schon eroberten Regionen zu sichern.

So errichteten sie ab dem ersten Jahrhundert nach Christus den Limes gegen die Einfälle germanischer Stämme. Er markiert, je nach Ausbauphase mit Kastellen, Wachtürmen, Mauern und Palisaden ausgestattet, die Befestigungen, durch die die Weltmacht sich bis in die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts gegen das freie Germanien abgrenzte. Mit 550 Kilometern Länge und 120 Kastellen ist der Limes das längste Bodendenkmal Europas. Dort begegnete die römische Hochkultur dem „barbarischen“ Germanien. Dessen Angriffe wurden abgewehrt. Aber es gab durchaus friedliche Begegnungen. Römer und Germanen unterhielten einen schwunghaften Handel. Die Germanen begehrten Töpfereierzeugnisse und Waffen, während die Römer gerne Bernstein, das Gold Germaniens, erstanden und ebenso blondes Germanenhaar für römische Perücken.


Ex-Grenze verbindet Länder


75 Limes-Kilometer verlaufen in Rheinland-Pfalz. Der obergermanische Limes beginnt bei Rheinbrohl, der raetische Limes bei Schwäbisch-Gmünd. Er endet nahe Regensburg, bei Hienheim an der Donau. Seit 2005 hat der Obergermanisch-Raetische Limes Welterbestatus. Zusammen mit dem Hadrianswall in Großbritannien bildet der Limes die Welterbestätte „Grenzen des Römischen Imperiums“. Auch der Niedergermanische Limes, so Habbel, der als natürliche Flussgrenze rund 400 Kilometer von der Nordsee bis zur Vinxtbachmündung bei Bad Breisig entlang des Rheins verläuft, soll Teil des Welterbes werden. Dies würde in der Kernstadt Remagens zu besonderen Grabungsschutz führen.

Vor der Weiblichkeit am Limes betrachtete der Referent die Frauen im Römischen Reich. Sie hatten bereits mehr Rechte als die Griechinnen, wenn auch nicht das Wahlrecht und keine eigene Vermögensverwaltung. Und nur Männer konnten sich scheiden lassen. Indes nahmen die Rechte der Römerin in der Kaiserzeit zu. Das Ideal der römischen Frau erschließen Grabsteine als anmutig, fleißig, züchtig und fromm. Dagegen nutzte der Redner Münzen, um auf berühmte Römerinnen wie Livia oder Agrippina die Jüngere zu verweisen, die ihren Sohn, Kaiser Nero, beeinflusste und als Gründerin Kölns gilt. Das ewig junge Thema Mode schien exemplarisch durch den Kopfputz auf. Darin und in puncto Hygiene kannte sich Ovid aus. „Gepflegte Sauberkeit zieht uns an“, schrieb der Dichter. Und als typgerechte Frisur riet er unter anderem: „Auch nachlässiges Haar steht vielen.“


Die Stellung der Frau


Im römischen Kernland erfüllten die Frauen vor allem Aufgaben als Hausfrauen und Mütter. Sklavinnen verrichteten Heim- und Hofarbeit. Doch Frauen des „Mittelstandes“ übten gerne den Beruf der Ärztin oder Hebamme aus. Andere waren assistierend im Handwerk tätig. Was aber hatten Frauen am Limes zu tun? Sie kämpften nicht, stellte Habbel eindeutig klar. Die Wachtürme am Limes wurden ausschließlich von Hilfstruppen, den Auxiliare, besetzt. Nach 25 Jahren Dienstzeit erhielten diese Soldaten das Bürgerrecht und sollten solange nicht heiraten. Dennoch lebten sie nicht legalisiert mit Frauen zusammen und gründeten Familien, wovon sogar ihre Militärdiplome zeugen. In den Kastellen selbst gab es keine Frauen.

Nur der Kommandant hatte seine Familie im Wohnhaus bei sich. Allerdings existierte am Limes eine Infrastruktur zivil verwalteter Kastelldörfer und Landgüter. In den Siedlungen arbeiteten Frauen in Gaststätten und Bordellen. Sie waren in den Handwerksbetrieben tätig und traten als Händlerinnen auf. Überraschungsgast Stine Kockrick aus Limeshain trug zum Vortrag mit ihrer römischen Gewandung bei.

Für den lehrreichen und unterhaltsamen Ausführungen dankte der Vereinsvorsitzende Rehmann dem Referenten. Zugleich wies er auf die nächste Vereinsexkursion hin. Sie verfolgt wiederum „Römer-Spuren“. Die Fahrt geht am 30. März nach Rheinbrohl zum Projektteilnehmer „Römer-Welt“. Die Führung beginnt um 14 Uhr. Mitfahrgelegenheiten ab Schloss Sinzig gibt es um 13.15 Uhr. Anmeldungen nimmt Agnes Menacher unter Tel. (0 26 42) 34 06 entgegen. HG

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Stellenmarkt
Weitere Berichte

Geldautomatensprengungen in Andernach und Montabaur

Polizei schnappt Automatensprenger: 20-Jähriger erbeutete mehrere hunderttausend Euro

Region. Nach einer Serie von Geldautomatensprengungen führten die Staatsanwaltschaft und die Polizei Köln am Morgen des 24. April Durchsuchungen in mehreren Privatwohnungen und Büros in Köln, Rheinbach und Heimerzheim sowie in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen durch. Die umfangreichen Ermittlungen konzentrierten sich auf einen 20-jährigen Mann, der seit Februar 2024 in Haft ist und eine Strafe für ein Raubdelikt verbüßt. mehr...

Angeklagte sollen Frau schwer misshandelt, zur Prostitution gezwungen und getötet haben

Nach Mord im Koblenzer Rotlichtmilieu: Anklage gegen zwei Personen erhoben

Koblenz. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilt, wurde nach dem Tötungsdelikt im Koblenzer Rotlichtmilieu vergangenen November nun Anklage gegen eine 40-jährige Frau und einen 48 Jahre alten Mann (beide bulgarischer Nationalität) erhoben. Den beiden Beschuldigten wird zur Last gelegt, eine mit ihnen zusammenlebende 31-jährige Bulgarin grausam und aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben.... mehr...

Regional+
 

Helferstab: Stelle zur Förderung von Kultur

Kreis Ahrweiler. Ab April 2024 nimmt die vom Land Rheinland-Pfalz geförderte Stelle „Regionalmanagement für Kultur“ für den Kreis Ahrweiler ihre Arbeit auf. Die zunächst auf ein Jahr befristete Stelle konzentriert sich auf die Vernetzung und Sichtbarkeit kultureller Akteure aus dem Kreis Ahrweiler sowie die Umsetzung von Kulturprojekten. In anderen Landkreisen ist eine solche Stelle vor allem bei den Kommunen zu finden. mehr...

Anzeige
 
Sie müssen angemeldet sein, um einen Leserbeitrag erstellen zu können.
Weitere Berichte
Positiver Drogentest nach Verfolgungsfahrt in der Nacht

Flucht vor der Polizeikontrolle führt zur Beschlagnahmung eines Pkw in Euskirchen.

Positiver Drogentest nach Verfolgungsfahrt in der Nacht

Euskirchen. Gestern Nacht (Donnerstag, 25. April 2024) kam es in Euskirchen zu einer Verfolgungsfahrt. Im Rahmen einer Streifenfahrt kam den Polizeibeamten auf der Oststraße in Euskirchen ein Pkw entgegen. mehr...

Bargeld aus Lebensmittelmarkt entwendet

Einbruch bei Nacht in Puderbach

Bargeld aus Lebensmittelmarkt entwendet

Puderbach. In der Nacht von Dienstag, 23. auf Mittwoch, 24. April 2024 brachen bislang unbekannte Täter in einen Lebensmittelmarkt in Puderbach, Auf der Held, ein. mehr...

Alkohol und Drogen im Straßenverkehr

Aus dem Polizeibericht

Alkohol und Drogen im Straßenverkehr

Montabaur. Die Polizeiinspektion Montabaur führt derzeit verstärkte Kontrollen im Straßenverkehr durch, insbesondere mit dem Fokus auf Alkohol- und Drogenkonsum. Aufgrund eines Hinweises aus der Bevölkerung... mehr...

SPD Niederbieber-Segendorf

Bürgergespräch

Neuwied-Rodenbach. Der OV SPD Niederbieber-Segendorf lädt zum Bürgergespräch am Sonntag, 5. Mai nach Neuwied-Rodenbach ein. Um 11 Uhr trifft man sich zum traditionellen Rundgang am Dorfplatz in Neuwied-Rodenbach. mehr...

SPD Ortsverein Neuwied Stadtmitte und Irlich

Wiederherstellung der Postdienstleistungen in der Pfarrstraße

Neuwied. Der SPD Ortsverein Neuwied Stadtmitte und Irlich, unter der Führung von Fredi Winter, reagiert entschieden auf die Ankündigung, dass die ehemalige Hauptpost von Neuwied in der Pfarrstraße seit dem 2. Mai keine Dienstleistungen der Deutschen Post oder DHL mehr anbietet. mehr...

Bürgerjournalismus im Offenen Kanal Neuwied

Redaktion sucht Zuwachs

Neuwied. Im April startete das Bildungszentrum BürgerMedien e.V. mit Unterstützung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung (MASTD) das Projekt „Bürgerjournalismus in Offenen Kanälen“ im Offenen Kanal Neuwied. mehr...

Verleihung der Sportabzeichen

SV Unkel 1910 e.V.

Verleihung der Sportabzeichen

Unkel. Unkel ein Stelldichein, um aus den Händen von Bürgermeister Karsten Fehr und Hans-Willi Korf vom SV Unkel verdientermaßen ihre im Jahr 2023 erlangten 29 Sportabzeichen feierlich in Empfang zu nehmen. mehr...

TC Rot-Weiss Neuwied

Tennis für Anfänger und Fortgeschrittene

Neuwied. Der TC Rot-Weiss Neuwied betreibt seit Jahren eine erfolgreiche Kooperation mit der VHS Neuwied. Auch in diesem Jahr haben Tennisfreunde wieder die Möglichkeit, den Sport neu zu erlernen oder Vorkenntnisse auszubauen. mehr...

Eltern-Kind-Turnen beim VfL Waldbreitbach

Trainerin bzw. Trainer gesucht

Waldbreitbach. Für das beliebte Eltern-Kind-Turnen sucht der VfL Waldbreitbach eine neue Trainerin bzw. einen neuen Trainer. Das Angebot soll, wie bisher, immer dienstagsnachmittags in der Sporthalle... mehr...

LESETIPPS
GelesenNeueste
Kommentare
K. Schmidt:
Ich glaube, innerhalb der anderen Parteien verstehen das sehr, sehr viele. Aber weil die Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene zu sehr befürchten, Macht abzugeben, oder aus anderen unerfindlichen Gründen, nimmt man dort schon gar nicht mehr wahr, was die eigene Parteibasis denkt. Wenn man...
Amir Samed:
Am meisten nutzt es der AfD aber, dass die in Bund und Ländern regierenden Parteien immer noch nicht verstehen wollen, was ihnen die meisten AfD-Wähler mit ihrer Stimmabgabe eigentlich sagen möchten....
K. Schmidt:
Herr Müller: "Die Lüge gehört zum politischen Geschäft... Man mag mit der Politik der vergangenen Jahrzehnte nicht einverstanden sein, was man auch nicht kann..." Richtig erkannt. Nur wen wählt man nun? Und wie stehen Sie zu der von den "Omas" offenbar gefeierten "Brandmauer", die in sehr vielen Konstellationen...
Gabriele Friedrich:
@Amir Samed, Sie sollten besser aufpassen mit ihrem Betondenken der AfD....
Gabriele Friedrich:
Ach die AfD, blamiert sich mittlerweile nur noch und langsam kommen die Straftaten raus. Ist doch hervorragend wie *Krah* sich selber entfernt von den Wahlplakaten, wie Höcke sich schwitzend blamiert mit seinem Geschichtsbuch und er vor Gericht musste. Die Weidel wird auch immer blasser und Chrupalla...
Amir Samed :
@Utz der Bär, ich bevorzuge wissenschaftliche Literatur. ...
Utz der Bär:
@Amir Samed: Glauben Sie ernsthaft, dass mehr als 200 Jahre Industrialisierung spurlos an unserer Umwelt vorbeigegangen sind? Denken Sie doch einfach mal selber nach, anstatt nachzuplappern, was ihnen irgendwelche Pseudo-Schwurbler auf Tiktok oder wo-auch-immer weismachen wollen! Was uns alle noch viel...
Amir Samed :
@juergen mieller, ich habe schon einiges an Niveaulosen und inhaltsleeren gelesen, Sie schaffen es dies noch zu unterbieten. Solange Sie auf dieser Ebene weiter agieren und sich einer sachlichen Diskussion und Argumentation verweigern, bleiben ihnen Antworten von mir erspart. Es ist nie zu spät, lernen...
Haftnotiz+
aktuelle Beilagen
Inhalt kann nicht geladen werden

 

Firma eintragen und Reichweite erhöhen!
Service